24. Juli 2012   Themen

Bundesverfassungsgericht kippt Asylbewerberleistungsgesetz

Roswitha & Ulrich Engelke (KV Helmstedt), Gerhard Schrader (KV Wolfenbüttel)

Seit 1993 befand sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in den Händen der Hartz-IV-Parteien. Seit damals war das BMAS nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) per Verordnungsermächtigung verpflichtet, die Leistungen den Teuerungen entsprechend anzupassen.

Es geschah jedoch in der gesamten Zeit absolut nichts. Keiner der Minister der Kohl-, Schröder- und Merkelregierungen hielt es für nötig, in dieser langen Zeit den in Deutschland Schutzsuchenden ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Durch die Par-teien von CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne zieht sich offensichtlich eine ungeheure Menschen-verachtung.

Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem Urteil endlich dafür gesorgt, dass Asylbewerber wenigstens den Hartz-IV-Satz als Lebensgrundlage erhalten. In Familien mit Kindern bedeutet das in Einzelfällen nahezu eine Verdopplung der Einkommen, denn Kinder waren nach dem Gesetz besonders benachteiligt. Die Not in diesen Familien war dementsprechend furchtbar. Als einzige positive Kraft zeigte sich DIE LINKE.. In dem Urteil werden mehrfach sogar Kleine Anfragen der Bundestagsfraktion zur Situation der Asylbewerber zitiert.

Das Urteil ist vielfach bedeutsam, da es nicht nur Asylbewerber betrifft, sondern weitgehend allgemein zur Gewährleistung des Existenzminimums ausführt und sich in weiten Teilen auf das Urteil des BVerfG zum Existenzminimum vom 09.02.2010 bezieht. Damals wurde bereits vom BVerfG definiert, dass es sich beim Anspruch auf ein sozio-kulturelles Existenzminimum um ein Grundrecht handelt.

Das jetzige Urteil zum AsylbLG konkretisiert und stärkt dies Grundrecht. Neu ist, dass es als allgemeines Menschenrecht deklariert wird. Das BVerfG definiert unter Randziffer 94 weiterhin, dass der internationale Pakt von 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (PwskR) zu den Regeln des Existenzminimums gehört.


Der Pakt erklärt erstens im Artikel 2, dass soziale Rechte diskriminierungsfrei sein müssen und dass zweitens ein Recht für jeden auf einen angemessenen Lebensstandard besteht. Daneben wurde mit dem internationalen Vertrag das Recht auf Arbeit und ein kostenloser Hochschulzu-gang ausdrücklich vereinbart.
Der Bundesregierung ist aber nicht nur die fehlende Anpassung der Asylbewerberleistungen an ein menschenwürdiges Leben vorzuwerfen. Die Menschenverachtung der Regierung und von CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne geht erheblich weiter, denn auch das Urteil des BVerfG von 2010 zum Existenzminimum wird an einen entscheidenden Punkt hintertrieben. Vor über zwei Jahren wurde bereits definiert, dass der Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum absolut sei. Seit damals werden jedoch weiterhin mit dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Sanktionen nach § 31 SGB-II) grundgesetzwidrig Leistungen für Bedürftige unterschlagen. Die Unterschlagung von Sozialleistungen hat also Methode.

Bei Hartz-IV geht es vor allen Dingen darum, einen Druck auf den Arbeitsmarkt aufzubauen, damit die Löhne in Deutschland niedrig bleiben bzw. weiter absinken - es geht um Ausbeutung durch Billiglöhne. Außerdem wurde faktisch das Grundrecht auf die freie Wahl eines Arbeitsplatzes beseitigt - ein Bruch des oben genannten internationalen Paktes.
Da offensichtlich die Bundesregierung Probleme hat, das Wort "absolut" im zweiten Leitsatz des Urteils vom 09.02.2010 zu verstehen, hat jetzt des BVerfG in seinem Urteil zu, AsylbLG den Begriff unter Randziffer 120 präzisiert. Es führt aus, dass das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss. Es ist aber mit Sicherheit anzunehmen, dass die Bundesregierung diese Verpflichtung des BVerfG selbstverständlich weiterhin ignoriert.

 

Links:

Urteil BVerfG zum Existenzminimum von 2010
Urteil BVerfG zum AsylbLGesetz

Klage – und Widerspruchsbegründung zu Sanktionen nach § 31 SGB-II (inkl. div. Links)

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Flüchtlingsinfo Berlin: Tipps zum BVerfG-AsylbLG-Urteil

 

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