Apple blockiert umweltfreundliches Ladegerät
Quelle: Netzpolitik.org
Seit zehn Jahren versucht Apple offenbar, ein von der EU-Kommission propagiertes universelles Ladegerät zu blockieren. Das sollen Dokumente belegen, die netzpolitik.org vorliegen.
Als der damalige EU-Kommissar Günter Verheugen im Juni 2009 eine Initiative für die Einführung eines universellen Ladegeräts für alle großen Handy-Hersteller ankündigt, klang das wie ein Versprechen. Nutzer sollten damit ihre Geräte auch mit den Ladekabeln von Freunden und Kollegen laden können, der Umwelt Tausende Tonnen Elektromüll im Jahr erspart werden.
Aber ein Konzern wehrt sich seit zehn Jahren erfolgreich gegen die Einführung eines gemeinsamen Standards für Ladekabel und Netzgeräte: Apple.
Ladegerät: Apple verdient viel Geld mit seinen patentierten Kabeln
Dahinter dürfte wohl stecken, dass Apple mit seinen eigenen patentierten Ladekabeln viel Geld verdient. Auch wird die Einzigartigkeit des Herstellers durch seinen Alleingang freilich noch betont. Entsprechend soll der Konzern, der eine Million Euro pro Jahr für seine Interessenvertreter in Brüssel ausgeben soll, das Thema seit einer Dekade blockieren. Dies zeigen 150 E-Mails, Gesprächsnotizen und Berichte, die die EU-Kommission auf Anfrage von netzpolitik.org und einem Parlamentsmitarbeiter veröffentlicht hat. Die Dokumente können hier heruntergeladen (Zip-File via netzpolitik.org) werden.
Daraus geht hervor, wie es Apple gelingen konnte, sich der Einführung eines einheitlichen Ladegerät-Standards über zehn Jahre hinweg zu entziehen. Dabei hatte Apple wie auch Nokia und Samsung im Jahr 2009 eine gemeinsame Absichtserklärung unterschrieben. Ab 2011 können die meisten neuen Handys per Micro-USB-Kabel aufgeladen werden – außer die iPhones von Apple. Zwar hat auch Apple USB-Netzgeräte auf den Markt gebracht, einen entsprechenden Anschluss in den Smartphones gibt es aber weiter nicht.
Zunächst wurde dies von der EU sogar als halber Erfolg gefeiert – inklusive Werbevideos in fünf Sprachen. Die EU gesteht Apple allerdings zu, ein eigenes Kabel verwenden zu dürfen, wenn der Konzern einen zusätzlichen Adapter anbietet. Das aber kostet nicht nur extra, sondern erzeugt auch noch mehr Elektromüll. Beides Dinge, die den eigentlichen Zielen widersprechen. Ende 2012 treibt Apple seine Sonderrolle dann allerdings noch weiter: mit der Ankündigung des Lightning-Anschlusses für das iPhone 5. „Eine Kriegserklärung an die Idee eines gemeinsamen Standards“, wie netzpolitik.org konstatiert. Die EU schweigt dazu.
In den folgenden Jahren verlegt sich Apple offenbar auf eine Mauertaktik. Die Einführung des neuen Standards USB-C hätte Apple zum Einlenken bringen können. USB-C ist Lightning laut Experten überlegen. In Geräten wie dem iPad Pro sind auch entsprechende Anschlüsse verbaut, nicht aber im iPhone. Gerüchte, dass neue iPhones 2019 einen solchen Anschluss bekommen sollen, sind noch nicht bestätigt.
Einheitliches Ladegerät: Apple in der Kritik
Für Apple könnte es bald doch noch eng werden. EU-Kommissarin Margrethe Vestager hatte im vergangenen Sommer fehlende Fortschritte beim einheitlichen Ladegerät kritisiert und Apple mit möglichen rechtlichen Schritten gedroht. Apple warnte allerdings, dass durch einen neuen Standard mit einem Mal Lightning-Kabel von mehr als einer Milliarde Geräten obsolet werden würden.
Nach der Europawahl im Mai wird sich wohl eine neue EU-Kommissarin – der aktuell zuständigen Elzbieta Bienkowska wird Tatenlosigkeit vorgeworfen – des Themas annehmen. Im September soll eine aktuell in Arbeit befindliche Folgenabschätzung vorliegen, dann könnte ein verbindlicher Standard doch noch kommen. Damit könnte ein Jahrzehnt ohne entsprechende Regulierung für den iPhone-Hersteller zu Ende gehen. Oder wie Kollege Alexander Fanta von netzpolitik.org so treffend schreibt: „ein gewaltiger Lobbyerfolg für den Konzern – und eine Niederlage für Europa“.