Pressemitteilung des LSG Niedersachsen-Bremen: Minderjährige Asylbewerber - Ablehnung medizinischer Leistungen nur mit besonderer Begründung
Zusammenfassung von Claudius Voigt: Im Ergebnis bedeutet das, minderjährige AsylbLG-Grundleistungsberechtigte haben grundsätzlich einen Anspruch auf Behandlung, wie sie auch die Gesetzliche Krankenversicherung vorsieht. Einschränkungen des Behandlungsumfangs sind fast immer unzulässig.
Das LSG begründet dies unter anderem mit Verfassungsrecht (Art. 1 i. V. m. Art. 20 GG), mit Art. 3 UN-Kinderrechtskonvention (Vorrang des Kindeswohls) und Art. 21 EU-Aufnahmerichtlinie (besondere Bedürfnisse von Schutzbedürftigen). Für volljährige Leistungsberechtigte im Asylverfahren ist das LSG Hessen bereits im Jahr 2018 ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass die Krankenbehandlung grundsätzlich dem Umfang der Gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen muss (LSG Hessen, Beschluss vom 11.07.2018 - L 4 AY 9/18 B ER. Es hat dies ebenfalls damit begründet, dass eine schlechtere Gesundheitsversorgung verfassungswidrig (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG) wäre. Eine verfassungskonforme Auslegung von § 4 und 6 AsylbLG führt dazu, dass der Anspruch auf Krankenbehandlung dem Niveau der GKV entsprechen muss. Das heißt für die Praxis: Falls die Behörden die Kostenübernahme für eine notwendige Behandlung ablehnen sollte, die die Gesetzliche Krankenversicherung übernehmen würde, sollten dagegen auf jeden Fall Rechtsmittel eingelegt werden (Widerspruch, Klage und parallel Eilantrag).
Beschluss LSG Niedersachsen – Bremen vom 20. Juni 2023, L 8 AY 16/23 B ER, PM dazu: https://t1p.de/77jne