29. Januar 2019   Themen

Eine Schande: Das Land entzieht sich der Verantwortung und der Steuerzahler wird zur Kasse gebeten!

Quelle: Die Welt: Stand: 28.01.2019 | 
Niedersachsens Finanzminister Hilbers (CDU) will die Nord/LB mit Steuermitteln sanieren. In der Bilanz der Landesbank klafft eine milliardenschwere Kapitallücke. Die Gefahr ist groß, dass die Bank zum Fass ohne Boden wird.
Am 22. Januar hat die Landesregierung von Niedersachsen einen historischen Entschluss gefasst. Ab dem Jahr 2020, so teilte Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) im Anschluss an das Treffen des rot-schwarzen Kabinetts mit, solle auch für sein Bundesland die Schuldenbremse gelten. Eine entsprechende Maßgabe für die Politik werde noch in diesem Jahr in die Landesverfassung aufgenommen.

Danach soll sowohl das amtierende als auch jedes folgende niedersächsische Kabinett nicht mehr Geld ausgeben dürfen, als es einnimmt. Das könnte nun deutlich schwieriger werden, als es für das hoch verschuldete Land im Norden ohnehin schon ist.

Denn auf Niedersachsen, seine Landesregierung und die Steuerzahler, wälzt sich langsam, aber offenbar unaufhaltsam eine Ausgabenlawine zu, die alle bisherigen Finanzplanungen über den Haufen werfen könnte. Die Nord/LB, Niedersachsens Haus- und Landesbank, braucht dringend frisches Eigenkapital.

Steuerzahler sollen für Kapitallücke aufkommen

Trotzdem ist man dort entschlossen. Die Kapitallücke der Nord/LB soll, wenn irgend möglich, mit öffentlichen Mitteln überbrückt werden. Und das, obwohl am Wochenende auch zwei US-Finanzinvestoren ihren Hut in den Ring geworfen haben. Laut Finanzkreisen buhlen die Beteiligungsgesellschaften Cerberus und Centerbridge gemeinsam um die Landesbank. Cerberus kontrolliert zusammen mit einer Investorengruppe bereits die HSH Nordbank.

Nach den Plänen der Staatskanzlei am Maschsee aber soll das Land, mit 59 Prozent mit Abstand größter Anteilseigner des Instituts, mit 2,5 Milliarden Euro den Löwenanteil an der Rettungsaktion tragen. Und damit auch die niedersächsischen Steuerzahler. Zweieinhalb Milliarden sind ein Batzen Geld, mit dem man, wie die oppositionelle FDP ausgerechnet hat, sämtliche Schultoiletten Niedersachsens 20-mal sanieren könnte. Und eigentlich sollten in Deutschland ja nie wieder Steuerzahler für die Rettung einer Bank einstehen müssen.

Sachsen-Anhalt, das mit fünf Prozent an der Nord/LB beteiligt ist, sowie die Sparkassenverbände von Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern (zusammen 35 Prozent) sollen mit mehreren Hundert Millionen dabei sein. Auch die Sicherungssysteme der Sparkassen und anderen Landesbanken müssten sich an dem Rettungsmanöver beteiligen. Spätestens im Februar, so der in der vergangenen Woche unter Aufsicht der Europäischen Zentralbank ausgeheckte Plan, soll das Rettungspaket unter Dach und Fach sein.

Aber auch eine direkte Beteiligung privater Investoren an der Nord/LB ist immer noch möglich. Die konkurrierenden Private-Equity-Investoren Cerberus und Centerbridge legten am Samstagmorgen ein unveröffentliches Angebot für 49,8 Prozent der Kern-Aktiva der Landesbank vor. Der Vorschlag enthält unter anderem, dass die beiden Investoren mehr als eine Milliarde Euro in die NordLB einbringen, wobei das Land Niedersachsen, der kontrollierende Eigentümer, auch neue Mittel zur Verfügung stellen müsste, hieß es in Finanzkreisen. Chancen, aber auch Risiken, die mit dem Betrieb der bedrängten Nord/LB verbunden sind, werden deshalb in jeden Fall beim Steuerzahler verbleiben.

Sanierung einer Landesbank ist schon einmal gescheitert

Für Hilbers bestätigt das Angebot der Investoren, dass die Bank ein gutes Potenzial hat. Die Offerte werde zügig ausgewertet und mit den wichtigen Stakeholdern erörtert, sagte der Finanzminister: „Zugleich forciere ich weiterhin die Gespräche mit dem öffentlich-rechtlichen Sektor.“ Ihm sei wichtig, eine nachhaltige und auf Dauer tragfähige Lösung mit einer profitablen Struktur zu erreichen. „Ein bloßes ,Weiter so‘ oder eine kurzfristige Maßnahme kann es nicht geben“, sagte er am Wochenende.

Die Öffentlichkeit, so heißt es aus dem Kabinett in Hannover, müsse sich gedulden, bis das Geschäft – sei es mit Sparkassen und Landesbanken, sei es doch noch mit privaten Investoren – unter Dach und Fach ist. Grüne und FDP, das immerhin, wollen sich für eine Sondersitzung des Landesparlaments zum Thema Nord/LB einsetzen, sind dafür wegen der Mehrheitsverhältnisse aber auf den guten Willen der Niedersachsen-GroKo angewiesen. Allein sind der Opposition in ihrem Bemühen um Transparenz im Umgang mit den Steuermilliarden die Hände gebunden.

Dabei ist das, was die Landesregierung in diesen Tagen versucht, nur 160 Kilometer weiter nördlich schon einmal gründlich in die Hose gegangen. In Hamburg, wo die Hansestadt und das Land Schleswig-Holstein vor ziemlich genau zehn Jahren ihrer Landesbank ebenfalls mithilfe der Steuerkasse das Überleben gesichert haben. In den Jahren 2008 und 2009 steckten die beiden Bundesländer ebenfalls gut drei Milliarden Euro in ihre kriselnde Landesbank, bürgten darüber hinaus allerdings noch für weitere zehn Milliarden.

Politiker betonten „große Bedeutung“ für die Region

Hamburgs damaliger Finanzsenator Michael Freytag und der Kieler Finanzminister Rainer Wiegard (beide CDU) zeigten sich damals ähnlich selbstgewiss wie ihr niedersächsischer Parteifreund Reinhold Hilbers zehn Jahre später. Mit den ebenfalls hinter verschlossenen Türen ausgehandelten Finanzspritzen, so das Duo Freytag/Wiegard unisono, seien „die entscheidenden Weichen für die Zukunftsfähigkeit der HSH Nordbank gestellt“.

Beide begründeten ihre Entscheidung mit der „großen Bedeutung“, die die HSH für die Wirtschaftsregion habe, dass sie quasi unverzichtbar sei für Wachstum und Wohlstand im Norden der Republik. Das teure Ergebnis dieser Plädoyers ist bekannt.

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