Fukushima 1 Jahr danach
Interview Dorothee Menzner/Physiker Dr.Pflugbeil
Dorothée Menzner: Herr Dr. Pflugbeil, wie ist nach Ihren Informationen aktuell die Situation in Fukushima? Hat sich da wirklich die letzten Monate so viel entspannt, wie uns die Berichte glauben machen oder muss man, wie man vereinzelt liest, nach wie vor von einer kritischen und gefährlichen Situation ausgehen?
Dr. Sebastian Pflugbeil: Na ein Teil der Bevölkerung, das muss man wohl zugestehen, gewöhnt sich wohl langsam an die Situation. Ein Teil der Medien auch. Das ist nicht mehr so vorne an in den Nachrichten. Aber die Fachleute und der andere Teil der Bevölkerung sind schwer beunruhigt über die Zustände auf der Anlage. Das schlimmste was im Moment blüht ist eine Panne in dem Block 4, der zunächst am wenigsten beschädigt aussah. Wo sich seit einigen Monaten festgemacht hat, dass in einer großen Badewanne 1500 alte Brennelemente hängen. Die ist im 5. Stock diese Badewanne und das ganze Gebäude besteht praktisch nur noch aus einem Betongerippe was windschief in der Gegend steht. Und es besteht die große Gefahr, dass diese Badewanne undicht wird, das Kühlwasser raus läuft oder dass die ganz runter kracht, dass das ganze Gebäude umkracht und dann würden sich 1500 abgebrannte Brennelemente selber zerstören und da gibt es von Fachleuten in Japan handfeste Abschätzungen, die so weit gehen, dass man mit einer Evakuierung bis zu 250 km rechnen muss. Das wäre wesentlich schlimmer noch als alles was bisher passiert ist. Das tangiert dann Tokyo, den Großraum Tokyo und so eine Evakuierung mit dem Radius ist schlechterdings nicht vorstellbar.
Dorothée Menzner: Ist überhaupt die Evakuierungszone im Moment groß genug? Weil wir sehen ja auf den Karten, dass die Strahlung sich ja nicht gleichmäßig ausgedehnt hat.
Dr. Sebastian Pflugbeil: Das kann man von hieraus nicht sagen, da die Messwerte schlechterdings nicht überprüfbar sind und im Kleinräumigen nicht überprüfbar sind. Wir kriegen immer wieder Berichte von Situationen wo eine bestimmte Straße oder die Gegend um eine Schule rum, wo man besonders aufmerksam guckt oder um Kindergärten rum oder auf Bahnstationen mit einmal eine erhebliche Strahlenbelastung zeigen wo man sich nicht so wirklich vorstellen kann, wo es her kommt. Wo dann auch die Bemühungen scheitern das weg zu kriegen. Man macht es weg, trägt Erde ab und dann ist es wieder da ein paar Tage später. Oder man macht das Dach sauber und es sieht aus, als ob es besser ist und ein paar Tage später ist es wieder genauso wie vorher. Also da ist eine ziemliche Hilflosigkeit. Und die Kontrolle der Nahrungsmittel in der ganzen breite, dazu muss man sagen ist der Staat nicht in der Lage die alle zu kontrollieren. Vielleicht auch nicht Willens und die Bevölkerung versucht das jetzt mit eigener Kraft zu machen. Mit selbst aufgebauten Messstationen. Das ist ein vernünftiger Schritt. Das ist das was man machen kann, aber damit kann sie natürlich nicht die Nahrungsmittelversorgung des ganzen Landes kontrollieren. Das bleibt ein unheimlicher Punkt wo niemand weiß, wie das in den nächsten Jahren von statten geht. Die Unsicherheit ist besonders groß im Wasser. Das betrifft den Fischfang an der Ostküste.
Dorothée Menzner: Da hat man ja gehört, dass TEPCO auch im Meer Pläne hat; z.B. den Meeresgrund zu betonieren habe ich gehört. Ist da überhaupt etwas vorstellbar was die Situation des Meeres bzw. der Fische und dann auch der Fischer verbessert?
Dr. Sebastian Pflugbeil: Das betrifft eine relativ kleine Fläche die man da betonieren will aber der größte Teil dieses Drecks läuft jetzt an der Ostküste nach Süden runter und niemand weiß wo das ist. Es gibt in der Bucht von Tokyo ansteigende Messungen in den Sedimenten. Das ist ja nun ein ganzes Ende weg. Also das ist einfach schwer messtechnisch zu erfassen. Man weiß nur dass in solchen Fischen die Radioaktivität lange bleibt und durch die langen Nahrungsketten die es im Wasser gibt, anders als auf dem festen Land, die Sache noch unübersichtlicher ist und da Anreicherungen zustande kommen können, die sehr unangenehm sein können. Aber das fängt erst an.
