02. November 2023   Themen

Sergej Lawrow über die Hintergründe und die Lösung des Nahostkonflikts

Quelle: Russische Botschaft

Frage: Herr Lawrow, alle akuten Konflikte, die wir derzeit erleben, finden auf die eine oder andere Weise auf dem eurasischen Kontinent statt. Welchen dieser Konflikte halten Sie als Außenminister der Russischen Föderation für den gefährlichsten?

Lawrow: Ich glaube, dass sie alle auf ihre eigene Weise gefährlich sind. Jeder von ihnen kann zu einem großen Krieg führen. Das gilt insbesondere für das, was derzeit im Nahen Osten geschieht. Dort gibt es mehrere Krisenherde: Syrien, Jemen, Libyen. Das alles schwappt auf den afrikanischen Kontinent über.

Libyen wurde nur deshalb zerstört, weil Gaddafi eine selbstständige Politik betrieb. Als er dann dazu überredet wurde, auf Atomwaffen zu verzichten, erhielt er, was der Westen schon lange und im Voraus vorbereitet hatte Er wurde vernichtet. Sie haben gegen die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates verstoßen. Sie haben Libyen angegriffen. Riesige Ströme illegaler Migranten strömten durch dieses Land, das seine Staatlichkeit verloren hatte, nach Norden, nach Europa. Und nach Süden, durch Libyen, zogen die Kämpfer, die Gaddafi stürzten, mit europäischen, insbesondere französischen Waffen. Von dort aus bedrohten sie zahlreiche afrikanische Länder mit ihren terroristischen Aktionen, die bis zum heutigen Tag andauern. Es gäbe viel aufzuzählen.

Vor kurzem hat sich die Palästina-Frage zugespitzt. Präsident Wladimir Putin hat es sehr deutlich gemacht: Wir lehnen jegliche terroristischen Akte kategorisch ab und verurteilen sie. Wir sprechen all denjenigen unser Beileid aus, die in Israel, Palästina und anderen Ländern Angehörige verloren haben. Es waren viele Ausländer in der Region, darunter auch russische Staatsbürger. Unter ihnen gibt es leider auch Menschen, die getötet worden sind.

Wir verurteilen zwar den Terrorismus, sind aber kategorisch dagegen, dass auf Terrorismus mit einer Verletzung der Normen des humanitären Völkerrechts reagiert werden kann,

einschließlich der wahllosen Anwendung von Gewalt gegen Ziele (in denen sich bekanntermaßen Zivilisten aufhalten), einschließlich Geiselnahmen und anderer Aktionen, die, wie ich bereits sagte, nicht unter das humanitäre Völkerrecht fallen.

Ich habe gesehen, dass die israelische Führung großen Anstoß an UN-Generalsekretär Guterres nahm, der, nachdem er alle terroristischen und anderen verbotenen Handlungen verurteilt hatte, sagte, dass dies nicht in einem Vakuum geschehe, und an die nicht realisierten langjährigen Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats und der Generalversammlung über die Notwendigkeit der Schaffung zweier Staaten, Israel und Palästina, seit den späten 1940er Jahren erinnerte.

Israel wurde schnell gegründet. Die Sowjetunion war einer der Hauptinitiatoren für die Gründung eines jüdischen Staates, während die Briten, die die Region im Chaos zurückließen, sich nicht sonderlich um das Thema kümmerten. Wir waren für die Gründung eines jüdischen Staates. Die Sowjetunion war auch die erste, die ihn anerkannt hat.

Ein palästinensischer Staat ist aus verschiedenen Gründen noch nicht gegründet worden. Und mit jeder geschichtlichen Periode ist er mehr und mehr in die Ferne gerückt. Das Gebiet, das den Palästinensern bei der Gründung Israels zugestanden wurde, ist immer wieder verkleinert worden. Einfach durch Maßnahmen „vor Ort“.

Wir können über die Gründe dafür sprechen. Es gab Kriege, die von arabischen Ländern gegen Israel angezettelt wurden und die für die Araber traurig endeten, und zwar mit dem Verlust von Land. Das Ergebnis bleibt jedoch negativ. Es gibt jetzt keinen palästinensischen Staat.

In ruhigeren Zeiten haben wir über die Lage im Nahen Osten und die Aussichten auf einen direkten Dialog zwischen Israel und den Palästinensern gesprochen. Ich habe meinen israelischen Kollegen seit langem meinen Standpunkt dargelegt, als Antwort auf emotionale Erzählungen über das Recht Israels, sich zu verteidigen, und darüber, dass alles, was passiert, wenn Extremisten Aktionen gegen Israel oder gegen Israelis in einer bestimmten Region durchführen, für sie nicht akzeptabel sei. Sie waren der Meinung, dass der Extremismus mit allen Mitteln bekämpft werden müsse.

