Lauterbach-Interview zur Finanzierung der Pflege „Es gibt ein akutes Problem in der Pflegeversicherung“
Laut Lauterbach sollte es in 2023 einen statistisch geschätzten Zuwachs von 50.000 Pflegebedürftigen geben, tatsächlich waren es 360.000. Das mehr als SIEBENFACHE!
Ein Elefant steht im Raum. Denn keineswegs können es die "Impfungen" sein. Die Alten waren ja "vulnerabel" und die "Impfungen waren gut und sicher und vollkommen nebenwirkungsfrei" - hieß es immer gern vom Minister. Allerdings, wo bleibt sein Schwurbeln über "Long-Covid"? Das diente doch sonst immer bestens zur Wegerklärung von Impfschäden. Katastrophalerweise wird dieses Problem ein weltweites sein.
„Es gibt ein akutes Problem in der Pflegeversicherung“
Quelle: Radionetzwerk Deutschland (RND)
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht im RND-Interview über die geradezu explosionsartig gestiegene Zahl der Pflegebedürftigen – und darüber, wie es dazu gekommen ist. Die Finanzierung des Systems werde immer schwieriger. Außerdem erklärt er, was hinter seiner neuen Wortschöpfung „stambulant“ steckt.
Von Tim Szent-Ivanyi
Herr Lauterbach, über Ihre Krankenhausreform wird viel gesprochen, auch über die geplante Stärkung der Hausärzte. Doch auch in der Pflegeversicherung liegt vieles im Argen: Wegen des Fachkräftemangels wird die Suche nach einem Pflegedienst oder Heimplatz immer schwieriger. Zudem steigen die Kosten rasant. Was gedenken Sie zu tun?
Könnte das eine Art Nachholeffekt nach der Corona-Pandemie sein, in der weniger Menschen einen Pflegegrad beantragt hatten, um sich bei der Begutachtung nicht anzustecken?
Das ist eine Hypothese, die wir nun prüfen. Ich glaube aber nicht, dass der Nachholeffekt einen Aufwuchs in dieser Größenordnung erklärt. Ich gehe vielmehr davon aus, dass wir einen Sandwicheffekt erleben: Zu den sehr alten, pflegebedürftigen Menschen kommen die ersten Babyboomer, die nun ebenfalls pflegebedürftig werden. Es gibt also erstmals zwei Generationen, die gleichzeitig auf Pflege angewiesen sind: die Babyboomer und deren Eltern.
Ich gehe vielmehr davon aus, dass wir einen Sandwicheffekt erleben: Zu den sehr alten, pflegebedürftigen Menschen kommen die ersten Babyboomer, die nun ebenfalls pflegebedürftig werden.
Karl Lauterbach
Aber die Babyboomer sind doch eigentlich noch zu jung, um pflegebedürftig zu sein. Die Wissenschaft sagt doch, wir altern gesünder?
Wir haben eine Reihe von Erkrankungen, die man früher nicht lange überlebt hätte. Nehmen Sie zum Beispiel Menschen mit schweren Behinderungen oder Unfallopfer mit massiven bleibenden Schäden. Durch die Erfolge der Medizin ist die Gruppe derjenigen größer geworden, die schon in jungen Jahren pflegebedürftig sind. Das stellt uns vor besondere Herausforderungen.
Was heißt dieser Anstieg für die ohnehin angespannten Finanzen? Die Kassen gehen davon aus, dass – entgegen Ihrer Ankündigung – im Wahljahr 2025 die Beiträge steigen müssen.
Es wird jedenfalls nicht einfach. Klar ist, dass wir mittel- und längerfristig eine solidere Form der Finanzierung der Pflege benötigen. Mit dem jetzigen Beitragssystem allein werden wir das Leistungsniveau der Pflege nicht erhalten können. Es gilt zu verhindern, dass die Pflege durch Preissteigerungen und höhere Löhne für die Pflegekräfte entwertet wird. Deshalb müssen die Leistungen dynamisiert, also regelmäßig erhöht werden.
Das wird teuer.
Richtig. Aber anders als für die Gesundheitsversorgung gibt Deutschland im internationalen Vergleich nicht übermäßig viel für die Pflege aus. Hier ist vieles schon jetzt auf Kante genäht. So darf es nicht bleiben.
Eine Arbeitsgruppe aus mehreren Ministerien soll ja bis Ende Mai Vorschläge für eine Finanzreform vorlegen. Wird das noch was?
Wir sind im Zeitplan und werden auf Arbeitsebene bis Ende Mai fertig. Ich will nicht vorweggreifen, aber so viel kann ich sagen: Es wird wohl kaum zu einer einheitlichen Empfehlung aller Beteiligten kommen. Dafür sind die Ansichten der verschiedenen Ministerien beziehungsweise der Koalitionspartner zu unterschiedlich. Aber es gab eine sehr gute gemeinsame Problemanalyse. Wir werden die unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten neutral und fair nebeneinanderstellen.