Dorothée Menzner: Nach dem Unfall wurden ja auch die Grenzwerte für die Bevölkerung hoch gesetzt. Was würden Sie sagen, auch aus Ihren Erfahrungen aus Tschernobyl, was sind noch vertretbare Grenzwerte? Wobei das ja immer nur eine Nährung ist wo man sagt naja das ist gerade noch verantwortbar. Wobei so ein Grenzwert nach meiner Kenntnis ja keine Sicherheit birgt dass keiner krank wird.
Dr. Sebastian Pflugbeil: Grenzwerte sind eine Verlegenheitslösung. Die setzt man fest, weil einem nichts besseres einfällt und sie beinhalten und das ist das Gemeine daran eine Entscheidung der Regierung über Tod und Leben. Sie bedeuten, dass man sich darüber einig geworden ist in der Regierung dass man eine bestimmte Anzahl von Todesopfern in Kauf zu nehmen bereit ist. Das wird in der Öffentlichkeit nicht diskutiert, aber faktisch ist das so. Und das trifft zu, egal wie hoch die Grenzwerte sind. Und nach Tschernobyl hat man gelernt, dass es einen ökonomischen Verlust bedeuten kann wenn man Lebensmittel vernichten muss weil sie zu hoch belastet sind. Also hat man sich überlegt bei der nächsten Panne machen wir die Grenzwerte so hoch, dass diese Lebensmittelvernichtung nicht in Frage kommt und dann haben wir keinen wirtschaftlichen Verlust. Das geht natürlich zu Lasten der Gesundheit der Bürger. Ohne dass die das ahnen. Das ist nach Tschernobyl (er meint Fukushima) auch passiert. Sogar in Westeuropa ist das passiert für die japanischen Importe.
Dorothée Menzner: Also nach Fukushima ist es auch passiert…
Dr. Sebastian Pflugbeil: Ja, nach Fukushima
Und dann sind nach einiger Zeit die Grenzwerte in Fukushima etwas gesenkt worden. Was sicher besser ist als wenn sie das nicht getan hätten, aber viel zu wenig gesenkt wurden. Als dass was möglich, jetzt immer noch legal in den Handel kommt, kommen kann, ist nach unserer Meinung nicht vernünftig. In den Handel kommen- drei Daumenzahlen; bis zu 100 becarel Cäsium in Japan.
Wir haben uns überlegt was gesundheitspolitisch vertretbar wäre das sind 4 becarel pro Kilogramm für Kleinkinder und 8 becarel pro Kilo für Erwachsene. Gemessen Cäsium 137 und dabei ist berücksichtigt, dass bei Cäsium 137, das wenn Cäsium 137 da ist auch ne ganze Reihe von anderen Isotopen auch da sind, die auch mit Schaden verursachen. Aber messen kann man am leichtesten Cäsium 137 . Deshalb haben wir diese Faustzahlen empfohlen- 4 becarel für Kinder und 8 becarel pro Kilogramm Nahrungsmittel für Erwachsene.
Da sind die jetzigen japanischen Regularien noch weit davon entfernt.
Dorothée Menzner: Und bei der Umgebungsstrahlung? Also die Gebiete wo ich Umgebungsstrahlung habe, wie sind die Grenzwerte aus den Erfahrungen von Tschernobyl einzuschätzen?
Dr. Sebastian Pflugbeil: Also man muss fairerweise sagen dass die Größe des kontaminierten Gebietes im Vergleich zu Tschernobyl deutlich kleiner ist. Das sieht man sofort, wenn man mal Karten im gleichen Maßstab sich besorgt und die Tschernobyl Region neben diese nord japanische Region legt. Dann sieht man sofort selbst dass das direkt betroffene Gebiet um Tschernobyl wesentlich größer und auch in einem größeren Maß schwer belastet ist und gewesen ist als das japanische Gebiet. Dass ist ein Glück, Glückszufall der zum teil daher kommt weil ein Großteil der Radioaktivität auf´s Meer geblasen ist und niemand weiß, wie viel das war. Aber das ist so dass, was man auf den ersten Blick sieht. Und da ist noch nicht dabei, dass die radioaktive Wolke von Tschernobyl , die anders entstanden ist dann noch 1000, 2000, 3000 km weit über Westeuropa gezogen ist. Das ist glücklicherweise bei Japan nicht der Fall. Für die Menschen die dort leben, im 50 km, 60 km, 70 km, 80km Radius nach Nordwesten, und auch nach Südwesten in nicht ganz so starkem Ausmaß, spielt das natürlich keine Rolle. Das Gebiet ist groß genug, sind genug Leute betroffen und selbst diese kleiner Region ist man nicht in der Lage anständig zu handeln. Offensichtlich nicht. Es sind zu viele Gebiete wo Leute leben, in Stadtvierteln wo man praktisch Slalom laufen muss um zwischen den hoch belasteten Straßen sich durchzuschlängeln. Das ist auf lange Sicht nicht vorstellbar. Aber der Druck der japanischen Regierung ist leider groß die Evakuierung so gering wie möglich zu halten. Und sie tun alles um die Menschen davor abzuschrecken diesen schweren Schritt zu machen.
