Landverzicht gegen NATO-Schirm? Stoltenberg-Mitarbeiter sieht eine Lösung für die Ukraine
Im Ukraine-Krieg geht es nicht ausschließlich um die Sicherheit der Ukraine sondern auch um die Sicherheitslage Russlands. Eine Aufnahme der Ukraine in die NATO bedeutet für Russland immer noch einen NATO-Stützpunkt mit Atomwaffen vor der Haustür. -
"Landverzicht gegen NATO-Schirm? Stoltenberg-Mitarbeiter sieht eine Lösung für die Ukraine"
Quelle: ntv
Der Stabschef von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bringt mögliche Gebietsabtretungen der Ukraine ins Spiel. "Ich glaube, dass eine Lösung darin bestehen könnte, dass die Ukraine Territorium abgibt und im Gegenzug eine NATO-Mitgliedschaft erhält", zitiert die norwegische Zeitung "Verdens Gang" eine Aussage von Stoltenbergs Mitarbeiter Stian Jenssen bei einer Podiumsdiskussion in Arendal.
In einem Gespräch über die künftige NATO-Mitgliedschaft der Ukraine sagte er dem Bericht zufolge: "Es ist wichtig, dass wir darüber diskutieren." Man müsse sich Gedanken machen, wie die Sicherheitslage für die Ukraine nach dem Ende des Krieges aussehen werde.
"In der Frage der künftigen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine gibt es erhebliche Bewegung. Es ist in unser aller Interesse, dass sich der Krieg nicht wiederholt", so Jenssen.
Auf die Frage der "Verdens Gang", ob es die Auffassung der NATO sei, dass die Ukraine Territorium abgeben müsse im Tausch gegen Frieden mit Russland und eine künftige NATO-Mitgliedschaft, wies Jenssen darauf hin, dass die Diskussion über einen möglichen Nachkriegsstatus bereits im Gange sei und die Frage der Gebietsabgabe an Russland von anderen aufgeworfen worden sei. "Ich sage nicht, dass es so sein muss. Aber es könnte eine mögliche Lösung sein", so Jenssen.
Zugleich betonte er aber auch: "Es muss der Ukraine überlassen bleiben, wann und zu welchen Bedingungen sie verhandeln will." Dies ist bislang die offizielle Position von Stoltenberg. Dieser hatte immer wieder betont, dass es der Ukraine obliege, sowohl den Zeitpunkt als auch die Bedingungen für Verhandlungen mit Russland zu bestimmen. Beim G7-Gipfel im Juli erklärte Stoltenberg auch: "Natürlich ist die dringlichste Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Ukraine sich durchsetzen kann. Denn sollte die Ukraine nicht fortbestehen, gibt es auch keine Frage einer Mitgliedschaft zu diskutieren."
Empörung in Kiew
Das Außenministerium der Ukraine kritisierte Jensens Äußerung scharf, wie die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform berichtet. Der Sprecher der Behörde, Oleg Nikolenko, nannte demnach dessen Äußerungen "absolut inakzeptabel". "Wir gingen immer davon aus, dass die Allianz wie auch die Ukraine keinen Handel mit Territorien betreiben", so Nikolenko. Er warnte zudem davor, dass einige NATO-Beamte sich an dem Narrativ über eine mögliche Abtretung ukrainischen Territoriums beteiligten und dies Russland in die Hände spiele.
Ähnlich äußert sich auch der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak: "Das ist lächerlich. Das bedeutet, sich bewusst für die Niederlage der Demokratie zu entscheiden, einen globalen Verbrecher zu ermutigen, das russische Regime zu bewahren, das Völkerrecht zu zerstören und den Krieg an andere Generationen weiterzugeben", schrieb er auf X, dem einstigen Twitter. "Wenn Putin keine vernichtende Niederlage erleidet, das politische Regime in Russland sich nicht ändert und die Kriegsverbrecher nicht bestraft werden, wird der Krieg mit Sicherheit zurückkehren und Russland hat Lust auf mehr", betonte Podoljak.
Dass zumindest der Vize-Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, Lust auf mehr hat, machte er gleich klar. Sollte die Ukraine für einen NATO-Beitritt auf Gebiete verzichten, müsse es auch Kiew aufgeben, zitiert ihn die russische Nachrichtenagentur TASS. "Um dem Block beizutreten, müssten die Kiewer Behörden sogar Kiew selbst, die Hauptstadt der alten Rus, aufgeben." Dann müsse die Ukraine die Hauptstadt nach Lwiw verlegen, so der inzwischen zum Hardliner mutierte Ex-Präsident. "Natürlich nur, wenn die Polen zustimmen."