Niemand will den Extremismus und schon gar nicht den Terrorismus fördern. Aber ich habe ihnen eine einfache Sache erklärt. Sieht man von den unmittelbaren, momentanen Vorgängen ab, die mit dem Auftreten extremistischer Stimmungen verbunden sind, kann man historisch gesehen nur feststellen, dass das Scheitern der Lösung der Gründungsfrage eines palästinensischen Staates meiner Meinung nach der schwerwiegendste Faktor ist, der Extremismus und Terrorismus in dieser Region schürt. Die Bevölkerung dort ist größtenteils (wenn man von den arabischen Monarchien absieht) nicht sehr wohlhabend. Viele Kinder werden in arme Familien hineingeboren.

Man erklärt ihnen (es gibt dort schon „erfahrene“ Lehrer), dass all dies geschieht, weil ihnen ihr rechtmäßiger, von der UNO versprochener unabhängiger Staat vorenthalten wurde, sie wurden besetzt, es gibt einen UNO-Beschluss, dass Israel eine Besatzungsmacht ist.

Wenn man also von der Wiege an, von Kindestagen an, „indoktriniert“ wird, sind in diesen 75 Jahren bereits zwei Generationen in diesem extremistischen Geist aufgewachsen, bis hin zu Selbstmordattentätern. Das ist allgemein bekannt.

 Frage: Glauben Sie, dass eine Befriedung auf der Grundlage der in den 1940er Jahren verkündeten Prinzipien, dass es nicht nur einen israelischen Staat, sondern auch einen palästinensischen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt geben soll, im Moment ein erreichbares Ziel ist?

Lawrow: Im Moment würden sie sich kaum an den Verhandlungstisch setzen. Die Israelis sind besonders verbittert. Das zeigt sich in zahlreichen offiziellen Erklärungen der Führung - des Premierministers, des Verteidigungsministers, des Wirtschaftsministers und anderer Kabinettsmitglieder.

Auch die Palästinenser sind angesichts der Tausenden von Zivilisten, die durch die israelischen Vergeltungsmaßnahmen getötet oder verwundet wurden, sehr aufgewühlt.

Nach dem Verlust einer großen Zahl von Menschen sowohl in Israel als auch in Palästina, darunter auch Ausländer, ist es unrealistisch zu sagen, dass wir uns, sozusagen, morgen an den Verhandlungstisch setzen sollten.

Wir haben gesehen, dass Journalisten dem Vertreter des UN-Generalsekretärs die Frage gestellt haben, wie viele UN-Mitarbeiter getötet worden sind. Und er konnte keine Antwort darauf finden. Das ist erstaunlich. Entweder haben sie Angst, die wirklichen Zahlen zu nennen..

Frage: Wie viele?

Lawrow: Natürlich, eine ganze Menge. Allein das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) beschäftigte Hunderte von Bürgern. Die meisten von ihnen wurden vor Ort eingestellt, sind Einheimische. Aber das ändert nichts an der Sache. Das UN-Personal sollte durch besondere Immunität geschützt sein. Es ist merkwürdig, dass sich die UNO nicht um das Schicksal ihres Personals kümmert.

Aber zurück zum Thema, wann dieser Staat eine Chance bekommt, gegründet zu werden. Wir sagen immer wieder: Verurteilung des Terrorismus, inakzeptable Reaktion auf den Terrorismus, der unschuldige Zivilisten schädigt, und betonen, dass wir, wenn diese heiße Phase vorbei ist, eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten fordern. Das ist der Unterschied zwischen unserer Resolution, die wir dem UN-Sicherheitsrat zweimal vorgeschlagen haben, und der US-Resolution, die nicht von einer Einstellung der Feindseligkeiten spricht, sondern nur die Hamas verurteilt. Weil die Hamas tut, was sie tut, habe Israel jedes Recht, sich mit allen notwendigen Mitteln zu verteidigen.

Natürlich ist auch diese Herangehensweise katastrophal: Wenn der Gazastreifen zerstört wird, wenn 2 Millionen Einwohner von dort vertrieben werden (wie einige Politiker in Israel und im Ausland behaupten), wird dies eine Katastrophe für viele Jahrzehnte (wenn nicht Jahrhunderte) bedeuten.