Dorothée Menzner: Es gibt ja erste Bestrebungen auch wieder dass Menschen zurückkehren sollen, oder dass ihnen geraten und empfohlen wird zurück zu kehren. Wie schnell kann man denn mit einem Absinken dieser Strahlung rechnen? Ist es realistisch dass nach einem Jahr oder auch zwei Jahren die Menschen wieder zurück können?
Dr. Sebastian Pflugbeil: Diesen Leuten die das zu entscheiden haben und die es wirklich wissen wollen würde ich raten mal in die Tschernobyl Zone zu fahren und sich anzugucken wie das da nach 26 Jahren aussieht. Und wie die Diskussion dort geführt wird über diesen Punkt. Bestrebungen gibt es dort auch. Auch dort sind die Regierungen sehr daran interessiert die Sperrzone mit der Zeit zusammen zu schieben, also kleiner zu machen, und was geht wirtschaftlich wieder nutzbar zu machen. Und sie drücken ein Auge zu bei Leuten die jetzt dort auf eigenes Risiko wieder zurück wollen. Die Diskussion gibt es dort auch, aber man sieht dort eben auch, dass dort Reihenweise Dörfer, kleine Städte und größere Städte entweder ganz weggebaggert sind oder zerfallen und in diesem Zentrum wo niemand ernsthaft daran denkt da wieder hin zu ziehen. Und das wird in der Kernzone von Fukushima befürchte ich nicht viel anders sein. Wie das im Detail für einzelne Orte aussieht das lässt sich von hier aus nicht beurteilen.
Dorothée Menzner: Ein anderes großes Problem sind ja die enormen Mengen strahlenden Mülls. Sowohl Brennelemente aber so weit scheint man ja noch gar nicht zu sein die bergen zu können, aber auch Tsunamischrott, Abfälle die so entstanden sind, die einfach kontaminiert sind. Es gab Überlegungen die zu verbrennen, es gibt andere Überlegungen. Ist z. B eine Verbrennung in unterschiedlichen Anlagen ein Weg oder was kann man aus der Ferne da für Ratschläge geben? Worauf sollte geachtet werden?
Dr. Sebastian Pflugbeil: Radioaktiv kontaminiertes Material wenn das anfällt bei einer Panne in einem AKW oder bei einer technischen Anlage da ist die erste Spielregel, dass man das zusammenhalten muss und nach Möglichkeit zusammen schieben muss, konzentrieren muss. Also genau das Gegenteil von dem was in Japan aus patriotischen Gründen versucht worden ist, dass man das verteilt diesen kontaminierten, diesen zum Teil kontaminierten Schutt des Tsunami auf die anderen Präfekturen und dort fragt ob man das nicht dort verbrennen kann. Das ist vom Strahlenschutz Gesichtspunkt her völlig abwegig. Dadurch wird das was dort drin ist an Radioaktivität über ganz Japan verteilt und geht entweder durch den Schornstein oder landet in der Asche und mit der Asche hat man sogar überlegt ob man das nicht zur Landgewinnung verwenden könnte.
