10. September 2020   Themen

Ein Armutszeugnis für die SPD: Tier- und Artenschutz

Dr. Christian Felix

9. Sep. 2020 — 

                         

 

 

Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,

herzlichen Dank für Ihre zahlreichen Emails und Posts in den Social-Media-Kanälen von SPD und CDU zur Kommunalwahl am Sonntag in Dortmund. Die willfährige Bejahung der Trophäenjagd bei der CDU überrascht nicht wirklich, doch auch die Antwort von SPD-Kandidat Thomas Westphal, der Oberbürgermeister werden möchte, enttäuscht auf ganzer Linie.

Er liefert eine unzureichende, nichtssagende Standardantwort (siehe unten), die letztlich auf jede andere Anfrage ebenso passen könnte. Westphal lenkt mit dem Fokus auf die mangelnde Debattenkultur in Deutschland (wer würde da widersprechen?) auf recht plumpe Art vom eigentlichen Anliegen ab.

Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Argumenten der Tier- und Artenschutzverbände scheut er offenbar. Dafür imaginiert Westphal eine Front zwischen den „Interessen der Dortmunderinnen und Dortmunder“ und den „Interessen des Tierschutzes von gefährdeten Arten“. Hätten die Dortmunderinnen und Dortmunder tatsächlich Nachteile, sollten auf der Jagdmesse „Jagd & Hund“ künftig keine Trophäenjagden mehr verkauft werden? Schauen wir uns das genauer an.

Nach Aussagen der Westfalenhallen Unternehmensgruppe GmbH wären ganze vier Stellen gefährdet, würden Reisen zu Trophäenjagden aus dem Messeangebot gestrichen, weitere Mitarbeiter wären „mittelbar“ betroffen.

Meint die SPD allen Ernstes, es könnte ethisch vertretbar sein, selten gewordene Tiere ikonischer Arten wie Löwe, Nashorn, Gepard, Leopard und Eisbär zum Spaß abzuschießen, um in einem der wohlhabendsten Länder der Welt vier Arbeitsplätze zu erhalten? Auf der „Jagd & Hund“ werden Urlaubsreisen an Hobbyjäger verkauft, die intelligente und hochsoziale Wesen wie Elefanten zum Vergnügen töten mit Methoden, die in Deutschland verboten wären. Wie sich solche Jagden abspielen, hat das ZDF-Politmagazin Frontal21 gezeigt: www.zdf.de/politik/frontal-21/deutsche-auf-trophaeenjagd-lang-100.html

Liegen diese Szenen wirklich im Interesse der Dortmunder, nur weil dann vielleicht ein paar Euro mehr in der Stadtkasse hängenbleiben?

Mit der Ausrottung von Tierarten wird auch der Fototourismus als wichtigste Einnahmequelle afrikanischer Länder verschwinden, Ökosysteme werden kollabieren. Die wirtschaftlichen Folgelasten in Milliardenhöhe müsste die SPD in ihre ökonomische Bilanz einkalkulieren. Westphal lässt lieber seinen Geist schweifen und assoziiert mit den „Interessen des Tierschutzes“ eine „fundamentalistische Moralordnung“. Sieht so der Beitrag der SPD zur Debattenkultur aus?

Was könnte in der Dortmunder Gemengelage eine „Ethikkommission“ ausrichten? Eine Interessensabwägung zwischen dem Tier- und Artenschutz und den Geschäftemachern mit dem Tod? Es ist eher zu befürchten, dass diese Kommission dem Zweck dient, der Messe „Jagd & Hund“ künftig das Siegel des Ethisch-Korrekten zu verleihen, um sie gegen jede Kritik zu immunisieren.

Wenn Sie dem Wahlkampfteam der SPD schreiben möchten:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Bitte bleiben Sie immer höflich und sachlich.

Herzliche Grüße
Christian Felix

Die Standardantwort von Thomas Westphal:

vielen Dank für Ihre Anfrage, die mich sehr nachdenklich gemacht hat.

Ich denke, dass ein Ausschluss der Bewerbung von Jagden auf gefährdete Arten durch den dann neuen Rat nochmals geprüft werden sollte. Dieses kann ich gerne als Oberbürgermeister einleiten, aber aus meiner Sicht wird das nicht ausreichen. Das möchte ich Ihnen einmal kurz näher erläutern.

Wir haben oft genug in der Politik eine Auseinandersetzung um unterschiedliche, sich widersprechenden Anliegen und Bedürfnisse. Hier haben wir auf der einen Seite ganz klar die Interessen der Dortmunderinnen und Dortmunder an einem stabilen Messegeschäft, an Arbeitsplätzen in einer Stadt, die jeden Job braucht, und auf der anderen Seite die Interessen des Tierschutzes von gefährdeten Arten. Ich könnte, wie wahrscheinlich alle, eine ganze Reihe von solchen Themen mit komplexen Abwägungsprozessen aufmachen, wo man sich am Ende absolut uneinig ist.

Warum ist das so? Aus meiner Sicht schafft es die Politik und die Verwaltung nicht immer, diese Abwägung nüchtern, gelassen und sachlich vorzunehmen. Auch in der Gesellschaft werden solchen Debatten nicht mehr vermittelnd, mit der Suche nach der Gemeinsamkeit, sondern oft hetzend und trennend geführt. „Wenn du nicht meiner Meinung bist, dann ist du mein Feind“. Diese fundamentalistische Moralordnung treibt die Menschen in vielen Fragen auseinander und vergiftet das Klima. Übrigens häufig ohne in der Sache irgendetwas verändert zu haben. Wenn sich dann noch obendrein Politik selbst auf die reine Debatte reduziert und nicht mehr der Prozess (und letztlich die Entscheidung) im Mittelpunkt steht, dann bringt das Menschen dazu, sich von politischen Entscheidungen abzuwenden. Genau dann haben sie nämlich den Eindruck, dass es eben um alles andere und nicht mehr um sie oder die Sache geht. Da müssen wir, auch Dortmund, besser werden und die Menschen durch neue Methoden und mehr Kommunikation einbeziehen.

Was müssen wir also tun? Mein Vorschlag an den Dortmunder Rat wird sein, zu Beginn der neuen Ratsperiode eine neue Ethikkommission einzurichten, der die Politik und Verwaltung in solchen Fragen transparent berät. Ein Vorbild dafür habe ich nicht, da es so etwas bisher nicht gibt - aber aus meiner Sicht immer notwendiger wird.

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