Die drei Fragezeichen ratlos wie immer
Quelle: wsws.org
Marathonsitzung des Koalitionsausschusses: Ampel bereitet Klassenkonfrontation vor
Am Dienstagabend präsentierten die Vorsitzenden von SPD, Grünen und FDP schließlich ein Ergebnis. In einem 16-seitigen Papier mit dem Titel „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“ werden Dinge geregelt, die auch die Unterabteilung eines Ministeriums oder ein Ausschuss des Bundestags hätten erledigen können.
So soll der Einbau klimafreundlicher Heizungen genauer reguliert werden, entlang neuer Autobahnen sollen zwingend Solaranlagen entstehen, das 49-Euro-Ticket soll ohne Aufpreis in die Bahncard 100 integriert und Eingriffe in die Natur durch Naturschutzmaßnahmen in der näheren Umgebung kompensiert werden.
Wenn es überhaupt eine Veränderung der bisherigen Politik gab, dann war es eine weitere Aufweichung der laxen Klimaregeln. Die gesetzlich verankerten Klimaziele sollen künftig nicht mehr jährlich in jedem einzelnen Sektor eingehalten werden, sondern nur noch langfristig und sektorübergreifend.
Das dürfte sich vor allem auf den Straßenverkehr auswirken, der schon jetzt weit hinter den Klimazielen zurückbleibt. Auf Drängen von Verkehrsminister Wissing (FDP) beschloss der Koalitionsausschuss, 144 Autobahn- und Straßenprojekte mit Vorrang zu bauen. Die völlig marode Bahn soll in den nächsten vier Jahren 45 Milliarden Euro zur Erneuerung der Infrastruktur erhalten, was etwa der Hälfte der erforderlichen Summe entspricht.
Es ist offensichtlich, dass es beim Koalitionsmarathon nicht nur um Details der Klimapolitik und die Entwicklung der Infrastruktur ging. Hinter den Mauern des Kanzleramtes wurden, abgeschirmt von Presse und Öffentlichkeit, ganz andere Fragen diskutiert: Aufrüstung, Krieg, Sozialabbau und die Unterdrückung des wachsenden Widerstands gegen die Politik der Ampel. Die Regierung bereitet sich auf eine gewaltige Konfrontation mit der Arbeiterklasse vor.
Vor einem Jahr hatte Bundeskanzler Olaf Scholz eine „Zeitenwende“ verkündet, deren wahre Dimension jetzt deutlich sichtbar wird. Die Bundesregierung ist entschlossen, Deutschland wieder zur führenden Militärmacht Europas aufzubauen und den Ukrainekrieg bis zur militärischen Niederlage der Atommacht Russland zu eskalieren. Die Nato greift immer direkter in den Krieg ein – bis hin zum Einsatz von Bodentruppen. Die Bundeswehr, die in dieser Woche die ersten Leopard-2-Kampfpanzer an Kiew geliefert hat, würde dabei eine führende Rolle spielen.
Am Dienstagabend präsentierten die Vorsitzenden von SPD, Grünen und FDP schließlich ein Ergebnis. In einem 16-seitigen Papier mit dem Titel „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“ werden Dinge geregelt, die auch die Unterabteilung eines Ministeriums oder ein Ausschuss des Bundestags hätten erledigen können.
So soll der Einbau klimafreundlicher Heizungen genauer reguliert werden, entlang neuer Autobahnen sollen zwingend Solaranlagen entstehen, das 49-Euro-Ticket soll ohne Aufpreis in die Bahncard 100 integriert und Eingriffe in die Natur durch Naturschutzmaßnahmen in der näheren Umgebung kompensiert werden.
Wenn es überhaupt eine Veränderung der bisherigen Politik gab, dann war es eine weitere Aufweichung der laxen Klimaregeln. Die gesetzlich verankerten Klimaziele sollen künftig nicht mehr jährlich in jedem einzelnen Sektor eingehalten werden, sondern nur noch langfristig und sektorübergreifend.
Das dürfte sich vor allem auf den Straßenverkehr auswirken, der schon jetzt weit hinter den Klimazielen zurückbleibt. Auf Drängen von Verkehrsminister Wissing (FDP) beschloss der Koalitionsausschuss, 144 Autobahn- und Straßenprojekte mit Vorrang zu bauen. Die völlig marode Bahn soll in den nächsten vier Jahren 45 Milliarden Euro zur Erneuerung der Infrastruktur erhalten, was etwa der Hälfte der erforderlichen Summe entspricht.
