Handelsstreit mit den USA - Eine harte Reaktion Europas ist unausweichlich
Süddeutsche Zeitung
2. Juni 2018, 19:48 Uhr
Gerade Deutschland hat als Exportnation bei einem Handelskrieg viel zu verlieren: Hier bespricht sich die Kanzlerin mit dem französischen Präsidenten und der britischen Premierministerin bei einem Gipfeltreffen Mitte Mai in Sofia.
(Foto: REUTERS)
Das war der erste Schritt in den Handelskrieg. Präsident Trumps Strafzölle auf Stahl und Aluminium gelten seit Freitag auch in Europa, Kanada und Mexiko. Der volkswirtschaftliche Schaden mag zunächst begrenzt sein, das legt die gelassene Reaktion der Weltbörsen nahe.
Noch ist ja eine Wende, die Rückkehr zu zivilisiertem Verhalten leicht möglich (und auch nicht ganz ausgeschlossen, angesichts des Entscheidungswirrwarrs im Weißen Haus). Die politischen Folgen aber sind schon jetzt verheerend. Die Europäer müssen die Tatsache akzeptieren, dass der amerikanische Präsident keine Verbündeten mehr kennt. Handelspartner behandelt er wie Gegner, wenn nicht gar Feinde.
Den Europäern bleibt nichts anderes übrig, als entschlossen ihre Interessen wahrzunehmen. Die in Brüssel vorbereiteten Vergeltungszölle auf Harley-Davidsons, Orangensaft oder was auch immer müssen schnell umgesetzt werden, auch wenn Trump mit Gegenzöllen auf europäische, sprich: deutsche Autos droht.
Man kann einen Konflikt nicht dadurch entschärfen, dass man den Aggressor gewähren lässt
Die Warnungen einiger Wirtschaftsvertreter in Deutschland vor einer "Eskalation" des Konflikts sind gut gemeint, gehen aber am Problem vorbei, solange sie sich an beide Seiten richtet. Man kann einen Konflikt nicht dadurch entschärfen, dass man den Aggressor gewähren lässt.
Deutschland hat als Exportnation bei einem Handelskrieg sehr viel zu verlieren. Es ist daher noch mehr als andere auf europäische Solidarität angewiesen. "Unsere Antwort auf America First kann nur heißen: Europe united" - der Satz von Außenminister Heiko Maas trifft die Sache genau, aber er muss Konsequenzen haben.
Angesichts des drohenden Handelskonflikts ist es noch wichtiger, dass Paris und Berlin eng zusammenarbeiten, dass also die Bundesregierung auf Präsident Macron zugeht und seine Reformvorschläge für Europa endlich ernst nimmt.
Elementar wichtig ist für Europa, dass die Welthandelsorganisation funktionsfähig bleibt. Die WTO wurde 1994 in besseren Zeiten von 124 Staaten gegründet, sie war aber im Kern ein europäisch-amerikanisches Projekt.