15. August 2020   Themen

Was kann Sassnitz für die Stinkigkeit der USA auf Nordstream 2

 

Quelle: Tagesspiegel

USA droht Bürgermeister von Sassnitz mit Sanktionen

Dazu Bürgermeister Franz Kracht: „Wir lassen uns von niemandem vorschreiben, welche Schiffe wir in unserem Hafen anlegen lassen.“

"Da stehe ich drüber."

Für ihn, Kracht, ist der gegenwärtige Ärger ein Nebeneffekt der Globalisierung. Sie rufe eben selbstherrliche Persönlichkeiten auf den Plan, die bestimmen wollten, was in der Welt passiere. Jedoch, was soll er sich beklagen?

Er ist Nutznießer derselben Globalisierung. Es gäbe die Stadt Sassnitz heute nicht, wenn nicht Fische in so großer Zahl quasi vor der Haustür vorübergezogen wären, dass sich die DDR entschloss, hier eine Fangflotte anzusiedeln. Und Fische, wie man weiß, sind globale Wesen par excellence.

Auf 17.000 Einwohner wuchs Sassnitz bis zur Wende an, weshalb Frank Kracht von seinem Geburtsort mit seinen weiß getünchten Urlaubsresidenzen und pittoresken Villen gerne als „Arbeiterstadt“ spricht.

Von der Fischerei, die dem Ort 1957 Stadtrecht bescherte, ist nicht mehr viel übrig. Doch Sassnitz baute sich mit Fährverbindungen nach Bornholm und Südschweden ein neues Standbein auf. Und dann sind da immer noch die Touristen, die an einem Tag wie diesem zahlreich über Steine ins Meer klettern.

„Da stehe ich also drüber“, sagt Kracht mit Blick auf den Drohbrief.

 

Trotzdem regt ihn auf, „Gipfel der Unverfrorenheit“, dass sich erstmals in dem seit Jahren schwelenden Konflikt Strafen gegen Personen richteten, die gegen keinerlei Gesetz verstießen, sondern nur ihren Job täten. Das gehe beim Wachmann im Hafen los und höre bei der Sekretärin des Geschäftsführers auf. Was könnten die 70 Mitarbeiter dafür, dass Amerika eine Pipeline verhindern wolle?

Wahrscheinlich nehme man sie in dem Kampf um geopolitischen Einfluss gar nicht wahr, vermutet Kracht. Die Amerikaner wollten ein Licht austreten, und die Sassnitzer seien nur Funken im Wind.

In gewisser Weise wiederholt sich in Sassnitz das altbekannte Spiel. Der Ort hätte 1986 keinen zusätzlichen Hafen bekommen, wenn die Sowjetunion mit dem Erstarken der polnischen Solidarnosc-Bewegung nicht um ihre Transportsicherheit hätte fürchten müssen. Polen war zu unsicher.

Deshalb haben sie jetzt im Mukran Port noch immer Gleise in den Maßen der russischen Breitspur liegen. Sassnitz sei das westlichste Ende der Transsibirischen Eisenbahn gewesen, meint Frank Kracht. Es überrascht da vielleicht nicht zu erfahren, dass Kracht daran arbeitet, auch das westliche Ende der Seidenstraße zu werden. Jedenfalls bietet der Hafen heute regelmäßige Güterverbindungen nach Baltijsk in der russischen Enklave an, wo ein Arm des chinesischen Seidenstraßen-Projekts endet. „Wir bringen die Schiene auf die Ostsee“, lautet Krachts Motto.

 

Das Amt des Bürgermeisters bekleidet der Parteilose, der der Linken nahesteht, seit Dezember 2015. Schon unter seinem Vorgänger sei Mukran von einem reinen Fähr- zu einem Multifunktionshafen ausgebaut worden. Es gibt zahlreiche industrielle Ansiedelungen auf dem Gelände.

Für die Trawlerflotte etwa, die einen Großteil der deutschen Heringsfangquoten abfischt. Für Windanlagen-Betreiber, die von Mukran aus ihre Offshore-Parks versorgen. Betonteile für die Kopenhagener U-Bahn wurden hier gefertigt und die Pipelineröhren mit Beton ummantelt. Die Arbeiten für Nord Stream 2 hat das Unternehmen abgeschlossen. Tausende fertige Rohre liegen bereit zur Montage. Mukran dient als Logistikzentrum für Gazprom.

Bürgermeister Kracht hatte in letzter Zeit zu viel mit den Folgen der Corona-Pandemie zu tun, um sich Sorgen über mögliche Sanktionen zu machen. -

Für Deutschland ist es an der Zeit Mutti USA daraufhinzuweisen, dass es 1. erwachsen ist, 2. der EU angehört und nicht der 51. Bundesstaat der USA ist. Das gilt für ganz Europa. Emanzipation ist angesagt.

 

 

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