Wie der Stand ist, wie der aktuelle Stand ist, wie viel Müll tatsächlich verbrannt worden ist; einige Präfekturen haben das gemacht, andere haben das abgelehnt, da hat sich die Bevölkerung dagegen gewehrt aus guten Gründen, das kann ich im Moment nicht sagen. Und Vorhaben diesen Müll nicht zu verbrennen da das offensichtlich unsinnig ist, sondern das kleinere Übel zu machen und den zu verschreddern , da muss man sagen, sehr viel besser ist das auch nicht. Man sollte es auf jeden Fall zusammen halten. Man könnte sich vorstellen, dass in dem schwer belasteten Gebiet wo die nächsten Jahrzehnte sowieso nichts vernünftiges passieren kann, dass man da ein mit einem guten Fundament versehene Mülldeponie macht für diesen Schrott, diesen Bauschutt. Mit einem festen Untergrund stabilen Mauern drumherum und das Zeug da rein kippt und dann oben abschließt. Dann kann man sich 100 Jahre überlegen, was man damit macht. Oder man geht auf eine nicht bewohnte Insel und versucht das dort zu machen. Aber auf jeden Fall es zusammen zu halten und so sicher das geht es gegen die Umwelt abzuschließen, so gut man das kann, das erscheint mir sinnvoller als das was jetzt versucht wird.
Dorothée Menzner: Das betrifft sozusagen den leicht und mittelradioaktiven Müll, der der keine Wärme entwickelt. Eine nächste Frage ist die in Japan genau wie im Rest der Welt ungelöst scheint, was macht man mit dem hochradioaktiven Müll, also dem Wärme entwickelnden, den Brennelementen die ja irgendwann geborgen werden müssen, sofern sie sich nicht selbst zerstört haben. Haben Sie das Gefühl dass es da in der richtigen Richtung und in der notwendigen Geschwindigkeit vorwärts geht?
Dr. Sebastian Pflugbeil: Japan ist in mehrerer Hinsicht in Schwierigkeiten. Einmal ist Japan in einer besonders schwierigen Lage was den Umgang mit abgebrannten Brennelementen angeht; wegen der Erdbebensituation. Man kann sich schlecht vorstellen, dass man ein unterirdisches Lager macht wo Erbeben passieren kann. Und das trifft praktisch für ganz Japan zu. Also das ist eine schwierige Sache und an die Erdoberfläche hinzustellen, einfach in Castoren und nem Zaun drum ist so ne gute Lösung auch nicht. Deshalb haben die Leute in Japan versucht zu verhandeln mit der Mongolei zum Beispiel. Da denkt man, das stellt man sich so vor, dass ist eine endlose wüste Steppe, da spielt das keine Rolle ob man da nun ein paar Tonnen hinstellt oder nicht. Da waren die Mongolen, die mongolische Bevölkerung nicht sehr begeistert von. Da kenne ich aber den aktuellen Stand der Dinge nicht.
Und wie das jetzt praktisch in Fukushima aussieht.. Da ist eine ziemliche Ratlosigkeit die dort vorhandenen abgebrannten Brennelemente aus den Ruinen raus zu kriegen. Insbesondere in dem Block 4 fehlen die Kräne, diese Laufkatzen mit denen man das machen könnte. Die sind nach unten in den zerstörten Reaktor hinein gestürzt und nicht mehr da. Und man denkt jetzt darüber nach ein massives Gebäude zu bauen. Direkt neben den zerstörten Reaktor 4 mit zwei solchen Laufkatzen die es gestatten unter Wasser die Brennelemente aus der Badewanne raus zu holen und in Castorbehälter rein zu tun und mit der anderen Laufkatze die Castorbehälter raus zu holen und weg zu transportieren bloß das wird nach Einschätzung der Japaner mindestens bis 2014 dauern und ob diese Ruine so lange hält … das ist halt das Horrorszenario vor dem alle schreckliche Angst haben.
Zu Recht.
Dorothée Menzner: Das erscheint mir so, oder alles was sie jetzt gesagt haben und was man sonst hört, dass das eigentlich für ein Land fast unlösbare Probleme sind. Wahrscheinlich wäre jedes Land an der Stelle jetzt überfordert. Findet da genug internationale Unterstützung und Zusammenarbeit statt? Mir scheint das ist ein Problem dass man, wenn überhaupt, nur gemeinsam lösen kann.
Dr. Sebastian Pflugbeil: Es wäre kein Land stolz darauf internationale Hilfe annehmen zu müssen in so einer Situation. Das ist eine Prestigefrage. Und jedes Land hätte Angst, dass dabei wohlmöglich noch mehr an Skandalgeschichten raus kommt als ohnehin schon bekannt ist. Also sind die Japaner sehr zurückhaltend. Und soweit ich das einschätzen kann findet solche Unterstützung mehr am grünen Tisch statt, über Ratschläge und man misst mal hier und mal dort aber die eigentliche, die praktische Drecksarbeit die da zu tun ist die werden die Japaner selber machen müssen und auch machen wollen.
