23. November 2018   Themen

Datenschutzbeauftragte von Land und Bund gegen weltweiten Datenzugriff

Quelle: Golem.de, ITNews für Profis v. 22.11.2018, Stefan Krempl

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sehen die EU-Kommission mit ihrem Vorhaben, Polizei- und Justizbehörden weltweit einen direkten Zugriff auf elektronische Beweismittel zu geben, auf der völlig falschen Fährte. Grundrechte der Nutzer und der Provider würden mit der geplanten "E-Evidence-Verordnung" massiv unterlaufen, schlagen die Aufsichtsbehörden in einer jüngst verabschiedeten Resolution Alarm. Der Entwurf sei derart fehlerhaft, dass alle am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Gremien die Notbremse ziehen und die Initiative stoppen müssten.

  1. Elektronische Beweise: Datenschützer lehnen weltweiten Datenzugriff strikt ab
  2. Justizbehörden bleiben unbeteiligt

Die Kommission will es Strafverfolgern aus einem Mitgliedsstaat erlauben, E-Beweismittel wie in der Cloud gespeicherte E-Mails oder Dokumente unabhängig vom Standort der jeweiligen Daten unmittelbar bei Diensteanbietern anzufordern, die in der EU tätig sind beziehungsweise ihren Sitz oder eine Niederlassung in einem Mitgliedsstaat haben.

Das meist recht langwierige förmliche Rechtshilfeverfahren soll damit durch eine deutlich schnellere, im Notfall auf sechs Stunden Reaktionszeit reduzierte Alternative weitgehend abgelöst werden.

Abfrage zu legalen Taten möglich

Erstmals werde dann im Bereich der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen die Herausgabe von umfangreichen Bestands-, Zugangs-, Transaktions- und Inhaltsdaten nicht mehr davon abhängig sein, ob die verfolgte Tat in beiden beteiligten Ländern überhaupt strafbar sei, konstatiert die hiesige Datenschutzkonferenz (DSK). So könnten etwa Anbieter mit Sitz in Deutschland zur Auskunft an Ermittlungsbehörden in anderen EU-Mitgliedstaaten verpflichtet werden, auch wenn sie nach nationalem Recht außen vor blieben. Als Beispiele führen die Datenschützer einen in Deutschland erlaubten Schwangerschaftsabbruch oder eine politische Meinungsäußerung an, "wenn diese im ersuchenden Staat strafbewehrt ist".

Auf die Nachfrage von Golem.de, inwiefern bei einer Abtreibung die Bestimmungen der geplanten Verordnung greifen könnten, erläuterte ein Sprecher der nordrhein-westfälischen Datenschutzbehörde, die derzeit die DSK koordiniert: "Nach unserer Auffassung ist es zumindest nicht abwegig, dass die bei einem Anbieter von Telekommunikations- und Internetdienstleistungen vorhandenen Bestands-, Zugangs-, Transaktions- und Inhaltsdaten als Beweismittel" in einem solchen Strafverfolgungsfall relevant sein dürften. Dabei könne es beispielsweise um Daten zur Kommunikation einer Frau mit einem Arzt gehen. Genauso gut sei es möglich, dass Kontakte mit einer Beratungsstelle für Schwangerschaftsabbruch per Telefon oder E-Mail herangezogen würden. Darüber hinaus seien weitere einschlägige Konstellationen denkbar.

Richtervorbehalt würde ausgehebelt

  1. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sehen die EU-Kommission mit ihrem Vorhaben, Polizei- und Justizbehörden weltweit einen direkten Zugriff auf elektronische Beweismittel zu geben, auf der völlig falschen Fährte. Grundrechte der Nutzer und der Provider würden mit der geplanten "E-Evidence-Verordnung" massiv unterlaufen, schlagen die Aufsichtsbehörden in einer jüngst verabschiedeten Resolution Alarm. Der Entwurf sei derart fehlerhaft, dass alle am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Gremien die Notbremse ziehen und die Initiative stoppen müssten.

