10. März 2014   Themen

Deutsche Universitäten forschen für US-Militär

Quellen:

1.Göttinger/Eichsfelder Tageblatt v. 03.02.2014 14:13 Uhr und
2. Tagesschau.de


Göttinger/Eichsfelder Tageblatt v. 03.02.2014 14:13 Uhr

Göttingen/Hannover. Seit Beginn des neuen Jahrtausends hat es an zehn niedersächsischen Hochschulen mehr als 100 militärische Forschungsprojekte gegeben. Dies geht aus einer Liste des Wissenschaftsministeriums in Hannover hervor, über die am Montag zunächst NDR Info berichtete.

Demzufolge verteilen sich die Projekte auf Hochschulen in Hannover, Clausthal, Lüneburg, Braunschweig, Oldenburg und Göttingen. Unter den Auftraggebern sind Rüstungskonzerne aus dem In- und Ausland, die Bundeswehr und das Bundesforschungs- sowie Verteidigungsministerium.

Die Hochschulen erhielten der Liste zufolge für ihre Militärforschung mehr als 25 Millionen Euro Fördergelder. Das Wissenschaftsministerium hatte die Forschungsprojekte im Dezember 2013 abgefragt.

Arbeit an Drohnen und Raketen

"In einer Demokratie kann es nicht sein, dass öffentlich geförderte Hochschulen hinter verschlossenen Türen forschen", sagte Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne).

Die Hochschulen hätten bei der Unterzeichnung des Entwicklungsvertrags im vergangenen November Transparenz über ihre Forschung zugesagt. "Diese Transparenz muss für alle Forschungsprojekte gelten, die ein Risikopotenzial haben", betonte Heinen-Kljajic. Ein Blick auf die Liste zeigt aber auch, dass die Transparenz Grenzen hat: Vier Hochschulen erwähnen, dass sie 40 "weitere vertraulich zu behandelnde Projekte" betreiben.

Die Bandbreite der Forschungsprojekte ist sehr unterschiedlich: Von Video-Überwachung an der Leibniz Universität Hannover oder der Zersetzung von Chemiewaffen an der Universität Göttingen bis zur Arbeit an Drohnen und Raketen für US-Auftraggeber an der TU Braunschweig. dpa/lni

Mehr zu diesem Thema von Tagesschau.de

Pentagon finanziert deutsche Forschung

Das US-Verteidigungsministerium hat in den vergangenen Jahren mit mehr als zehn Millionen Dollar Projekte an 22 deutschen Hochschulen finanziert, teils für Grundlagenforschung, teils für Rüstungsforschung. Dabei sind auch Universitäten, die sich friedlicher Forschung verpflichtet haben.

Von Peter Hornung, Arne Meyer und Benedikt Strunz, NDR

Recherchen des Norddeutschen Rundfunks und der "Süddeutschen Zeitung" zeigen, dass Universitäten und Institute in ganz Deutschland Gelder des Pentagons annahmen. So erhielt die Ludwig-Maximilians-Universität München vom US-Verteidigungsministerium 2012 mehr als 470.000 Dollar, um militärische Sprengstoffe zu verbessern.

Das US-Verteidigungsministerium finanzierte auch ein Projekt, an der die Universität Marburg beteiligt war.

Ein Institut der Fraunhofer-Gesellschaft forschte für die US-Armee an Panzerglas und an Sprengköpfen, Forscher der Universität Marburg untersuchten, wie sich Orientierungssysteme für Drohnen und "präzisionsgelenkte Munition" verbessern lassen. Andere Projekte beschäftigen sich mit Grundlagenforschung sowie mit sogenannter Dual-Use-Forschung, die zivil und militärisch genutzt werden kann.

So flossen an die Wissenschaftler der Universität des Saarlandes im Januar 2013 mehr als 120.000 Dollar des "Army Research Laboratory", um die mathematische Verarbeitung von Sprachstrukturen zu erforschen. An der Universität Frankfurt am Main finanzierte das "Department of the Air Force" mit knapp 160.000 Dollar die Untersuchung von Erdbeben im Iran.

