29. Februar 2012   Themen

Griechenland noch mehr Sozialabbau

Eine Delegation der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grünen Linken (engl.Confederal Group of the European United Left/Nordic Green Left) GUE/NGL

nach Athen vom 22. -24. 2.2012, um die Solidarität der gesamten Fraktion zu überbringen.Teilnehmende Mitglieder des Europäischen Parlaments:
Patrick le Hyaric; Gabi Zimmer; Sabine Lösing; Miguel Portas; Paul Murphy; Joao Ferreira; Georgios Toussas; Kyriacos Triantaphyllides; Nicolaos Chountis; Charalampos Angourakis

Diese Delegation wurde von den Mitgliedern der GUE/NGL beschlossen, um den Menschen in Griechenland, die gegen die Austeritätspolitik der Troika kämpfen, eine Botschaft der Solidarität zu überbringen. Ebenso um vor Ort die Informationen über die Dimensionen der Sparpolitik zu erklären und um eine linke politische Strategie zu diskutieren.
Bei den Gesprächen mit den in bedrohten sozialen Einrichtungen arbeitenden Menschen, wie etwa dem Projekt, welches für einkommensschwache und /oder kinderreiche Familien günstig den Erwerb von Wohnraum fördert, wurde das Ausmaß der Austeritätspolitik deutlich. Denn diese soll, so wurde deutlich, neben den monetären Einsparungen auch gesellschaftliche Solidarstrukturen verhindern, Arbeitnehmerrechte abbauen und Gegenmacht gezielt schwächen.
Dieses Projekt wird überwiegend paritätisch von Arbeitnehmern/innen und Arbeitgebern finanziert. Eine Streichung bringt kaum mehr Geld in öffentliche Kassen, verringert aber die Kosten der Arbeit durch eine indirekte Senkung der Lohnnebenkosten und zerschlägt organisierte gesellschaftliche Strukturen. Auch die Angriffe der Troika auf die Tarifautonomie und auf das Streikrecht zielen bewusst auf die Zerschlagung demokratischer Errungenschaften ab und sind zutiefst reaktionär.
Der Besuch bei den streikenden Stahlarbeitern in Elefsina, die bis dato seit 120 Tagen gegen Kurzarbeit ohne Lohnausgleich und für die Wiedereinstellung entlassener Kollegen kämpfen, stellte den Höhepunkt der zweitägigen Reise dar. Nach eigenen Aussagen streiken sie auch für alle anderen, die von den Beschneidungen ihrer Rechte und den Folgen der europäischen Spardiktate betroffen sind. Dieser Streik hat einen hohen Symbolwert für die gesamte Protestbewegung in Griechenland, denn ähnliche Maßnahmen gegen die Beschäftigten gibt es in dem ganzen Land und der Streik in Elefsina ist ein positives Signal für andere Kämpfe in Griechenland.
Daher gibt es auch eine große Solidarität aus der Bevölkerung mit den Streikenden: Lebensmittel, finanzielle Unterstützung und Solidaritätsbotschaften aus der ganzen Welt helfen den Menschen den Streik durchzustehen. Die teilnehmenden Parlamentarier/innen bekräftigten ihre Solidarität in verschiedenen Redebeiträgen und erläuterten ihre Ablehnung der Politik der Troika. Die Streikenden machten deutlich, dass es ein wichtiger Akt der Solidarität sei, wenn sich die anwesenden Politiker/innen in ihren Ländern für die Interessen der Beschäftigten und die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen einsetzten.
Gespräche mit Abgeordneten der kommunistischen Partei KKE und dem Linksbündnis Syriza vertieften die Analyse der Situation und warfen Fragen über die linken Perspektiven auf.
Die Mitglieder der KKE setzten sich ganz klar für einen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone und der gesamten Europäischen Union (EU) ein. Aus ihrer Sicht hat die griechische Ökonomie nur jenseits der EU eine wirkliche Perspektive. Sowohl die meisten Mitglieder des Europäischen Parlaments als auch die Mitglieder von Syriza sahen die Perspektive Griechenlands nicht so deutlich außerhalb der EU. Bei allen Gesprächen wurde jedoch klar, dass nur ein grundlegenden Wechsel der Politik und der Wirtschaftsordnung – und zwar auf anderer EU-vertraglicher Grundlage ein adäquates Mittel gegen die Kriese sein kann. Eine Wiederbelebung der Sozialdemokratie und ihrer rückwärtsgewandten Austeritätspolitik wurde überwiegend abgelehnt.
Wichtig ist es, neben den Zielen eines kompletten Schuldenschnittes, der Demokratisierung der EZB und der Finanzmarktkontrolle etc. aktuell die Arbeitskämpfe zu unterstützen, lokale Basisstrukturen zu stärken, die Angriffe auf die zivilgesellschaftliche Gegenmacht zu kompensieren. Die griechische Gesellschaft ist in hohem Maße politisiert, es gibt starke linke Gewerkschaften, eine ausgeprägte Kultur der Solidarität und der Basisdemokratie, also viele Ressourcen für eine progressive Entwicklung. Es wird mit großer Spannung darauf geschaut, ob die Wahlen in Griechenland und die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen eine relevante Veränderung in den Machtverhältnissen mit sich bringen werden.
Die Folgen der Krise in Athen sich deutlich sichtbar. Viele Geschäfte sind geschlossen, man sieht lange Schlangen vor sozialen Einrichtungen und überall schlafende Menschen in Hauseingängen u.ä. mit Bettdecken, Kissen, Gepäck, Hausrat, etc. In den Gesprächen mit den griechischen Bürgern wird eine sehr bedrückende und von Ausweglosigkeit gezeichnete Stimmung deutlich.
Die Analysen beschreiben klar den Sachverhalt, dass die Umverteilung der Vermögen der Bevölkerung auf die Finanzinstitute, die Demontage sozialer und demokratischer Rechte in Griechenland kein Einzelfall sind, sondern ein Test für andere europäische Länder.
Ein Abgeordneter von Syriza sagte:“ Die Bilder von der griechischen Gegenwart können Bilder von der Zukunft Europas sein“
Von Sabine Lösing, Mitglied des Europäischen Parlament (Abgeordnete aus Niedersachsen)

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