24. November 2019   Themen

Petitionsübergabe "Keine Abschiebungen nach Afghanistan"

Diese Petition kann weiter wachsen

23. Nov. 2019 — 

Am 20.11.2019 um 11 Uhr übergaben die Initiatoren der Online-Petition „Keine Abschiebungen nach Afghanistan!“ knapp 112.000 Unterschriften vor dem Bundeskanzleramt.

Die Ärzteorganisation IPPNW fordert die Bundeskanzlerin und den Bundesinnenminister aus diesem Anlass erneut auf, die Abschiebungen nach Afghanistan unverzüglich zu stoppen.

Das Auswärtige Amt muss eine vollständige und unvoreingenommene Einschätzung der Sicherheitslage in Afghanistan vornehmen, die die Erkenntnisse internationaler Organisationen angemessen berücksichtigt.


Vor drei Jahren hatten IPPNW-Ärzt*innen die Online-Petition „Keine Abschiebungen nach Afghanistan!“ gestartet.  Anlass war der erste Abschiebeflug aus Deutschland nach Kabul. Inzwischen wurden mit 29 Flügen 756 Menschen gegen ihren Willen in ein Krisen- und Kriegsgebiet abgeschoben, obwohl die Sicherheitslage

In Afghanistan immer schlechter wurde und wird. Weit mehr als die Hälfte der abgeschobenen Geflüchteten lebte zuvor in Bayern. „Wer vor Krieg, Elend und Tod Schutz suchende Menschen dorthin zurück zwingt, verstößt bewusst gegen die Grundwerte der EU und gegen unser Grundgesetz“, erklärt Dr. Thomas Nowotny, Initiator der Petition.

 

Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete verstoßen unmittelbar gegen das Recht auf Leben.

Dieses Recht wird unter anderem durch Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte geschützt.

Laut einer kürzlich erschienen Studie im Asylmagazin 8-9/2019 über abgeschobene Afghanen waren 90 % der Untersuchten, die sich länger als zwei Monate im Land aufhielten, massiver Gewalt ausgesetzt (Folter, Misshandlung, Schläge, psychische Bedrohung, Anschläge), meistens als Bestrafung für ihre Flucht zum Feind.*

 

Die medizinische Versorgung in Afghanistan ist schon seit Langem durch extremen Mangel, unkontrollierbar schlechte Qualität und ökonomischen Ausschluss gekennzeichnet. Das Gesundheitswesen ist zum einen durch die große und stetig zunehmende Zahl derer belastet, die durch Kampfhandlungen, Attentate, Sprengfallen und Minen verwundet oder kriegsbedingt traumatisiert werden.

Offiziell mussten allein in 2019 181 medizinische Einrichtungen schließen und nur 27 konnten wieder eröffnet werden. Zum anderen scheitert bei den noch verfügbaren Einrichtungen die Behandlung oft daran, dass professionelles Personal, angemessene Ausrüstung und Medikamente nur unzureichend oder gar nicht zur Verfügung stehen.

 

Trotzdem werden Abschiebungen in das Kriegs- und Krisengebiet unter dem immer unglaubwürdiger werdenden Vorwand der „innerstaatlichen Schutzalternative“ von den Behörden und Verwaltungsgerichten veranlasst. Seit Dezember 2016 fliegen meist in monatlichen Abständen Sammelcharter aus Deutschland nach Kabul. Interessant in diesem Zusammenhang sind zeitliche Entwicklung und geographische Streuung der BAMF-Bescheide. So bekamen 2015 noch 77 % der Antragsteller einen Schutz zugesprochen, während es trotz massiver Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan 2018 nur noch 52 % waren. Politischer Druck muss als wahrscheinlichste Ursache für diese Entwicklung angenommen werden.

2018 wurden bundesweit 58 % der negativen BAMF-Bescheide zu Afghanistan durch Verwaltungsgerichte aufgehoben. Soweit die IPPNW-Pressemitteilung vom 20.11.2019.

Zu den  aufgeführten 111.296 Unterschriften kamen inzwischen noch 100 online und über 500 auf Papier dazu, so dass die Zahl von 112.000 fast erreicht ist - ein Zeichen, dass die Petition lebt und weiterhin das Anliegen vieler Menschen ist, denen die Menschenrechte am Herzen liegen!

*https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Forum/150/Abschiebung_in_den_Krieg.pdf

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