Millionenförderung des US-Militärs für deutsche Hochschulen
B. Strunz, NDR
25.11.2013 07:15 Uhr

Verträge in öffentlicher Datenbank

Die Verträge finden sich in einer öffentlich zugänglichen Datenbank. Wie eine Auswertung im Rahmen des Rechercheprojekts "Geheimer Krieg" zeigt, waren seit dem Jahr 2000 mindestens 18 deutsche Hochschulen an Forschungsprojekten beteiligt, die das Pentagon bezuschusst hat.
Links

    Institutionen, die mit den US-Streitkräften zusammenarbeiten (.pdf) | ndr
    Mit dem DOD kooperierende Universitäten (.pdf) | ndr

Es geht um Aufträge im Gesamtwert von mehr als 9,4 Millionen Dollar. Ein Max-Planck-Institut, die Fraunhofer-Gesellschaft, das Alfred-Wegener-Institut und ein Leibniz-Institut erhielten darüber hinaus Pentagon-Mittel von mehr als 1,1 Millionen Dollar. Die Einrichtungen bestätigten die Datenbankeinträge.

Die Universität Freiburg und die Zeiss-Stiftung gaben auf Nachfrage an, dass sie von entsprechenden Verträgen keine Kenntnis haben. Gleichwohl tauchen beide Einrichtungen als Vertragspartner auf. Lediglich die Universitäten Hamburg und Aachen verweigerten jegliche Auskunft. Insgesamt umfasst die Liste Vorhaben in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Thüringen.

Rechercheprojekt Geheimer Krieg

Wie die USA von Deutschland aus den Krieg gegen den Terror steuern | mehr

Auch Geld für Universitäten mit "Zivilklausel"

In der Datenbank finden sich auch mehre Universitäten, die sich durch eine Zivilklausel auf eine friedliche Forschung festgelegt haben. Darunter sind die Universität Bremen und die Technische Universität Ilmenau. So ließ sich die Universität Bremen, die als erste deutsche Hochschule bereits 1986 eine Zivilklausel verankerte, ein Satellitenforschungsprojekt von der amerikanischen Luftwaffe finanzieren.

Die TU-Ilmenau erhielt für eine Studie im Bereich der angewandten Elektromagnetik Geld aus dem US-Verteidigungsetat. Sprecher beider Hochschulen erklärten, dass es sich bei den Projekten um Grundlagenforschung handelt, die nicht im Widerspruch zu einer Zivilklausel stehen. Die TU Ilmenau wies zudem darauf hin, dass das fragliche Projekt bereits vor Einführung der Klausel vereinbart worden war. 

US-Verteidigungsministerium finanziert Forschung an deutschen Hochschulen
tagesschau24 14:00 Uhr, 25.11.2013, Elena Kuch, NDR

SPD, Grüne und Linke im Bundestag zeigten sich überrascht und forderten im Radioprogramm NDR Info, alle Kooperationen transparent zu machen. "Hochschulen sind staatliche Einrichtungen", sagte der hochschulpolitische Sprecher der SPD, Swen Schulz. "Wenn sie Drittmittel einwerben und Kooperationen eingehen, dann hat die Gesellschaft ein Recht zu erfahren, mit wem sie kooperieren, was wird gemacht und wieviel Geld fließt", sagte Schulz.

Auch Vertreter von Grünen und der Partei Die Linke forderten von den Hochschulen mehr Transparenz. Scharfe Kritik übte die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler. Deren Geschäftsführer, Rainer Braun, tritt grundsätzlich für eine Trennung ziviler und militärischer Forschung ein. Die jetzt bekannt gewordene Kooperation sei ein "tiefer Einschnitt" für die deutsche Universitätslandschaft. "Sich vom amerikanischen Verteidigungsministerium mitfinanzieren zu lassen, ist eine neue Qualität hin zu noch mehr Rüstungsforschung, hin zu einer weiteren Militarisierung, aber auch hin zu einer Aufgabe selbstbestimmten Forschens".

Vertreter betroffener Hochschulen und zuständiger Landesministerien sehen die fraglichen Projekte hingegen unproblematisch und berufen sich auf die Wissenschaftsfreiheit.

Stand: 24.11.2013 23:00 Uhr

Mehr zu diesem Thema:

    Dossier: Geheimer Krieg in Deutschland
    Dossier: NSA-Spionage bei Freunden und Feinden
    US-Militär finanziert Forschung an Hochschulen, Elena Kuch, NDR | video
    Förderung des US-Militärs für Hochschulen, B. Strunz, NDR | audio

 

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