Deutschland: Schneller und sicherer?
Wenn eine Regierung von Verschlankung der Bürokraftie spricht ist Vorsicht geboten, denn oft geht es regierenden Politikern nur darum, bestehende Gesetze für eine bestimmte Lobby zu lockern. So würde zum Beispiel eine Beschränkung der Umweltverbandsklagerechte auf Fälle, die nicht im überragenden öffentlichen Interesse liegen, eklatant gegen höherrangiges Recht verstoßen.
Der »Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung« soll dazu führen, dass öffentliche und private Projekte deutlich schneller und unbürokratischer über die Bühne gehen, als bislang.
Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 6. November 2023 - Beschluss TOP 4 Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbe-
schleunigung zwischen Bund und Ländern
Quelle: Bundesregierung
Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt werden, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähig bleibt. Die Beschleunigung ist auch wichtig für die Digitalisierung, den Umbau des Energiesystems, eine moderne Infrastruktur sowie zur Erreichung der Klimaziele. Dafür braucht es eine enge
Zusammenarbeit von Bund und Ländern.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder fassen daher folgenden Beschluss:
- 1. Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Ländervereinbaren einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“. Er soll zur Verschlankung von Verfahren führen, indem das Recht modernisiert sowie Prüfschritte in Genehmigungsverfahren reduziert und standardisiert werden. Hierfür sieht der Pakt auch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren mithilfe von Digitalisierung vor.
- 2. Sie bitten die zuständigen Ministerinnen und Minister auf Bundes- und Landesebene, die jeweils in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Vereinbarungen des Pakts für Gesetzesänderungen in Bund und Ländern schnellstmöglich umzusetzen. Etwaige untergesetzliche Regelungen und Vereinbarungen sollen ebenfalls zeitnah getroffen werden.
- 3. Die Umsetzung des Pakts wird regelmäßig überprüft. Dazu wird eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Leitung des Bundeskanzleramts eingerichtet. Erste Ergebnis-se sollen im ersten Quartal 2024 vorliegen.
Das Papier umfasst 28 Seiten schreibt der Spiegel.
Die angestrebten Maßnahmen seien so umfangreich wie ambitioniert. Einige Beispiele:
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Bei Planungsverfahren soll die Beteiligung der Öffentlichkeit digitalisiert werden, um Zeit zu sparen. Persönliche Anwesenheit der Beteiligten soll nicht mehr zwingend vorausgesetzt sein.
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Bei kleineren und risikoarmen Projekten sollen Genehmigungsverfahren vereinfacht werden – Fälle von unwesentlicher Bedeutung gleich gänzlich von der Genehmigungspflicht befreit werden.
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Bei mehrstufigen Planungsverfahren soll es möglich sein, mehrere Schritte parallel zu gehen.
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Eine Stichtagsregelung soll dafür sorgen, damit Änderungen der Rechtslage während des Planungs- oder Genehmigungsverfahrens nicht mehr aufwendige Aktualisierungen nach sich ziehen.
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Bei komplexen Genehmigungsverfahren soll die federführende Behörde in manchen Fällen von einer Zustimmung anderer beteiligter Ämter ausgehen können, sofern diese nicht innerhalb bestimmter Fristen widersprochen haben.
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Beim Mobilfunkausbau soll der Bund sogenannte Genehmigungsfiktionen einführen. Das bedeutet, dass nach Ablauf gewisser Fristen eine Genehmigung als erteilt anzusehen ist.
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Generell sollen Fristen straffer gesetzt werden, um die Verfahren zu beschleunigen.
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Um auf Daten und Expertise aus anderen Genehmigungsverfahren zurückgreifen zu können, soll ein bundesweites Umweltdatenkataster und eine entsprechende Gutachtendatenbank eingerichtet werden.
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Beim Ausbau der Energieinfrastruktur sollen Grundstückseigentümer verpflichtet werden können, ein Betreten ihres Grundstücks zu dulden. Wenn Leitungen verlegt oder angebracht werden, um Anlagen mit erneuerbarer Energie ans Stromnetz anzuschließen, sollen die Eigentümer der betroffenen Grundstücke entschädigt werden. All das soll langwierige Auseinandersetzungen vor Gericht, wie sie bislang häufig der Fall sind, vermeiden.
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Bei Vorhaben, für die sich eine spätere Genehmigung klar abzeichnet, soll vor der endgültigen Entscheidung die Möglichkeit geschaffen werden, die Maßnahme vorzeitig zu beginnen. Davon versprechen sich Bund und Länder »deutliche Zeitersparnisse«, heißt es in dem Papier. Zudem soll es mehr Möglichkeiten für Teilgenehmigungen geben.
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Das Baurecht soll entschlackt werden. Unter anderem soll der digitale Bauantrag bis spätestens Mitte 2024 umgesetzt sein.
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Mobilfunkmasten sollen in gewissen Fällen genehmigungsfrei errichtet werden können – im Papier ist von 15 Meter Höhe im Innen- und 20 Metern im Außenbereich die Rede. Von der Regel sollen auch temporäre Mobilfunkanlagen erfasst sein, sofern diese maximal 24 Monate stehen.
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»In den Verwaltungsverfahren ist das analoge Verfahren weiterhin die Regel mit hohem zeitlichem und organisatorischem Aufwand«, heißt es in dem Entwurf. Künftig soll der gesamte Prozess digitalisiert ablaufen. Onlineservices sollen nicht mehrfach, sondern von einem Land für alle anderen entwickelt werden. Das soll Kosten sparen und ein Nebeneinander von Systemen verhindern, die nicht oder nur schlecht kompatibel sind.