Es ist offensichtlich, dass es beim Koalitionsmarathon nicht nur um Details der Klimapolitik und die Entwicklung der Infrastruktur ging. Hinter den Mauern des Kanzleramtes wurden, abgeschirmt von Presse und Öffentlichkeit, ganz andere Fragen diskutiert: Aufrüstung, Krieg, Sozialabbau und die Unterdrückung des wachsenden Widerstands gegen die Politik der Ampel. Die Regierung bereitet sich auf eine gewaltige Konfrontation mit der Arbeiterklasse vor.
Vor einem Jahr hatte Bundeskanzler Olaf Scholz eine „Zeitenwende“ verkündet, deren wahre Dimension jetzt deutlich sichtbar wird. Die Bundesregierung ist entschlossen, Deutschland wieder zur führenden Militärmacht Europas aufzubauen und den Ukrainekrieg bis zur militärischen Niederlage der Atommacht Russland zu eskalieren. Die Nato greift immer direkter in den Krieg ein – bis hin zum Einsatz von Bodentruppen. Die Bundeswehr, die in dieser Woche die ersten Leopard-2-Kampfpanzer an Kiew geliefert hat, würde dabei eine führende Rolle spielen.
Hatte Scholz vor einem Jahr ein Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro und eine langfristige Steigerung des Rüstungshaushalts auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts angekündigt, ist mittlerweile von einem Sondervermögen von 300 Milliarden Euro die Rede. Es vergeht kaum eine Woche, in der die Militärausgaben nicht erhöht werden. So gab der Haushaltsausschuss des Bundestags am Mittwoch 12 Milliarden Euro Militärhilfe für die Ukraine frei. Das ist sechsmal so viel wie im Vorjahr und entspricht rund einem Viertel des bisherigen deutschen Rüstungshaushalts.
Hinzu kommt der gewaltige Preis für die Bereicherungsorgie der Finanzoligarchie. Jahrzehntelang haben Zentralbanken und Regierungen Billionen in die Finanzmärkte gepumpt und eine Kaste von Milliardären und Multimillionären herangezüchtet, die nun die Weltwirtschaft in den Abgrund zu reißen droht. Gerät eine Bank ins Trudeln, stehen Unsummen aus der Staatskasse zur Verfügung, um sie zu retten.
Die Schweizer Regierung hat das Schicksal ihres Landes auf Gedeih und Verderb an die Großbank UBS verpfändet, um die marode Credit Suisse aufzufangen. Ähnliches bereitet die Bundesregierung vor, sollte die krisengeplagte Deutsche Bank in Gefahr geraten.
Vom Standpunkt der herrschenden Klasse führt deshalb kein Weg mehr daran vorbei, die Kosten des Militarismus und der kapitalistischen Krise in vollem Umfang auf die Arbeiterklasse abzuwälzen. Um die Profite und Milliardenvermögen der Reichen zu schützen, soll der Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung um Jahrzehnte zurückgeschraubt werden.
Dagegen entwickelt sich heftiger Widerstand. In Frankreich ist eine offene Konfrontation zwischen der Arbeiterklasse und dem Staat entbrannt. Millionen rebellieren gegen die Rentenreform Präsident Macrons, die zukünftige Rentner zu einem Leben in Armut verurteilt. Macron reagiert mit den Mitteln der Diktatur: Er ignoriert den Willen der großen Mehrheit, umgeht das Parlament und hetzt schwerbewaffnete Polizisten und Soldaten auf die Gegner der Reform.
In Deutschland findet die gleiche Entwicklung statt. Alles, was sich frühere Generationen in teils erbitterten Auseinandersetzungen erkämpft hatten, steht zur Disposition: Löhne und Renten, von denen man leben kann, Gesundheitsversorgung und Bildung für alle, bezahlbare Mieten, Recht auf Urlaub und vieles mehr.
Unternehmen und Staat nutzen die Inflation, um den Lebensstandard der Arbeiterklasse zu zerschlagen. Wie weit sie dabei gehen, zeigen die gegenwärtige Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst, bei der Post und bei der Bahn. Das „Angebot“ der Arbeitgeber, das Verdi bei der Post bereits akzeptiert hat, bedeutet eine Senkung der Realeinkommen um 20 bis 50 Prozent gegenüber dem Stand vor zehn Jahren.
