Nukleare Teilhabe und Verlegung der US-Truppen
Beitrag: Roswitha Engelke
Unter der irritierend klingenden Bezeichnung "nuklearer Teilhabe" lagern in den europäischen US-Waffenlagern Deutschland (Fliegerhorst Büchel), Belgien (Kleine Brogel), Italien (Aviano und Ghedi-Torre), Niederlande (Volkel) und der Türkei (Incirlik Air Base) atomare Waffen für die USA.
Büchel ist nicht ohne Grund als Standort eines atomaren Waffenlagers der USA ausgewählt worden: Hier ist das "Taktische Luftwaffengeschwader 33" der Bundeswehr stationiert. Käme es zu einem Angriff mit Atomwaffen, würden Piloten der Luftwaffe die Atombomben mit den entsprechenden Kampfflugzeugen (bald 45 F-18-Kampfflugzeuge des US-Herstellers Boeing?) ans Ziel fliegen und abwerfen.
Dienen die dort lagernden Waffen tatsächlich der Sicherheit Europas?
SPD-Co-Chef Walter Borjans warnt nicht zu Unrecht in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: "Mit den Atomwaffen, die in der Eifel lagern, wäre es der USA möglich, einen örtlich begrenzten Atomkrieg zu führen" und "Trump könnte in Versuchung geraten, sie wirklich einzusetzen."
Einte vor 10 Jahren noch alle Fraktionen des deutschen Bundestages das Ziel einer atomwaffenfreien Welt, diskutiert man zur Zeit in der Bundes-CDU darüber, die alten Waffen durch modernere zu ersetzen.
Das Verteidigungsministerium setzt unter der Führung Kramp-Karrenbauers (CDU), nicht nur auf Eurofighter, sondern denkt daran beim amerikanischen Flugzeugbauer Boeing F-18-Kampfjets zu bestellen. Diese können Atombomben tragen.
Die CDU-Ministerin legte bei dieser Entscheidung einmal mehr einen ihrer offenbar zur Tradition werdenden Alleingänge hin. Der Koalitionspartner SPD soll nicht informiert gewesen sein - weder Finanzminister Olaf Scholz noch Außenminister Heiko Maas. (ntv: GroKo streitet um Atombomber)
Ohne die Stationierung von US-Atomgerät wäre der Weg für Deutschland frei, dem UN-Vertrag über ein Verbot von Nuklearwaffen beizutreten. (Der Tagesspiegel)
Erinnern wir uns an den 22.10.1983, für viele meiner Zeitgenossen ist dieser Tag eine Art Stichtag in der Friedensbewegung.
Am 22.10.83 demonstrierten in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn, in West-Berlin und vielen anderen Städten in der gesamten Bundesrepublik ca. 1,3 Millionen Menschen gegen die Rüstungsspirale.
Der WDR berichtete
22. Oktober 1983 - Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten
Im Kalten Krieg bedrohen sich die NATO und der Warschauer Pakt gegenseitig mit Atomwaffen. Bei einem Scheitern der Abrüstungsgespräche wollen die USA nach vier Jahren - also Ende 1983 - ebenfalls mobile Mittelstrecken-Raketen in Europa stationieren.
Immer wieder demonstriert die Friedensbewegung gegen die Rüstungsspirale. Schließlich kommt es am 22. Oktober 1983 zu einem Höhepunkt des Protestes:
In Hamburg, West-Berlin und anderen Großstädten finden Demonstrationen statt. Insgesamt beteiligen sich bundesweit etwa 1,3 Millionen Menschen. Allein zwischen Stuttgart und Neu-Ulm bilden rund 200.000 Demonstranten eine Menschenkette. Die Hauptkundgebung findet in der Bundeshauptstadt Bonn auf der Hofgartenwiese statt. Dort beteiligen sich nach Polizeiangaben rund 200.000 Menschen, nach Angaben der Friedensbewegung sind es rund eine halbe Million Demonstranten.
LiteraturnobelpreisträgerHeinrich Böll und Altkanzler Willy Brandt eröffneten als Redner die Bonner Kundgebung. Denn auch in der SPD hatte sich großer Widerstand geregt.
Insgesamt sprechen 16 Redner. Darunter sind Friedensfrauen aus Großbritannien und Italien, ein Commandante der sandinistischen Befreiungsbewegung in Nicaragua und ein Ex-Admiral der USA.
Für Aufsehen sorgen Bundeswehrsoldaten in Uniform, die unerlaubt den Protest unterstützen und sich unmittelbar neben der Tribüne mit einem Transparent aufstellen.
Mehr zur "nuklearen Teilhabe" und zum angeblichen Abzug der US-Truppen hier
- US-Atomwaffen auf deutschem Boden. Eine DW-Recherche. (dw.com - usa-modernisieren-atombomben-in-deutschland/a-52856021)
- Trump plant Truppenabzug aus Deutschland? Was für eine absurde Debatte! (Nachdenkseiten)