Fiskalpakt: Grüne und SPD werden zu Handlangern der schwarz/gelben Regierung
Kommentar: Roswitha Engelke
Werden deutsche Politiker zunehmend verfassungsfeindlich?
Bisher gehört in Deutschland noch das Sozialstaatsprinzip neben dem Rechtsstaats-, dem Bundesstaats- und dem Demokratieprinzip zur Grundlage der Verfassungsordnung.
- Das Grundgesetz bestimmt: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ – Grundgesetz: Art. 20 Abs. 1 GG
Nach dem 29.06.2012 wird das Sozialstaatsprinzip nur noch Erinnerung sein und eine "sozialdemokratische" Partei hat dabei mitgewirkt. (Was für eine Ironie.)
DIE LINKE wird als einzige Fraktion den Fiskalpakt am 29. Juni geschlossen ablehnen und nach einer Beschlussfassung sofort das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Dazu ein Beitrag von Michael Schlecht, MdB – Gewerkschaftspolitischer Sprecher im Parteivorstand DIE LINKE und Chefvolkswirt der Fraktion
Feigenblatt für SPD und Grüne
Jetzt wollen SPD und Grüne dem Fiskalpakt am nächsten Freitag, dem 29. Juni zustimmen. Damit wird eine scharf wirkende europaweite Schuldenbremse im Grundgesetz festgeschrieben. Und zwar mit einer „Ewigkeitsgarantie“. In Zukunft kann keine andere Mehrheit im Bundestag die Regelung wieder streichen.
Dann werden die Staatshaushalte auf Teufel komm raus herunter gekürzt, der Sozialstaat europaweit weiter zusammengeknüppelt. Denn: Haushaltssanierung mit Mehreinnahmen durch massive Besteuerung von Vermögenden und Reichen ist nicht vorgesehen! Etwa eine groß dimensionierte europaweite Vermögensabgabe für Millionäre und Milliardäre ist für Union, FDP, SPD und Grüne tabu. Damit wäre es möglich die europaweite Verschuldung massiv zu drücken.
Offiziell erklärten SPD und Grüne in den letzten Wochen, sie wollten nur zustimmen, wenn eine Finanztransaktionssteuer und Wachstumsimpulse gleichzeitig mit vereinbart würden. Angeblich sei dieses Ziel jetzt erreicht. Das „Entgegenkommen“ der Regierung ist jedoch mehr als dünn und vage, es gleicht einem Feigenblatt für SPD und Grüne. Und um mehr ging es nie.
Dies wurde auch in den Verhandlungen deutlich. Ich habe selbst erlebt, wie in der Arbeitsgruppe Wirtschaft SPD und Grüne ihre ohnehin bescheidenen Forderungen eher bettelnd vortrugen. Sie hätten offensiv mit der Verweigerung der Zustimmung im Parlament drohen können. Da sie das nicht wollten, haben sie damit auch nicht gedroht.
Bis Ende 2012 wird eine europäische Regelung für eine Finanztransaktionssteuer angestrebt. Dazu müssen mindestens neun Länder gefunden werden, die mitmachen und sich in wenigen Monaten einigen. Die Gefahr des Scheiterns ist riesengroß. Ist dies der Fall, dann „wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, eine Besteuerung in möglichst vielen Mitgliedsstaaten im Rahmen der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit zu erreichen,“ so heißt es in dem Beschlusspapier. Na prima, sagt sich da die FDP, dann wird es wohl kaum bis zur nächsten Bundestagswahl eine Finanztransaktionssteuer geben.
Hinzu kommt, dass „die Auswirkung der Steuer auf … die Realwirtschaft (!!! d.V.) zu bewerten und negative Folgen zu vermeiden“ sind. Na, noch besser, sagt sich da FDP-Mann Brüderle, da haben wir einen weiteren Hebel um die Finanztransaktionssteuer ins Leere laufen zu lassen. Denn: Eine Finanztransaktionssteuer ohne „negative Folgen“, also Kosten für „die Realwirtschaft“ ist schier undenkbar.
Und es soll Wachstumsimpulse geben! Das naheliegende wird komplett ausgeblendet, ist überhaupt nicht diskutiert worden: Auf Druck vor allem von Merkel wird Europa bis 2014 mit Sozial- und anderen Haushaltskürzungen von mehr als 500 Milliarden Euro überzogen. Dies hat zur Folge, dass die Wirtschaft nicht nur in Griechenland, sondern auch in Spanien und Italien immer stärker einbricht und der Kollaps droht. Wer meint diese gefährliche Logik verstanden zu haben und Wachstum fordert, der müsste ja wohl erst einmal diese Kürzungen stoppen. Oder zumindest massiv abschwächen.
Staatdessen wurde in der Arbeitsgruppe Wirtschaft im Sandkasten gespielt. Als die Bundesregierung versprach sich für eine Kapitalaufstockung um zehn Milliarden bei der Europäischen Investitionsbank stark zu machen, geriet der Unterhändler der SPD, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil vor Verzückung glatt ins Schwärmen. Schnell wurde ausgerechnet, dass so in den nächsten vier Jahren zusätzliche Kredite von 60 Milliarden Euro möglich sein könnten.
Ein „wunderbarer" Wachstumsimpuls: Erst knüppelt man die Länder mit Kürzungen von mehr als 500 Milliarden herunter und dann bietet man ihnen Kredite von vier mal 15 Milliarden an. Wenn viele Unternehmen dann erst mal pleite sind, wird es auch keine Kreditnachfrage geben.
SPD und Grüne haben ihr Feigenblatt. Sie wollen von Anbeginn an die Schuldenbremse, die sie ja für Deutschland selbst vor wenigen Jahren mit eingeführt haben, auf Europa in verschärfter Form übertragen. SPD und Grüne wollen faktisch ihre Politik der Agenda 2010 fortsetzen. Deshalb stehen sie an der Seite von Merkel und Brüderle. Die Dramatik beschreibt der Österreichische Wirtschaftswissenschafter Stephan Schulmeister: „Gegen den Fiskalpakt ist Hartz IV eine Lappalie.“
Dazu ein Link zu den Nachdenkseiten