Es ist notwendig, die Blockade zu stoppen und humanitäre Programme zur Rettung der Bevölkerung anzukündigen: Es gibt kein Wasser, keinen Strom, keine Nahrungsmittel und keine Wärme. Unser Resolutionsentwurf, den wir zusammen mit China und den arabischen Ländern im UN-Sicherheitsrat eingebracht haben, zielte auf diese Ziele ab. Aber die USA haben ihr Veto eingelegt und damit bestätigt, dass es ihre Aufgabe ist, Israel in jeder Hinsicht bei seinen Aktionen zu unterstützen.

Wir haben unseren israelischen Kollegen wiederholt gesagt, dass sich die Situation ohne die Gründung eines palästinensischen Staates (durch Verhandlungen) nicht beruhigen wird. Sie werden ständig von instabilen palästinensischen Gebieten umgeben sein. Solange es keinen Staat gibt, wird es von dort immer eine Bedrohung für Israel geben.

Die überwältigende Mehrheit der israelischen Regierung, einschließlich aller von Netanjahu geführten Regierungen, hat zwar Lippenbekenntnisse abgegeben, dass sie Verhandlungen befürwortet, aber viele Ausreden erfunden, um sie nicht zu beginnen. Die Palästinenser seien sich nicht einig, es sei nicht klar, mit wem man reden solle (im Westjordanland mit Abbas und im Gazastreifen mit der Hamas, die ihn nicht anerkennt), oder andere Erklärungen, warum es zu diesem besonderen historischen Zeitpunkt unmöglich sei, zu verhandeln.

Die Hamas wurde schon zu Zeiten von Jassir Arafat als Gegengewicht zur Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) gesehen. Damals galt die PLO als terroristisch, die Hamas wurde sogar als Gegengewicht gefördert. Das war, bis die PLO ihre Charta änderte, das Existenzrecht Israels anerkannte, Arafat den Friedensnobelpreis erhielt usw.

Als die Hamas bereits eine etablierte politische Struktur war (um 2006), befürworteten alle die Organisation von Wahlen und die politische und administrative Vereinigung des Gazastreifens und des Westjordanlands. Zu dieser Zeit war es noch möglich, dies „vor Ort“ zu tun. Der Bau einer Überführung, einer Eisenbahnlinie und von Straßenverbindungen wurde diskutiert. Aber dafür mussten wir die Wahlergebnisse in Gaza abwarten. Ich war bereits Minister, und Condoleezza Rice war US-Außenministerin. Die USA machten es sich zur Hauptaufgabe, Wahlen im Gazastreifen abzuhalten, denn „dort muss es Demokratie geben.“

Nach einer Analyse der Lage vor Ort und des Kräfteverhältnisses warnten wir, dass die Stimmung in der Gesellschaft radikal sei und das Ergebnis für direkte Verhandlungen mit Israel ungünstig sein könnte. Rice wies diese Argumente kategorisch zurück. Sie sagten, wenn Wahlen angekündigt seien, müssten sie auch abgehalten werden. Das wurde getan. Die Hamas hat gewonnen, und die USA haben die Ergebnisse sofort nicht anerkannt.

Eine solche Rücksichtslosigkeit in ihrer Politik, es sei denn, es handelt sich um ein kaltes Kalkül, das darin besteht, mit allen Mitteln Irritationen zu erzeugen und Instabilität zu provozieren, um dann zu kommen und nach eigenem Gutdünken „auszusortieren“, wie es dort aussehen wird.

Wir stehen in vollem Kontakt mit Israel, unser Botschafter kommuniziert regelmäßig mit ihnen. Wir senden Signale, dass eine friedliche Lösung angestrebt werden muss, anstatt die angekündigte Strategie der „verbrannten Erde“ zu verfolgen.

 

 

 

Frage: Für uns beide ist der Konflikt, der uns am meisten beschäftigt, der in der Ukraine. Manche mögen meine Argumente zynisch finden, aber glauben Sie, dass die Verlagerung der Aufmerksamkeit, auch der Weltmedien, auf den palästinensisch-israelischen Konflikt die Lösung der Situation in der Ukraine in irgendeiner Weise beschleunigen kann?

Lawrow: Ich habe von solchen Einschätzungen gehört. Sie drängen sich selbst auf. Man hat uns sogar vorgeworfen, die Hamas auf Israel „gehetzt“ zu haben, um die Aufmerksamkeit von der Ukraine abzulenken. Uns wird immer alles vorgeworfen, auch das, was in Afrika passiert, und viele andere Dinge.

