07. August 2019   Themen

„Faktor Ost-Wut“ - Leserbrief Süddeutsche Zeitung

Leserbrief zum Artikel „Faktor Ost-Wut“ (SZ vom 06.08.2019)

Oskar Lafontaines Strategie zum Aufbau einer gesamtdeutschen Linken soll Grund für ihre derzeitige Schwäche im Osten sein? Was für eine Geschichtsklitterung durch Rico Gebhardt!

Ein Blick auf die Entwicklung der Wahlergebnisse beweist das Gegenteil: Vor Lafontaines Rückkehr auf die politische Bühne lag die PDS am Boden. Sie war bis auf zwei tapfere Einzelkämpferinnen nicht mehr im Bundestag vertreten und wurde in den ostdeutschen Landtagen immer schwächer. Sie war auf dem Weg zur sterbenden Regionalpartei - anders als die CSU aber ohne gesamtdeutsche Präsenz.

Doch dann kam Oskar. Mit der von ihm betriebenen Fusion von PDS und WASG zur Linken etablierte diese sich gesamtdeutsch und feierte gerade im Osten vorher nie erreichte Erfolge. Indem es Lafontaine wie niemandem vor ihm gelang, gerade auch das ostdeutsche Protestpotential zu bündeln, machte er die Linke im Osten zur stärksten Kraft. Dann schafften die Funktionäre der Ost-Linken aber das, was sie schon in der SED erfolgreich geübt hatten, sich nämlich elitär von der eigenen Bevölkerung zu entfremden. Während Lafontaine mit seinem Konfrontationskurs gegen das Establishment auf ostdeutschen Marktplätzen bejubelt wurde, kritisierte und demontierte man ihn auf ostdeutschen Funktionärsversammlungen. Dort setzte man auf eine angepasste Politik, durch die man die eigene linke Wählerschaft zunehmend vor den Kopf stieß.

Es war diese törichte Abkehr des ostdeutschen Parteiapparates vom Erfolgskurs Oskar Lafontaines, die die Linke im Osten einbrechen ließ und sehenden Auges in Kauf nahm, dass ihre Wählerschaft zur AfD überlief.

Mit dem tragischen Unterschied, dass das Protestpotential dort nicht mehr für emanzipatorische Politik genutzt, sondern für menschenfeindliche Politik instrumentalisiert wird. Daher wäre es ein Dienst an der Demokratie, wenn sich die Linke wieder auf ihr Programm und ihre Aufgabe als Stimme der breiten Bevölkerung besinnen würde.

Jonas Christopher Höpken
Ratsherr Die Linke.Oldenburg Stadt

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