01. März 2021   Themen

Vor 26 Jahren: Bundestag bewilligt Bundeswehreinsatz in Bosnien und Herzegowina

 

Am 30. Juni 1995 beschloss der Deutsche Bundestag erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg deutsche Soldaten in einen bewaffneten Einsatz zu schicken. Es war der Beginn des bis heute längsten Auslandseinsatzes in der Geschichte der Bundeswehr.

Deutsche IFOR-Soldaten überqueren am 08. April 1996 auf Panzern die neugebaute Brücke über den Neretva-Fluß, nördlich von Mostar in Bosnien.Deutsche IFOR-Soldaten überqueren am 08. April 1996 auf Panzern die neugebaute Brücke über den Neretva-Fluß, nördlich von Mostar in Bosnien. (© picture-alliance/dpa)


386 von 655 Abgeordneten des Deutschen Bundestages stimmten am 30. Juni 1995 für den Einsatz der Bundeswehr zur Unterstützung einer multinationalen Eingreiftruppe in Bosnien und Herzegowina. Der Parlamentsbeschluss erlaubte die Entsendung von deutschen Aufklärungs- und Transportflugzeugen sowie Sanitätssoldaten, um die Friedensmission UNPROFOR (United Nations Protection Force) der Vereinten Nationen in Bosnien-Herzegowina zu unterstützen. UNPROFOR verfügte über keinen Kampfauftrag, sondern sollte lediglich Schutzzonen für die Zivilbevölkerung bilden. Ein halbes Jahr später billigte der Bundestag auch die Beteiligung der Bundeswehr an der von der NATO geführten internationalen Friedenstruppe IFOR (Implementation Force) für Bosnien-Herzegowina, die die Dayton-Friedensvereinbarungen im ehemaligen Jugoslawien zur Not mit Waffengewalt durchsetzen sollte.

Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien

Vor dem Einsatz hatte sich die Situation auf dem Balkan verschärft. Nachdem das ehemalige Jugoslawien auseinander gebrochen war, kämpften seit 1992 im bosnischen Bürgerkrieg bosnische Serben, Kroaten und muslimische Bosniaken gegeneinander. Es war der größte militärische Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg, der bis 1995 etwa 100.000 Todesopfer forderte. Während des Krieges kam es zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, Hunderttausende Menschen waren auf der Flucht.

Bereits in den Jahren zuvor war in Deutschland debattiert worden, ob sich deutsche Truppen an bewaffneten Konflikten im Ausland beteiligen sollten. Deutsche Soldaten waren bereits in den Jahren 1991 und 1992 an UN-Friedensmissionen in Kambodscha und Somalia sowie in der Adria bei der Durchsetzung eines Waffenembargos gegen Serbien und Montenegro beteiligt. Über diese Einsätze war jedoch nicht im Bundestag abgestimmt worden. Es war umstritten, ob Auslandseinsätze der Bundeswehr außerhalb des NATO-Bündnisgebietes mit dem Grundgesetz vereinbar seien und welche Befugnisse dem Parlament bei der Entscheidung über einen Einsatz einzuräumen waren.

Bundesverfassungsgericht urteilt zu Auslandseinsätzen

 

Die regierenden Unionsparteien CDU und CSU sowie die FDP sprachen sich grundsätzlich für die Möglichkeit von Bundeswehreinsätzen im Ausland unter UN-Mandat aus. Die SPD und die Grünen waren dagegen.

Die Sozialdemokraten vollzogen im Jahr 1992 eine programmatische Wende und wollten Einsätzen unter UN-Mandat künftig zustimmen. Allerdings blieb weiterhin unklar, wie das Grundgesetz in Bezug auf diese Frage interpretiert werden sollte. Die mit den Unionsparteien regierende FDP wandte sich 1994 schließlich an das Bundesverfassungsgericht. Das Gericht entschied am 12. Juli 1994, dass "Out-of-area"-Einsätze der Bundeswehr "zur Wahrung des Friedens" verfassungskonform seien - allerdings nur, wenn ein UN-Mandat vorliegt, der Einsatz im Rahmen eines "Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit" wie der NATO stattfindet und wenn der Bundestag dem Einsatz zustimmt (Parlamentsvorbehalt).

Zu sehen ist eine Infografik, die Akteure und Prozesse bei der Bewilligung von Auslandseinsätzen der Bundewehr darstellt.

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