Soziale (Lohn-)Gerechtigkeit á la SPD
Michael Schlecht, MdB – Chefvolkswirt der Fraktion DIE LINKE und Gewerkschaftspolitischer Sprecher im Parteivorstand – 31. Januar 2013Am letzten Wochenende entschloss sich die SPD dazu, die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes zu stellen. Eigentlich prima. Denn die SPD hätte viel wieder gut zu machen. Sie war es ja, die in Tateinheit mit den Grünen die Verhältnisse am Arbeitsmarkt auf den Kopf gestellt hat. Zum Beispiel durch Befristungen, Leiharbeit, Minijobs, Werkverträge und Scheinselbstständigkeit.
Es gibt also viel wieder in Ordnung zu bringen.
Vor allem auch bei der vollkommen unbefriedigenden Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst. Um rund zehn Prozent sind die Löhne seit 2000 für die dort Beschäftigen zu wenig erhöht worden. Dies ist der Befund, wenn man als Maßstab den „verteilungsneutralen Spielraum“, also Produktivitäts- und Preissteigerung anlegt.*
Ver.di geht jetzt in die Lohnrunde für die Beschäftigen der Länder. Die Forderung von 6,5 Prozent mehr Lohn ist in Anbetracht der Verluste eher bescheiden.
Bei den Löhnen im öffentlichen Dienst könnten sich SPD-Minister sofort beweisen, dass sie für soziale Gerechtigkeit eintreten. Sie brauchten nicht bis zur Bundestagswahl zu warten.
Aber wenn es nicht um muntere Wahlversprechen geht, sondern konkrete Politik, lauert die Enttäuschung. Verhandlungsführer der Arbeitgeber ist der SPD-Minister aus Sachsen-Anhalt Jens Bullerjahn. Er hat im Vorfeld schon deutlich gemacht, dass er die ver.di-Forderung für unrealistisch hält und vielmehr für Schuldenabbau ist: „Ich will die Tilgungsleistung erhöhen und nicht die Personalausgaben.“
Und in Baden-Württemberg tut sich der SPD-Finanzminister Nils Schmid damit hervor, dass er höchstens einen Abschluss von 1,5 Prozent für denkbar hält. Ein SPD-Minister tritt damit für eine weitere Reallohnsenkung ein, denn die Preise werden mit Sicherheit um mehr als 1,5 Prozent steigen. Nachdem Grün/Rot bereits Wahlversprechen gebrochen und 6000 Lehrerstellen abbauen will, sollen jetzt auch die Beschäftigen im öffentlichen Dienst bluten. Wg. der Haushaltslage.
Die knappen Kassen sind ein durch SPD und Grüne selbst geschaffenes Drangsal. Die Steuergeschenke an Reiche und Konzerne aus den Jahren 2001 bis 2011, die sich aus den Steuerreformen der rot-grünen und rot-schwarzen Bundesregierungen ergaben, belaufen sich zusammengerechnet auf rund 600 Milliarden Euro. Mit einem Bruchteil davon hätte man verhindern können, dass die Beschäftigen um rund zehn Prozent abgehängt wurden!
Und die Schulden in Deutschland sind nicht dadurch entstanden, dass zu viel Geld für ein höheres Rentenniveau oder bessere Bildung ausgegeben wurde. Allein die Bankenrettungen seit 2008 haben die deutschen Staatsschulden um knapp 400 Milliarden Euro erhöht. Von Überlegungen, wie man sich dieses Geld bei den Reichen und Vermögenden wiederholen kann, findet sich bei der SPD nichts. Lieber werden normale Beschäftige zur Kasse gebeten. Soziale Gerechtigkeit à la SPD.
Am Ende werden die Kolleginnen und Kollegen versuchen sich selbst zu helfen: durch Streiks. Dies ist sinnvoll und notwendig. Solidarität von der Linken ist ihnen gewiss. Aber gerade bei den Landesbeschäftigten, die besonders schwierige Kampfbedingungen haben, wird der Arbeitskampf immer nur stückchenweise weiterhelfen und nicht zur vollständigen Beseitigung aller Lohnungerechtigkeit führen.
Dazu ist mehr notwendig: einen wirklichen Politikwechsel! Dafür steht DIE LINKE.