    1. Elektronische Beweise: Datenschützer lehnen weltweiten Datenzugriff strikt ab
    2. Justizbehörden bleiben unbeteiligt

Die Kommission will es Strafverfolgern aus einem Mitgliedsstaat erlauben, E-Beweismittel wie in der Cloud gespeicherte E-Mails oder Dokumente unabhängig vom Standort der jeweiligen Daten unmittelbar bei Diensteanbietern anzufordern, die in der EU tätig sind beziehungsweise ihren Sitz oder eine Niederlassung in einem Mitgliedsstaat haben. Das meist recht langwierige förmliche Rechtshilfeverfahren soll damit durch eine deutlich schnellere, im Notfall auf sechs Stunden Reaktionszeit reduzierte Alternative weitgehend abgelöst werden.


Abfrage zu legalen Taten möglich

Erstmals werde dann im Bereich der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen die Herausgabe von umfangreichen Bestands-, Zugangs-, Transaktions- und Inhaltsdaten nicht mehr davon abhängig sein, ob die verfolgte Tat in beiden beteiligten Ländern überhaupt strafbar sei, konstatiert die hiesige Datenschutzkonferenz (DSK). So könnten etwa Anbieter mit Sitz in Deutschland zur Auskunft an Ermittlungsbehörden in anderen EU-Mitgliedstaaten verpflichtet werden, auch wenn sie nach nationalem Recht außen vor blieben. Als Beispiele führen die Datenschützer einen in Deutschland erlaubten Schwangerschaftsabbruch oder eine politische Meinungsäußerung an, "wenn diese im ersuchenden Staat strafbewehrt ist".

Auf die Nachfrage von Golem.de, inwiefern bei einer Abtreibung die Bestimmungen der geplanten Verordnung greifen könnten, erläuterte ein Sprecher der nordrhein-westfälischen Datenschutzbehörde, die derzeit die DSK koordiniert: "Nach unserer Auffassung ist es zumindest nicht abwegig, dass die bei einem Anbieter von Telekommunikations- und Internetdienstleistungen vorhandenen Bestands-, Zugangs-, Transaktions- und Inhaltsdaten als Beweismittel" in einem solchen Strafverfolgungsfall relevant sein dürften. Dabei könne es beispielsweise um Daten zur Kommunikation einer Frau mit einem Arzt gehen. Genauso gut sei es möglich, dass Kontakte mit einer Beratungsstelle für Schwangerschaftsabbruch per Telefon oder E-Mail herangezogen würden. Darüber hinaus seien weitere einschlägige Konstellationen denkbar.

Richtervorbehalt würde ausgehebelt

Besonders argwöhnisch beäugt die DSK auch, dass mit dem Vorhaben die Problematik der Vorratsdatenspeicherung deutlich verschärft werden könnte. Hierzulande seien Telekommunikationsdienstleister prinzipiell verpflichtet, Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden bis zu zehn Wochen anlasslos aufzubewahren. Die Bundesnetzagentur hat die Auflagen zwar nach einschlägigen Gerichtsbeschlüssen derzeit ausgesetzt. Generell ließen sich mit dem umkämpften Instrument aber "genaue Schlüsse auf das Privatleben der Betroffenen, insbesondere deren Kontakt- und Interessenprofil ziehen", schreiben die Datenschützer. Mit dem EU-Plan könnten nun künftig auch ausländische Strafverfolger direkt auf derartige Informationen zugreifen.

In Deutschland dürfen Ermittler nur mit Richterbeschluss auf Vorratsdaten zugreifen. Dieser Vorbehalt würde bei Polizei und Justiz aus anderen Staaten dann aber nicht greifen, die von der großen Koalition aufgestellte Hürde also im Bereich der Amtshilfe ausgehebelt. Ein Sprecher der nordrhein-westfälischen Datenschutzbehörde bestätigte Golem.de: "Die Schutzvorschriften aus dem deutschen Recht gelten dann nicht."

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