Bezahlkarten: Sozialgericht Nürnberg - Pauschale Bezahlkarte ist rechtswidrig
Es gibt zwei weitere positive Eilentscheidung eines Sozialgerichts gegen die Bezahlkarte: Das Sozialgericht Nürnberg hat in zwei Beschlüssen vom 30. Juli 2024 (S 11 AY 15/24 ER) entschieden, dass die Ausgabe einer (restriktiven) Bezahlkarte ohne Ermessensausübung und ohne Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls rechtswidrig ist. Daher hat es angeordnet, dass das Sozialamt vorläufig wieder in voller Höhe aufs Konto überweisen muss. Den Beschluss hat Rechtsanwalt Volker Gerloff mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte erstritten.
Die wesentlichen Argumente des Gerichts:
- Für die Umstellung auf eine Bezahlkarte ist ein Verwaltungsakt mit vorheriger Anhörung erforderlich, gegen den dann auch Rechtsmittel möglich sind.
- Hierfür muss das Sozialamt Ermessen ausüben und die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigen.
- Eine pauschale Begrenzung des Bargeldbetrags auf 50 Euro ist unzulässig, auch hierfür müsste Ermessen ausgeübt und der jeweilige Einzelfall geprüft werden.
- Eine Bezahlkarte bedeutet eine erhebliche Einschränkung (eingeschränkter Bargeldanteil, Ausschluss von Online-Käufen, Käufe per Überweisung oder Rechnung nur nach Freigabe durch das Sozialamt). Es ist möglich, dass damit das Existenzminimum nicht gesichert ist.
Hier die Beschlüsse des SG Nürnberg: https://t1p.de/xlkpv und im Verfahren S 11 AY 18/24 ER hier https://t1p.de/9o77r
Die SZ dazu: „Die Entscheidung des Sozialgerichts Nürnberg stellt durchaus das bayerische Modell der Bezahlkarte infrage“, sagte dagegen der Sozialrechtler Volker Gerloff, der eine Klägerin vertreten hat. Zwar erteilt das Gericht in seiner Urteilsbegründung der Idee der Bezahlkarte nicht grundsätzlich eine Absage. Es störte sich aber im konkreten Fall an der fehlenden individuellen Prüfung und stellte hier hohe Anforderungen. So müssen die Behörden nach der Vorstellung des Gerichts in jedem einzelnen Fall entscheiden, ob eine Bezahlkarte sinnvoll und angemessen ist. Dafür müssten auch die Betroffenen gehört werden. „Im Klartext muss also jede Bezahlkarte individuell an die Umstände des Einzelfalls angepasst werden, was ein enormer bürokratischer Aufwand wäre.“ https://t1p.de/bx9ks
Dazu noch das LTO: Behörde muss Geflüchteten Geld aufs Konto überweisen: https://t1p.de/a06ta