Interessant ist vielleicht für die Japaner dass in Deutschland jetzt ein Jahr nach Fukushima in sofern gelernt worden ist aus der Situation, dass zunächst mal hinter verschlossenen Türen aber jetzt auch öffentlich zugestanden wird, dass Deutschland mit den deutschen Katastrophenvorbereitungen für so einen Fall völlig unzureichend ausgestattet ist.
Der deutsche Katastrophenschutz ist nicht in der Lage eine Situation wie in Fukushima zu handhaben, eine Evakuierung zu handhaben, alles das was man dann machen muss. Sind mit Geräten, sind technisch nicht ausgestattet, logistisch nicht ausgestattet, politisch schwer konstruiert- es ist Ländersache. Jedes Land hat für sich selber einen Katastrophenschutzplan und das kann nicht funktionieren. Man hat jetzt gelernt an Fukushima das eine ganz andere Sorte von Katastrophen vorstellbar sind als das was man bisher in den Lehrbüchern geschrieben hat.
Also die Einschätzung ist verheerend und das einzige was bisher nach einem Jahr Überlegen in Deutschland rausgekommen ist, ist das man es nicht könnte. Und das man eine ganze Reihe von Vorschriften ändern wird. Aber selbst die Liste dieser Vorschriften die man zu ändern beabsichtigt ist geheim und geschweige denn dass man wissen kann was da geändert werden soll. Also eine große Nebelwand und vielleicht kommt das eine oder andere positive da raus, aber die Hilflosigkeit ist in Deutschland nach Fukushima immens.
Dorothée Menzner: Aber weltweit sollen weitere Atomkraftwerke gebaut werden. Deutschland hat sehr halbherzig einen Atomausstieg beschlossen der nach meiner Wahrnehmung wieder wackelt. In Japan will man von den jetzt abgeschalteten Reaktoren wieder welche hoch fahren, andere Länder überlegen in die Technik neu einzusteigen. Weltweit werden weitere Reaktoren geplant und gebaut, teilweise auch mit deutscher oder japanischer Hilfe. Ziehen wir denn die richtigen Schlüsse? Oder was kann man jetzt mit dem Abstand von 14 Monaten sagen? Was wären die dringend notwendigen nächsten Schritte?
Dr. Sebastian Pflugbeil: Es haben zunächst Schnellschüsse stattgefunden, also schnelle Maßnahmen um dem Wähler sich angenehm zu präsentieren und dann hat natürlich Gegenwehr stattgefunden von der Atomlobby weltweit. Sowohl auf dem wissenschaftlichen Gebiet als auch auf den technischen Gebieten. Man versucht da gegen zu steuern, gegen die Aversion gegen Kernkraftwerke die nach Fukushima wieder aufgeflammt ist in Erinnerung an Tschernobyl . Wo das am Ende landet wäre ich vorsichtig einzuschätzen. Es gibt doch zunehmend ökonomische und sicherheitstechnische objektive Probleme. Die Dinger werden immer teurer und privatwirtschaftlich sind die praktisch nicht zu bauen. Also es geht nur wenn die Staaten entsprechende Garantien geben und mitschieben. Und viele Staaten sind da sehr zurückhaltend geworden. Wie das ausgeht weiß niemand. Faktisch ist so, dass seit Tschernobyl die Sache steht. Bis auf ein paar Zubauten und ein paar Abrisse ist das im wesentlichen so in der gleichen Größenordnung. Und es ist viel, viel, viel weniger als sich das z.B. die IAEA das einst vorgestellt hat. Also von daher halt ich nicht viel davon jetzt von einer Renaissance zu sprechen , sowas jetzt vorher zu sehen. Das sehe ich im Moment nicht. Auf der anderen Seite müsste man natürlich wenn man jetzt verbal auf Atomausstieg setzt wie das die deutsche Regierung macht, dann müsste man mit allen Kräften jetzt versuchen jetzt eine Alternative aufzubauen. Und genau das passiert in Deutschland nicht. Insofern ist das Mißtrauen an einem grundsätzlichen gesellschaftlichen Umbau der Energieversorgung schon berechtigt. Es müsste anders laufen. Und die Japaner beobachten sorgfältig was wir hier in Deutschland treiben und wir beobachten auch sehr sorgfältig was die Japaner treiben. Wenn diese beiden High tec Staaten endlich kapieren wo man hin muss, dann hätte die Welt eine Chance aus dieser Situation raus zu kommen und eine Alternative zu entwickeln. Aber da ist noch einiges offen.
Dorothée Menzner: Das war ein wunderbares Schlusswort. Danke!