03. Mai 2012   Themen

Fusionen: Deutschland auf dem Weg zum Zentralstaat

NKomVG, §  2 (1) Die Gemeinden sind die Grundlage des demokratischen Staates

Finanzkrise bedroht Selbstverwaltung.
Die Wirtschaft brummt. Gleichzeitig stehen viele Städte und Gemeinden Niedersachsens vor dem finanziellen Kollaps. 

Allein in den sechs  Jahren 2009 bis 2014 werden die niedersächsischen Kommunen mit fast 7,5 Milliarden Euro Defizite anhäufen, die noch um zwei Drittel höher liegen als die gesamten Fehlbeträge der 19 Jahre von 1990 bis 2008 (4,6 Milliarden Euro).

Dieses scheinbare Paradox erklärt die aktuelle Denkschrift "Existenzfragen kommunaler Selbstverwaltung - kommunale Finanzlage im Gesamtbild" des Niedersächsischen Städtetags (NST), die durch seinen Präsidenten, Oberbürgermeister Frank Klingebiel, seinem Stellvertreter Ulrich Mädge (Lüneburg) und Hauptgeschäftsführer Heiger Scholz vorgestellt wurde.

 

Nach Auffassung des NST ist durch die Finanzkrise der Kommunen nicht nur die kommunale Selbstverwaltung bedroht, sondern es wird auch die Axt an den Föderalismus gelegt.  

Das Fazit der Langzeitanalyse: Das Rekorddefizit ist Ausdruck einer langfristigen politischen Fehlentwicklung, die sich immer weiter beschleunigt. Dabei sieht der kommunale Spitzenverband als Kernursachen für die nie gekannte Dimension des Problems:

* Permanent seien den Kommunen durch Bund und Land per Gesetz neue Aufgaben zugewiesen worden.
* Nur selten hätten diese dafür einen echten finanziellen Ausgleich beschlossen.
* Gegen diese Tendenz aber könnten sich Städte und Gemeinden faktisch nicht wehren.


Begünstigt werde sie durch den nicht ausreichenden Schutz der Kommunen im Grundgesetz und in der Landesverfassung: Ihnen fehlten nämlich harte Schutzregeln in den Verfassungen, um die kommunale Selbstverwaltung wirksam zu schützen.

Dieser Konstruktionsfehler habe mittlerweile dramatische Folgen: 1970 betrugen die kommunalen Investitionen noch das Achtfache der Sozialausgaben, inzwischen nur noch gut die Hälfte. So sei die kommunale Selbstverwaltung zum Lastesel des unterfinanzierten und überforderten Sozialstaats geworden. Klingebiel: "Wir haben einen Punkt erreicht, an dem es kein 'Weiter so' nach Gutdünken und Kassenlage von Bund und Land mehr geben darf. Wir brauchen in unserer Landesverfassung die gerichtsfeste Garantie einer krisenfesten finanziellen Mindestausstattung."

Zugleich sieht der NST das Land und seine Kommunen als Schicksalsgemeinschaft, weil ein erheblicher Teil der Probleme und Risiken auf Bundesebene und im Bereich politisch sensibler Themenfelder liege. Keine Seite könne die bisherigen Probleme und künftigen Risiken wie Demographie, Schuldenbremse und Zinsentwicklung allein bewältigen. "Deshalb müssen wir enger zusammen rücken. Natürlich ist die Diskussion um die Gewerbesteuer für uns wichtig. Und sicher gehen Ansätze wie Zukunftsvertrag und Konnexitätsprinzip in die richtige Richtung.  Aber Stückwerk reicht nicht mehr aus. Wir fordern die Landesregierung dazu auf, den Dialog mit uns über die großen Finanzthemen erheblich zu vertiefen und verstetigen", fordert  Mädge. In einem solchen, dauerhaft eingerichteten Gremium sei eine regelmäßige gemeinsame Analyse der Lage und Handlungsmöglichkeiten auf Einnahme- und Ausgabenseite möglich. Längerfristig wirkende Themen wie die Schuldenbremse oder finanzpolitische Auswirkungen der demografischen Entwicklung müssten einbezogen werden.

"Die Kommunen müssen ihre Finanzautonomie wiedererlangen, sonst werden Schuldenbremse, Demographie oder Zinsentwicklung mittelfristig die Axt nicht nur an die kommunale Selbstverwaltung, sondern auch an den Föderalismus legen: Wenn die Bürger nämlich das Vertrauen in die örtliche Demokratie verlieren, bedroht das unser ganzes Staatswesen", so  Klingebiel abschließend.

 

Suche

 
 
 

Rosa Luxemburg Stiftung

 

Besucherzähler

Heute9
Gestern13
Woche46
Monat184
Insgesamt94832
 

Anmeldung