Es ist eine Sünde, die Tragödie, die sich in Israel und Palästina abspielt, zu nutzen, um zu sagen, dass wir Recht hatten und dass der Westen seine aggressive Politik der Unterstützung des Kiewer Regimes eher beenden sollte. Viele Beobachter haben auch die Spannungen in der Straße von Taiwan festgestellt. In anderen Teilen der Welt gibt die Situation keinen Anlass zu anhaltendem Optimismus, vor allem in Afrika nicht.

Das zeigt nur eine offensichtliche Tatsache: Die internationale Gemeinschaft ist eine Einheit. Der Westen förderte seine egoistischen Interessen in Bezug auf die Ukraine, indem er sie zu einem Aggressionsinstrument gegen Russland machte und damit gegen alle Verpflichtungen hinsichtlich der Nichterweiterung der NATO und der Gewährleistung gleicher, unteilbarer Sicherheit innerhalb der OSZE verstieß, damit niemand seine Sicherheit auf Kosten anderer stärkt. Diese Linie konnte nur dazu führen, dass unsere Geduld am Ende war.

Wir haben viele Jahre lang Geduld bewiesen. Zweimal haben wir vorgeschlagen (2009 und 2021), rechtsverbindliche Vereinbarungen zu treffen, dass niemand Militärblöcke ausbaut und wir auf andere Weise für Sicherheit sorgen, auch in Bezug auf die Ukraine. Sie haben es kategorisch abgelehnt, ernsthaft darüber zu reden.

Selbst vom Rest abstrahiert. Sie haben alles Russische angegriffen: unsere Geschichte (sie beschuldigen uns, an der Entfesselung des Zweiten Weltkriegs fast noch schuldiger zu sein als A. Hitler), Sprache, Bildung, Medien, Kultur. Sie zerstören Denkmäler für diejenigen, die Odessa und andere Städte in Noworossija geschaffen und entwickelt haben. Sie entfernten das Denkmal für Katharina die Große und Potemkin im Zentrum von Odessa. Genau eine Woche später gingen sie zur UNESCO und ließen diesen Teil der Stadt als Kulturerbe der Menschheit eintragen. Zur Schande dieser Organisation hat keiner derjenigen, die diesen Antrag geprüft haben, auch nur darauf hingewiesen, dass Denkmäler nicht so barbarisch behandelt werden. Diese „Aktion“ des Westens, die sich gegen Russland richtet, indem sie alles Russische in der Ukraine auslöscht und es zu einem gehorsamen Werkzeug der Neonazis macht, war selbst zum Scheitern verurteilt.

Der Westen fürchtet sich ein wenig vor dem Monster, das er geschaffen hat, denn Zelenskij und seine Mitstreiter gehorchen nicht mehr so recht. Sie erheben immer mehr Ansprüche an den Westen: „nicht genug Geld“, „nicht genug Waffen“, „was denken die sich da?“. Das ist an sich schon nervig.

Im Nahen Osten ist ein Konflikt ausgebrochen, ein völlig inakzeptabler Terroranschlag wurde gegen Israel verübt, und Israel, das sich nicht ganz an das humanitäre Völkerrecht hält, hat öffentlich angekündigt, dass seine Antwort gnadenlos sein und die Hamas zerstören wird. Und es ist unmöglich, diese Organisation zu zerstören, ohne den Gazastreifen mit der Mehrheit der Zivilbevölkerung zu zerstören.

Dies ist ein Signal an den Westen, darüber nachzudenken, wie man sich nicht nur in der Ukraine verhalten soll, wo man Russland eine „strategische Niederlage“ auf dem „Schlachtfeld“ zufügen will, sondern wie man die Interessen und die Sicherheit im Allgemeinen gewährleisten kann. Darüber hinaus haben die USA immer wieder erklärt, und tun dies auch weiterhin, dass ihre nationale Sicherheit direkt von der Situation im Nahen Osten abhänge. Wenn dies zutrifft, dann hätten die Verhandlungen, über die wir hier sprechen, schon längst angeregt werden müssen. Schließlich sollten sie zur Gründung eines palästinensischen Staates im Einklang mit den UN-Beschlüssen führen. Sie haben aber eine manische globale Reichweite für ihre Träume und Pläne. Wären es nur Träume, so sei Gott mit ihnen, aber Pläne..

Die NATO ist nicht länger ein Verteidigungsblock, der das Territorium seiner Mitgliedsländer schützt. Auf den letzten beiden Gipfeltreffen haben sie verkündet, dass sie ein Bündnis mit globaler Verantwortung seien und dass die Sicherheit im euro-atlantischen Raum untrennbar mit der Sicherheit im „indo-pazifischen Raum“ (wie sie den asiatisch-pazifischen Raum jetzt nennen) verbunden sei. Dies ist ein Versuch, die Welt zu beherrschen. Aber wenn man die Welt beherrscht, muss man seine Energien auf seine Prioritäten abstimmen, sonst wird man zerrissen. Ich bin jetzt nicht schadenfroh. Das zeigt einmal mehr, dass alle Probleme ehrlich und ohne Doppelmoral gelöst werden müssen.

