05. Januar 2020   Themen

Von der Politik begünstigt: 6 Millionen Hektar verbranntes Land


Foto: Picture Alliance / TT NYHETSBYRÅN / DELWP (Ausschnitt)
 
Quelle: Spektrum.de
 
In Australien wütetgerade einer der schlimmsten Brände seit Jahrzehnten. Unerwartet kommt die Katastrophe allerdings nicht: Die Politik hat sie begünstigt.
 
Mindestens 18 Menschen und eine geschätzte halbe Milliarde Tiere sind tot, fast sechs Millionen Hektar Land verbrannt – eine Fläche, die fast so groß ist wie Bayern. Tausende Menschen müssen teilweise vom Militär von Stränden in Sicherheit gebracht werden, weil ihre Siedlungen vom Feuer umschlossen sind. Die wirtschaftlichen Schäden lassen sich noch nicht beziffern; sie sollen aber einige Milliarden Euro betragen. Millionenstädte wie Melbourne oder Sydney waren in den vergangenen Wochen immer wieder tagelang in dichten Rauch gehüllt, und die Schadstoffkonzentrationen lagen um bis das Zwölffache über den offiziellen Grenzwerten. Die Aschewolken der Brände zogen sogar weit über den Pazifik, bedeckten Gletscher auf Neuseeland und waren noch in Südamerika nachweisbar.
 
Ausufernden Feuersbrünste allein auf natürliche Faktoren zu schieben, wäre ein Fehler. Sie sind auch ein Desaster, das von Menschen und einer schlechten Politik verschärft werden.
 
Der erste Fehler liegt also im europäisch geprägten Umgang mit Feuer an sich. Oder wie es ein australischer Leiter eines Feuermuseums schon vor Jahren gegenüber dem »Spiegel« ausdrückte: »Der Umgang der Weißen mit dem australischen Feuer ist eine 200 Jahre lange Geschichte der Arroganz. Es wird ausschließlich als Bedrohung erlebt.«
 

Bevor die europäischen Siedler begannen, Feuer als Feind zu betrachten und es zu bekämpfen, brannte es regelmäßig im australischen Busch. Die australischen Aborigines nutzten das Feuer zudem in ihrem Sinn, etwa für die Jagd. Dadurch entstand ein kleinräumiges Muster unterschiedlicher Vegetationsstadien, was Brände natürlich eindämmt. Zudem sammelte sich weniger Brennmaterial in den Wäldern an, weil es schneller abbrannte. Jahrzehntelange Feuerbekämpfung hingegen sorgte dafür, dass sich die Menge an brennbarem Totholz und Laub – der so genannte Fuel Load – dramatisch vergrößert hat. Wenn es heute brennt, dann dank des zusätzlichen Materials und der einheitlicheren Altersstruktur auch intensiver und ausgedehnter.
 

Zudem gehört Australien zu den Spitzenreitern bei der Abholzung: Kein anderes entwickeltes Land geht so destruktiv mit seinen Wäldern um wie Down Under. Jedes Jahr werden hunderttausende Hektar Busch, Savanne und geschlossener Wald gefällt, um vor allem Platz für Viehweiden zu machen.

Das fördert die Feuer, auch wenn das im ersten Moment kurios klingen mag. Die Rodungen schaffen Randeffekte bei angrenzendem Waldland, die durch Aufheizung der kahlen Flächen und Winde leichter und schneller an ihren Rändern austrocknen und deshalb leichter brennen. In weiten Teilen Australiens gingen die durchschnittlichen Niederschläge in den vergangenen Jahrzehnten zurück – zumindest teilweise könnte dies auf den Rückgang der Wälder zurückzuführen sein.

Etwa die Hälfte der Regenverluste in Westaustralien lässt sich auf die Zerstörung der dortigen Wälder zurückführen, heißt es in einer Studie 2013. Für Südostaustralien werden ähnliche Zusammenhänge diskutiert.

Zu diesen regionalen Problemen kommt inzwischen ein globales: Die Erderwärmung macht sich in Australien zunehmend bemerkbar. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die durchschnittliche Temperatur auf dem fünften Kontinent um ein Grad Celsius erhöht, während gleichzeitig die Niederschläge in den besonders von Waldbränden betroffenen Regionen in West- und Südostaustralien deutlich zurückgegangen sind. Ein Teil des Regendefizits schreiben australische Wissenschaftler dem Klimawandel zu. Seit den 1970er Jahren mehren sich Hitzewellen, sie dauern zunehmend länger an und fallen intensiver aus, wobei sich dieser Trend beschleunigt. Insgesamt dauert die Feuersaison länger an, und es häufen sich die extrem feuerbegünstigenden Wetterlagen, wie der jüngste Klimazustandsbericht der australischen Regierung zusammenfasst.
 
 

Politisches Handeln leitet die Regierung um den Ministerpräsidenten Scott Morrison daraus allerdings nicht ab. Im Gegenteil: Australien fördert den Klimawandel national wie international. Das Land hat pro Kopf einen der höchsten Werte für Kohlendioxidemissionen und gehört zu den größten Kohleexporteuren weltweit. Und auf dem Gipfel in Madrid blockierte der Staat internationale Bemühungen für mehr Klimaschutz – sicher kein Wunder bei einem Staatsoberhaupt wie Morrison, der Kohlebrocken mit ins Parlament bringt und trotz nationaler Krise seinen Urlaub auf den Hawaii-Inseln antritt.

Dabei hätte der Kontinent ein großartiges Potenzial für saubere Energieerzeugung: Im Outback stehen riesige Flächen für Solarenergie auf übernutzten Viehweiden zur Verfügung, um das Land sauber zu elektrifizieren. Stattdessen soll in Queensland eine der größten neuen Kohleminen des Planeten eröffnet werden.

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