29. April 2011   Themen

Jobwunder zum 1. Mai?

Michael Schlecht, MdB – Chefvolkswirt Fraktion DIE LINKE –
Gewerkschaftspolitischer Sprecher im Parteivorstand DIE LINKE – 29. April
2011

Passend zum 1. Mai verkündet Arbeitsministerin von der Leyen einen
neuerlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit auf 3,08 Millionen. Wenn sie
rund eine Million Arbeitslose noch hinzuzählen würde, wäre sie dichter
an der Wahrheit. Alleine fast 400.000 Arbeitslose werden nicht mitgezählt,
weil sie älter als 58 Jahre sind.
Schaut man genauer in die Statistik der Bundesagentur, dann offenbart sich,
wie viele bereits ins Abseits gedrängt wurden. 830.000 Menschen beziehen
Arbeitslosengeld I, mehr als 4,7 Millionen Arbeitslosengeld II. Sie sind
erwerbsfähig und finden keinen Job.

Oder nur menschenunwürdige bei denen
sie so wenig verdienen, dass sie nicht aus der Abhängigkeit vom
Arbeitslosengeld II heraus kommen. Das sind die rund 1,4 Millionen
„Aufstocker“. Mit mehr Vollzeitjobs und dem Mindestlohn von 10 Euro
könnte dieser Skandal, der die Sozialkassen mehr als zehn Milliarden Euro
kostet, weitgehend beseitigt werden.

Das vermeintliche Jobwunder wird auch bejubelt, weil es mittlerweile wieder
28 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftige gibt. Rund 700.000
mehr als noch vor einem Jahr. Nur dieser Erfolg beruht zu einem großen
Teil auf Leiharbeit, befristeten und anderen miesen Jobs.

Eine richtige „Erfolgsbranche“ ist die Leiharbeit. Innerhalb eines
Jahres ein Plus von 200.000. Mittlerweile ist die Millionengrenze längst
überschritten. Ein absoluter Rekord. Selbst im „Musterländle“
Baden-Württemberg waren im letzten Jahr mehr als 80 Prozent aller
Neueinstellungen nur Leihjobs! So wird Lohndumping betrieben. Es gibt 30
bis 50 Prozent weniger Lohn als für die „Stammbelegschaft“. Und man
kann jederzeit raus fliegen. Die relative Arbeitsplatzabsicherung in der
Krise 2009 durch Kurzarbeit galt nicht für Leihjobs.

Und dann die Mini-Jobs. Davon kann man eigentlich nicht leben und nicht
sterben. 7,3 Millionen solcher „Jobs“ gibt es, rund 1,6 Millionen mehr
seit 2003. 4,6 Millionen Frauen arbeiten in Mini-Jobs, 3,3 Millionen
bestreiten alleine so ihren Lebensunterhalt. Wenn Frau Glück hat, dann hat
sie zwei, drei oder vier dieser Jobs, die in der Regel mit mickrigen
Löhnen bezahlt werden. Und später führt dies geradewegs in die
Altersarmut.

Bei Hartz IV geht es nicht „nur“ um sechs Millionen unmittelbar
Betroffene. Es geht um 20 bis 30 Millionen Erwerbstätige. Sie alle wissen,
dass sie bei Verlust des Arbeitsplatzes nach einem Jahr in ein tiefes Loch
fallen. Nicht nur, dass „Armut per Gesetz“ droht. Nicht nur, dass
manche ihr in einem langem Arbeitsleben erarbeitete Häuschen verkaufen
müssen. Nein, sie wissen, dass sie zu jedem miesen und schlecht bezahlten
Job gezwungen werden können. Für 2,50 das Klo putzen, für 3,50 den Hof
kehren, das ist zuweilen die Ansage. Ohne Rücksicht auf bisherige
Tätigkeiten und Qualifikationen droht die Entwürdigung.

Dies alles, weil unter dem Applaus von Union und FDP die Steinmeiers,
Künasts und Trittins – und wie sie alle heißen –, den Fortfall des
Zumutbarkeitsschutzes durch Hartz IV 2003 beschlossen haben.

All diese Missstände, die sich hinter dem „Jobwunder“ verbergen,
werden erst beseitigt sein, wenn die Agenda 2010 wieder überwunden ist.
Dafür streitet DIE LINKE!

 

 

Suche

 
 
 

Rosa Luxemburg Stiftung

 

Besucherzähler

Heute10
Gestern13
Woche47
Monat185
Insgesamt94833
 

Anmeldung