Hinzu kommen explodierende Energiekosten und Mieten. Hatte die Ampel bei Amtsantritt noch den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen versprochen, wird inzwischen aufgrund des Zinsanstiegs kaum mehr gebaut. Selbst der Immobilienriese Vonovia hat alle für 2023 vorgesehenen Neubauprojekte gestoppt. Entsprechend steigt der Ansturm auf Mietwohnungen und treibt die Preise weiter in die Höhe.
Die Ampelkoalition ist sich einig, diese Angriffe rücksichtslos gegen die Arbeiterklasse durchzusetzen. Finanzminister Christian Lindner hat die Veröffentlichung des Haushaltsplans für das kommende Jahr verschoben, weil zur Einhaltung der Schuldenbremse noch Einsparungen von 70 Milliarden Euro erforderlich seien. Es ist klar, dass diese Einsparungen bei steigenden Militärausgaben zu Lasten der Sozialausgaben und der Gehälter der Beschäftigten erfolgen werden. Höhere Steuern für die Reichen lehnt die Ampel kategorisch ab.
Wir hatten bereits 2021 geschrieben, das Koalitionsprogramm der Ampel sei „eine Kampfansage an die arbeitende Bevölkerung und ein Bekenntnis zum Militarismus“. Das hat sich seither immer wieder bestätigt. Doch inzwischen wächst der Widerstand. Das zeigt die massive Beteiligung an den Streiks im öffentlichen Dienst, die mit einer Welle von Streiks und Protesten in ganz Europa zusammenkommen.
Das setzt die Ampel unter Druck und führt zu inneren Spannungen, treibt sie aber auch weiter nach rechts. Dabei stützt sie sich auf die Gewerkschaften, um den wachsenden Widerstand in Schach zu halten. So hat Verdi den überwältigenden Streikbeschluss der Postbeschäftigten einfach ignoriert und einer Senkung der Reallöhne zugestimmt. Mit der Verschärfung der Konflikte wird die Ampel – wie Macron – noch stärker auf staatliche Repression und Gewalt zurückgreifen, um den Widerstand zu unterdrücken.
Schon bei der Bundestagswahl hatte sie wenig Unterstützung in der Bevölkerung. Nie zuvor war ein Bundeskanzler mit derart wenigen Stimmen gewählt worden, wie Olaf Scholz. Berücksichtigt man die hohe Wahlenthaltung, dann gab noch nicht einmal jeder fünfte Wahlberechtigte die Zweit- oder Kanzlerstimme dem Sozialdemokraten. Willy Brandt war 1972 noch von 42 und Gerhard Schröder 1998 von 33 Prozent der Wahlberechtigten unterstützt worden. Um überhaupt eine Regierungsmehrheit zustande zu bringen, waren erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik drei Parteien nötig.
Seither ist die Unterstützung für die Ampel weiter geschwunden. Dasselbe gilt für die anderen Parteien – CDU, CSU, AfD und Linke – die die Politik der Ampel unterstützen und bereitstehen, sie im Falle eines Scheiterns fortzusetzen.
1934 schrieb der revolutionäre Marxist Leo Trotzki über Frankreich, das sich damals in einer ähnlichen politischen Lage befand: „Die Politik der Ausplünderung und Erstickung der Massen ist nicht eine böse Laune der Reaktion, sondern Folge der Zersetzung des kapitalistischen Systems. Das ist die Grundtatsache, die sich jeder Arbeiter zu eigen machen muss, wenn er nicht mit hohlen Phrasen betrogen werden will.“
Dasselbe gilt auch heute. Um die Angriffe der Regierung abzuwehren und gegen Lohnsenkung, Sozialabbau, Krieg und staatliche Repression zu kämpfen, braucht die Arbeiterklasse eine sozialistische Perspektive und ihre eigene Partei. Sie muss mit den Handlangern der Finanzoligarchie in den Gewerkschaften brechen und unabhängige Aktionskomitees aufbauen.
Kein gesellschaftliches Problem kann gelöst werden, ohne die Banken und Konzerne zu enteignen, unter die demokratische Kontrolle der Arbeiterklasse zu stellen und die Weltwirtschaft nach den Bedürfnissen der Gesellschaft neu zu organisieren. Dafür kämpfen die Sozialistische Gleichheitspartei und ihre internationalen Schwesterparteien in der Vierten Internationale.