Frage: Über die Weltherrschaft. Menschen, die sich für Geopolitik interessieren, kennen die Idee oder die Formel, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Großbritannien entwickelt wurde: „Wer das Heartland beherrscht, beherrscht die Welt“. Die Grenzen von Heartland und der Achse sind gezogen und decken sich irgendwie mit den Grenzen der Sowjetunion (heute der postsowjetische Raum). Ist es also das, was jetzt geschieht? Ist es das, was sie wirklich wollen, und die Menschen werden hier nicht gebraucht?

Lawrow: Ja, wir können angelsächsische aggressive und egoistische Ideen in den Aktionen des Westens erkennen. Außerdem ist der gesamte Westen inzwischen von Washington übernommen worden. London spielt in seiner angelsächsischen Solidarität und in seiner gönnerhaften Haltung gegenüber den Amerikanern (unter Berücksichtigung historischer Faktoren) immer an der Seite der USA. Die Geschehnisse in Eurasien sind der Beweis dafür.

Schauen Sie sich an, wie Zentralasien aufbereitet wird. Es gibt bereits ein Dutzend Formate: Zentralasien Plus mit den USA, der EU und Japan. Neben dem Format „Zentralasien plus EU“ haben die Deutschen bereits ihr eigenes Format geschaffen. Die Franzosen werden nicht lange warten und es ihnen gleichtun. Es gibt immer mehr solcher Rahmen für Treffen, bei denen unsere zentralasiatischen Nachbarn, Freunde und Verbündeten natürlich versuchen, sie in den Westen zu ziehen, indem sie ihnen einige wirtschaftliche und handelspolitische Vorteile und Präferenzen versprechen und ihnen gezielt einige Hilfsprogramme übertragen, die nicht so beeindruckend sind. In absoluten Zahlen ausgedrückt, sind sie nicht vergleichbar mit den Vorteilen, die die zentralasiatischen Länder aus der Zusammenarbeit mit Russland innerhalb der GUS und der EAEU ziehen. Jetzt werden gezielt Gelder in Ausrüstung und Technologie in so sensiblen Bereichen wie Grenzschutz, Schulung der Strafverfolgungsbehörden und traditionelle Sicherheit investiert. Wir sprechen darüber ehrlich mit unseren zentralasiatischen Brüdern.

Wir haben auch den Mechanismus „Zentralasien plus Russland“. Es wäre seltsam, wenn es ihn nicht gäbe. Zentralasien hat den gleichen Mechanismus mit China. Wir als direkte Nachbarn Zentralasiens und nicht Leute, die von der anderen Seite des Ozeans oder vom anderen Ende des eurasischen Kontinents gekommen sind, sind daran interessiert, dass die zentralasiatische Region nicht zu einem Sprungbrett wird (wie es die Ukraine war), um nicht nur Russland, sondern auch die Volksrepublik China zu bedrohen. Unsere westlichen Kollegen haben viele solcher Pläne.

In der gleichen Logik des Heartland, die bis zur Straße von Taiwan und den ASEAN-Ländern reicht, von denen die meisten auf dem eurasischen Festland und den Inseln liegen. Wir haben einen Prozess, den wir durch die SCO, EAEU, CSTO und ASEAN aktiv fördern. Außerdem werden diese Prozesse im Rahmen von Chinas Projekt „Ein Gürtel, eine Straße“ umgesetzt. China hat zwischenstaatliche Abkommen mit den Mitgliedern der EAEU unterzeichnet, um seine wirtschaftlichen und logistischen Pläne mit denen der EAEU abzustimmen. Neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ist die SOZ auch an einer sicherheitspolitischen Kooperation interessiert, weshalb sie stabile Beziehungen zur OVKS unterhält. Sie bildet ein Netzwerk regionaler Strukturen, die von der Zusammenarbeit auf dem gottgegebenen gemeinsamen Kontinent profitieren wollen.

Niemand verbietet uns, Partner zu wählen, aber wenn außerregionale Länder mit nicht ganz reinen Absichten hierher kommen, achten wir darauf. Wir werden unser Möglichstes tun, um sicherzustellen, dass Zentralasien nicht unter solchen Absichten zu leiden hat.

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