29. Oktober 2020   Themen

Anlässlich des Pflegegipfels - "An Schräubchen gedreht"

Liebe Genossinnen und Genossen, gern weise ich euch anlässlich des "Pflegegipfels" und der aktuellen Berichterstattung zur Frage der Ausbildung in der Pflege auf einen Artikel aus der heutigen Ausgabe der jungen Welt hin. Mit sozialistischen Grüßen Pia Zimmermann

Aus: junge Welt, Ausgabe vom 29.10.2020, Seite 5 / Inland GESUNDHEITSWESEN IN DER BRD

An Schräubchen gedreht
»Pflegegipfel«: Berufliche Besserstellung geplant – Probleme der Branche bestehen aber fort


Von Bernd Müller

Pflegeberufe sind gefragt. Das teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Im vergangenen Jahr haben demnach 71.300 Personen eine Ausbildung in einem Pflegeberuf begonnen, was einem Plus von 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Probleme, die es in dieser Branche gibt, spielt das Amt allerdings herunter: Eine Fachkraft in der Krankenpflege verdiene schließlich gut 3.500 Euro brutto im Monat.

»Jubelmeldungen über steigende Ausbildungszahlen in der Pflege verschleiern die Probleme im Beruf«, kommentierte Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion Die Linke im Bundestag, die aktuelle Analyse des Statistischen Bundesamtes. Zur Wahrheit gehöre auch, dass die Abbrecherquote in den Pflegeberufen in den vergangenen zehn Jahren bis zu einem Drittel eines Ausbildungsjahrgangs betrug.



Zwar erwähnt das Statistische Bundesamt die hohe Arbeitsbelastung des Pflegepersonals, doch ging es nicht näher darauf ein. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege waren statt dessen am Dienstag Thema im Bundeskanzleramt. Dort tagte ein »Pflegegipfel« im Rahmen der »Konzertierten Aktion Pflege«, an der neben Bund und Ländern verschiedene Verbände, Kirchen und Institutionen beteiligt sind. Es sei eine Vielzahl von Vereinbarungen getroffen worden, die nun nach und nach umgesetzt werden sollen, teilte das Bundeskanzleramt im Anschluss mit.

Verdi begrüßte in einer Erklärung die Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), das Pflegepersonal besser vor zu hoher Arbeitsbelastung schützen zu wollen; gleichzeitig mahnte die Gewerkschaft »nachhaltige Lösungen« an. »Es ist politisch einiges auf den Weg gebracht worden«, sagte Verdi-Vorstand Sylvia Bühler im Anschluss an den Gipfel. Allerdings würden die Probleme nicht gelöst, wenn an den kleinen Schräubchen gedreht werde. Mehr Entschlossenheit forderte Bühler ein.

Vor dem »Pflegegipfel« hatte Zimmermann eine »Revolution« bei der Finanzierung der Pflegeversicherung gefordert. Diese sei Voraussetzung dafür, der Mehrbelastung des Pflegepersonals Rechnung zu tragen – »durch mehr Lohn, zusätzliche Beschäftigte und bessere Arbeitsbedingungen.«

Wie wichtig diese »Revolution« ist, machte Franz Knieps, Vorsitzender des Dachverbands der Betriebskrankenkassen (BKK), gegenüber der FAZ am Dienstag deutlich: Der jüngst ausgehandelte Tarifabschluss im Pflegesektor wecke in ihm »zwiespältige Gefühle«. Die Lohnerhöhung sei »eine Art Geschäft zu Lasten Dritter«, monierte er, und ermöglicht habe dies die Ausgrenzung der Pflegekosten aus der Krankenhausfinanzierung. Im Ergebnis würden solche Lohnerhöhungen »auf eine Selbstbedienung« hinauslaufen.

Worauf Knieps unter anderem anspielt, ist, dass die höheren Lohnkosten bislang über den Eigenanteil der Patienten finanziert werden. Dem will allerdings Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nun zeitweilig einen Riegel vorschieben. Anfang Oktober hatte er eine Reform der Pflegeversicherung skizziert und eine Forderung aufgenommen, für die Verbände seit längerem eintreten: Der Eigenanteil der Patienten soll gedeckelt werden, für maximal drei Jahre auf 700 Euro monatlich.

Der Vorschlag gehe in die richtige Richtung, erklärte der Deutsche Caritasverband am Dienstag. »Wir haben aber andere Vorstellungen von der zeitlichen Begrenzung und setzen uns für eine gestaffelte Entlastung ein«, erklärte Vorstandsmitglied Eva Maria Welskop-Deffaa. Unabdingbar sei auch, dass die Bundesländer in die Finanzreform der Pflege einbezogen würden: »Sie müssen zur Finanzierung der Investitionskosten der Einrichtungen unmissverständlich verpflichtet werden.«

 

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