13. Juni 2015   Themen

Niederlage für Obama beim Handelsabkommen TTIP

Ausgerechnet für eines der Prestigeprojekte seiner zweiten Amtszeit bekommt der US-Präsident kein grünes Licht. Damit hängt auch das Handelsabkommen TTIP mit elf pazifischen Staaten in der Luft.

 

Obama hat mit seinen Plänen für Freihandelsabkommen mit der EU (TTIP) und dem Pazifikraum (TPP) eine persönliche Niederlage hinnehmen müssen. Das Repräsentantenhaus in Washington blockierte ein Gesetz, das dem Staatsoberhaupt die Verhandlungen über die Vereinbarungen erleichtern sollte. Besonders bitter für Obama: Viele demokratische Abgeordnete stimmten gegen das Vorhaben. Dabei hatte der Präsident kurz zuvor mit einem seltenen Besuch im Kongress noch versucht, die Skeptiker in seiner Partei umzustimmen.

Das Repräsentantenhaus votierte zwar mehrheitlich für die sogenannte Trade Promotion Authority (TPA). Kurz zuvor hatte die Kongresskammer aber gegen ein Hilfsprogramm für US-Arbeitnehmer gestimmt, die von Jobverlagerungen ins Ausland betroffen sind. Beide Maßnahmen sind miteinander verknüpft, damit hängt das TPA-Gesetz, das auch "Fast Track" (Überholspur) genannt wird, im Repräsentantenhaus fest.

Der Senat hatte das beschleunigte Verhandlungsmandat für Obama vergangenen Monat verabschiedet, allerdings war auch hier der Widerstand gegen das Gesetz groß gewesen.

Das TPA-Vorhaben hänge nun "im Bahnhof fest", sagte Nancy Pelosi, Demokratin und ehemalige Sprecherin im Repräsentantenhaus. Das Handelsgesetz ist eines von Obamas Prestigeprojekten seiner zweiten Amtszeit. Es würde ihm Befugnisse erteilen, um Handelsabkommen auszuhandeln, die der Kongress annehmen oder ablehnen, nicht aber verändern könnte. Damit könnte Obama langwierige Beratungen umgehen.


US-Gewerkschaften sind gegen Handelsabkommen

Großes Thema beim Besuch des DGB-Chefs Rainer Hoffmann in Washington sind die Verhandlungen über TTIP. Die amerikanischen Gewerkschaften wollen das transatlantische Handels- und Investitionsabkommen keinesfalls. Derweil hat sich in der amerikanischen Politik eine seltene Koalition gebildet.

In einem sind sich die deutschen und die amerikanischen Gewerkschaften besonders einig: Die geplanten Investitionsschutz-Schiedsgerichte sollten nicht in das TTIP-Abkommen aufgenommen werden, so der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Rainer Hoffmann bei seinem Besuch in Washington.

"Nicht zustimmungsfähig sind die Vorkehrungen für den Investorenschutz. Hier sind private Schiedsgerichte vorgesehen, fernab jeglicher Transparenz, fernab jeglicher staatlicher Regulierung."

Damit würde internationalen Konzernen ermöglicht, das jeweilige Landesrecht zu unterlaufen, so der gemeinsame Standpunkt des DGB und des amerikanischen Gewerkschaftsverbandes AFL-CIO.

Die Obama-Administration argumentiert dagegen, dass diese Schiedsgerichte nur zur Anwendung kommen, wenn eine ausländische Firma gegenüber inländischen Firmen diskriminiert wird.
Diskriminierungsschutz über Bürgerrechtsgesetzgebung

Der DGB stimmt sich mit den amerikanischen Gewerkschaften ab – diese sind noch sehr viel kritischer gegenüber TTIP eingestellt, und wollen das Abkommen auf keinen Fall. Sie befürchten den Verlust von Arbeitsplätzen. Der DGB teilt diese Befürchtungen. Aber: TTIP könne auch zu einem Vehikel für internationale Arbeitsstandards werden, so Rainer Hoffmann.

"Dass damit Grundlagen geschaffen werden für ein faires Handelsabkommen, wo beispielsweise die Grundrechte der Arbeitnehmer, so wie sie in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation niedergeschrieben sind, dort auch praktisch zur Anwendung kommen."

Das aber ist bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im Kongress unwahrscheinlich. Denn die USA haben die von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgesetzten Kernarbeitsnormen, wie die Vereinigungsfreiheit oder den Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz nicht ratifiziert. Diskriminierungsschutz wird in den USA über die Bürgerrechtsgesetzgebung hergestellt. Und das Recht auf gewerkschaftliche Organisation und kollektive Verhandlungen muss in einem Betrieb erst in einer Abstimmung mehrheitlich von den Arbeitnehmern beschlossen werden.
Gewerkschaftsfeindliches politisches Klima

Der republikanische Kongress will keine internationalen Rechtsnormen ins amerikanische Arbeitsrecht integrieren. Dazu kommt, dass in vielen Bundesstaaten das politische Klima sehr gewerkschaftsfeindlich ist. Deswegen ist eine Aufnahme der internationalen Kernarbeitnehmerrechte in das TTIP-Abkommen so gut wie ausgeschlossen.

In Washington hat sich in der TTIP-Frage eine seltene Koalition von Republikanern und Weißem Haus gebildet. Obamas Demokraten wollen gegen die sogenannte Trade Promotion Authority stimmen. Sie würde es Obama erlauben, zunächst ein Abkommen auszuhandeln und dann ohne irgendwelche Änderungsklauseln darüber im Kongress abstimmen zu lassen.
Mehr zum Thema:

Fischen in der Nebelbank - Wie sich der Berliner Politikbetrieb zu TTIP positioniert
(Deutschlandfunk, Dossier, 15.05.2015)

TTIP - "Es gibt keine Gewinner oder Verlierer"
(Deutschlandfunk, Interview, 21.04.2015)

Pro & Contra TTIP - Was bringt das Freihandelsabkommen?
(Deutschlandradio Kultur, Im Gespräch, 18.04.2015)

Debatte um TTIP - "Der Teufel steckt im Detail"
(Deutschlandradio Kultur, Interview, 18.04.2015)

TTIP-Abkommen - Ein internationaler Schiedsgerichtshof für alle Abkommen
(Deutschlandradio Kultur, Interview, 25.03.2015)

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