14. Juli 2016   Themen

Gute Arbeit ist Gemeinwohl!

Michael Schlecht, MdB, wirtschaftspolitischer Sprecher Fraktion DIE LINKE – 14.07.2016

Sicherung der Beschäftigung, Tarifbindung, Erhalt der Betriebsratsstrukturen – mit diesen Bedingungen erteilte Wirtschaftsminister Gabriel eine Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser‘s Tengelmann durch Edeka. Das Oberlandesgericht Düsseldorf stoppt die Ministererlaubnis u.a. mit der skandalösen Begründung, Tarifbindung und Betriebsratsstrukturen seien keine zu berücksichtigenden Gemeinwohlgründe. Das Urteil offenbart, dass das ganze Verfahren der Fusionserlaubnis geändert werden muss.

Für die 16.000 Beschäftigten bei Kaiser’s Tengelmann ist das Urteil ein schwerer Schlag. Völliges Unverständnis über die Entscheidung und die Begründung des Oberlandesgerichts herrscht in der Belegschaft. Die Unsicherheit über ihre Jobs ist wieder da. Die Hoffnung liegt jetzt darin, dass die Entscheidung des Eilverfahrens noch im ordentlichen Verfahren wieder gekippt wird.

 

Die Ministererlaubnis kann über den engen Rahmen, der durch das Kartellamt anzulegen ist, weitergehende Gemeinwohlgründe berücksichtigen für eine Fusion.

Das Kartellamt hat bei einer geplanten Fusion im Wesentlichen nur zu prüfen, ob es zu einer weiteren Marktkonzentration in der betroffenen Branche kommt. Im konkreten Beispiel ging es um einen Marktanteil von 0,6 Prozent – regional teilweise mehr – welchen Kaiser’s Tengelmann auf die Waage bringt. Dieser zwar kleine Marktanteil erhöht ohne Zweifel die Marktmacht von Edeka. Das gleiche würde auch für eine Übernahme durch Rewe gelten. Die Übernahme war so oder so nach den Regeln des Kartellamtes nicht zustimmungsfähig. Die Liquidation von Kaiser’s Tengelmann würde ebenfalls unweigerlich zu einer weiteren Konzentration der Marktmacht der verbleibenden großen Lebensmitteleinzelhandelskonzerne führen.

In dieser Situation war die Ministererlaubnis unter den Bedingungen, Beschäftigung, Tarifbindung und Betriebsratsstrukturen zu erhalten, nachvollziehbar und zu begrüßen. Mit den Bedingungen betrat Minister Gabriel rechtliches Neuland.

Es muss klargestellt werden, dass Tarifbindung und Betriebsratsstrukturen Gemeinwohlgründe darstellen. Es darf nicht sein, dass zwar der Erhalt von Arbeitsplätzen berücksichtigt werden kann, aber nicht deren Qualität. Es macht sehr wohl für die Beschäftigten einen Unterschied, ob sie nur noch zum Mindestlohn und gesetzlichen Mindesturlaub weiterbeschäftigt werden, oder unter Tarifbindung. Arbeitsplatzsicherung und der Schutz von Arbeitnehmerrechten müssen ein zentrales Kriterium im Kartellverfahren sein.

Die Ministererlaubnis in der jetzigen Form muss gleichwohl geändert werden. Gewichtige Fusionsentscheidungen dürfen nicht allein dem Kartellamt und einer Ministererlaubnis vorbehalten bleiben. In der Vergangenheit wurde bereits ziemlich viel Schindluder mit der Ministererlaubnis getrieben. Und es muss sichergestellt werden, dass ein Oberlandesgericht nicht ohne weiteres eine derartige Entscheidung torpedieren kann. Das setzt auch eine höhere Transparenz von Fusionsentscheidungen insgesamt voraus.

Aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung von Großfusionen muss in letzter Instanz das Parlament befinden. Dem Wirtschaftsminister käme die Aufgabe zu, dem Parlament einen Beschlussvorschlag vorzulegen. Der Bundestag hätte den Vorschlag zu debattieren und zu entscheiden. Der Beschluss des Parlaments wäre dann durch den Wirtschaftsminister zu vollziehen.

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