04. August 2016   Themen

Die Deutsche Bank kennt kaum Skrupel

Quelle: ZEIT ONLINE, Nr. 16/2016

Von Hauke Friederichs<

Zu Rheinmetall, dem Panzergeschäft mit Katar und dem Deal mit Algerien nahm die Commerzbank gegenüber der ZEIT nicht Stellung. Zu tatsächlichen oder mutmaßlichen Kundenbeziehungen könne man sich "mit Blick auf das Bankgeheimnis nicht äußern". Rheinmetall allerdings teilte im vergangenen Jahr mit, dass die Commerzbank beim Abschluss eines Konsortialkredits über 500 Millionen Euro geholfen habe,

gemeinsam mit zwei weiteren Banken. 2014 informierte der Rüstungskonzern zudem seine Investoren, dass die Commerzbank im November vorübergehend mehr als neun Prozent der stimmberechtigten Anteile an dem Unternehmen gehalten habe.

Die Commerzbank steht mit solchen Geschäften keineswegs allein da. Auch die HypoVereinsbank, die deutsche Tochter des italienischen Finanzkonzerns UniCredit, investiert laut der Studie von Facing Finance und urgewald in die Rüstungsindustrie. Genauer: angeblich in ausländische Konzerne wie Northrop Grumman aus den USA, Produzent des B2-Tarnkappenbombers und der Spionagedrohne Global Hawk. Auch die neue Kampfdrohne X-47B, ein unbemannter Bomber, kommt aus den Werkhallen von Northrop Grumman. Zu den Geschäftspartnern der Bank gehöre zudem Lockheed Martin. Der US-Konzern produziert unter anderem die Kontrollsysteme für Atomwaffen und Interkontinentalraketen, die Nuklearsprengköpfe tragen können.

Atomwaffenproduzenten als Geschäftspartner schließt die HypoVereinsbank-Mutter eigentlich aus: "Die UniCredit beteiligt sich auf Empfehlung einer internen Analyse nicht an Finanztransaktionen in Zusammenhang mit der Herstellung, Wartung oder dem Handel mit umstrittenen/unkonventionellen Produkten wie etwa Atomwaffen, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen, Streubomben, Minen und angereichertem Uran." Fragen der ZEIT zur Kreditvergabe an Unternehmen, die Atomwaffen herstellen, beantwortete die HypoVereinsbank nicht konkret.

Auch die Deutsche Bank gibt an, keine Produkte anzubieten, die mit der Herstellung und dem Verkauf von Kernwaffen, Streumunition und Landminen oder der Missachtung der Menschenrechte in Verbindung stünden. Doch in der Studie Die Waffen meiner Bank ziehen die Verfasser ein ganz anderes Fazit. Darin heißt es: "Die Deutsche Bank kennt kaum Skrupel und unterhält zu fast allen großen Rüstungskonzernen (...) Geschäftsbeziehungen: Dazu zählen auch 8 der 10 weltweit größten Waffenhersteller, die allesamt in die Herstellung von Atomwaffensystemen verstrickt sind und Rüstungsgüter in Krisengebiete exportieren (...) oder an Staaten liefern, die Menschenrechte missachten." Die Deutsche Bank äußert sich zu den Vorwürfen nicht.

Auch einige Landesbanken spielen nach Angaben von Facing Finance und urgewald eine wichtige Rolle bei der Finanzierung der Rüstungsindustrie. Barbara Happe von urgewald sieht das kritisch: "Diese Institute stehen unter besonderem staatlichen Einfluss und sollten keine U-Boot-Geschäfte mit Ägypten oder Panzerdeals mit Katar querfinanzieren." Besonders das Engagement der Bayerischen Landesbank verärgert Happe. "Die BayernLB ist ein ausgesprochenes Negativbeispiel. Diese Bank hat nur sehr vage Richtlinien zum Umgang mit Rüstungsproduzenten und schreckt vor nahezu keinem Investment zurück." So sei auch Northrop Grumman, "Marktführer bei der Entwicklung automatisierter Waffensysteme", ein Kunde der BayernLB. Die BayernLB teilte auf Anfrage der ZEIT mit, dass sie die Finanzierung von Unternehmen ausdrücklich ausschließe, "die kontroverse beziehungsweise geächtete Waffen herstellen".

Thomas Küchenmeister von Facing Finance setzt derweil auf kleine Schritte. Nach der Ächtung der Streumunition will er nun bei Massenvernichtungswaffen weiterkommen. "In Irland und in der Schweiz gibt es ein Investment- beziehungsweise Finanzierungsverbot in Atomwaffen", sagt Küchenmeister. "Warum haben wir so etwas nicht in Deutschland?" Er betont die hohe Bedeutung der Banken für die Rüstungsindustrie: "Die Geldinstitute können als Kapitalgeber und Anteilseigner erheblichen Einfluss auf die Rüstungsindustrie ausüben, dieser Verantwortung müssen sie endlich nachkommen."

 

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