18. März 2014   Themen

Persönliche Einschätzung der öffentlichen Anhörung zur Petition “Abschaffung der Sanktionen"

Beitrag von Gerhard Schrader, LAG Soziales - DIE LINKE Niedersachsen
18.03.2014
Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

ich nahm gestern als Zuhörer im Europa-Saal des Paul-Löbe-Hauses im Deutschen Bundestag teil.

Ich fand es erschreckend, wie die Parlamentarischen Staatssekretärin Lösekrug-Möller (SPD) ausführte, dass Sanktionen weder gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums noch gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit verstoße. Auch die freie Wahl des Berufs sei gewährleistet und der Gleichheitsgrundsatz gewahrt. Das habe nach ihrer Auffassung das Bundesverfassungsgericht bestätigt.

Dann frage ich mich, warum gibt es Sanktionen, wenn ein Leistungsbezieher  einen Arbeitsplatz ablehnt? In Artikel 12 Grundgesetz ist geregelt, das jeder Deutsche das Recht hat Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Weiter heißt es in Artikel 12 Grundgesetz, dass niemand zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden darf.

Aber durch Sanktionen wird der Leistungsbezieher gezwungen jede Arbeit aufzunehmen. Denn die Konsequenz wäre Leistungsentzug. Wenn angeblich der Leistungsgrundsatz gewahrt wird, wie Frau Lösekrug-Möller behauptet, warum werden dann unter 25-jährige härter bestraft als über 25-jährige? Aus dem Gesetz geht hierfür kein wichtiger Grund hervor, der eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes rechtfertigen würde. Der Gesetzgeber hätte begründen müssen warum unter 25-jährige härter bestraft werden müssen als über 25-jährige. Das ist aber im Gesetz nicht geregelt. Somit liegt hier eindeutig eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vor.

Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum wird durch Sanktionen eindeutig verletzt. Denn durch Sanktion wird das "gesetzliche" Existenzminimum, welches ohne Frage nicht das "physische" Existenzminimum darstellt, massiv unterschritten.

Auch behauptete die Vertreterin des Bundesministeriums für Arbeit, dass bei einer Vollsanktion der Krankenversicherungsschutz weiter besteht.

Dies ist mit nichten so. Wenn das Jobcenter keine Leistung mehr leistet, entfällt der Krankenversicherungsschutz. Anders sieht es aus, wenn Lebensmittelgutscheine oder sonstige Sach- oder geldwertige Leistungen gewährt werden, dann lebt der Krankenversicherungsschutz wieder auf. Auf mich wirken die Aussagen von Frau Lösekrug-Möller höchst unqualifiziert.

Inge Hannemann hat an Fallbeispielen gut dargelegt, welche Folgen Sanktionen haben. Dass zum Beispiel Vollsanktionierte keine Mittel für Fahrkarten im Sanktionszeitraum haben, und somit Meldetermine bei einer Vollsanktionierung nicht einhalten können. Auch das Sanktionen als erzieherische Maßnahme dienen sollen. Hier  nimmt  sich eine Behörde heraus, erzieherische Akte an volljährigen Menschen vorzunehmen.

Sie legte auch deutlich an Hand des Regelsatzurteils von 2010 und vom Asylbewerberleistungsgesetzurteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2012 klar, dass das Existenzminimum stets gewährleistet werden muss. Mein Wunsch wäre gewesen,  Inge Hannemann wäre in ihren Ausführungen der Folgen von Sanktionen noch ausführlicher gewesen.

Da wären zum Beispiel: Verschuldung, Stromsperre, keine Arztbesuche, keine Medikamente.

In einer anschließenden Diskussion zwischen Inge Hannemann, Katja Kipping und Zuschauern hat Wolfgang Nešković Bundesrichter a.D. MdB (Parteilos) vorgeschlagen, dass Juristen als Sachverständige geladen werden sollen, da sonst zu befürchten sei, dass die Petition im Sande verläuft.

Ich kann dazu nur sagen: Der politische sowie der gesellschaftliche Druck muss erhöht werden, um dieser Petition eine Chance zu geben. Ich würde  mich freuen, vor Ort Betroffene für Aktionen zu gewinnen.

 


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