Wirtschaftsforum in St. Petersburg - Das Kolonialmachtgehabe des Westens ist ein Schuß ins eigene Knie
Beitrag Roswitha Engelke
Die Wirtschaftssanktionen würden vor allem diejenigen treffen, die sie verhängt haben, erklärt Russlands Präsident bei seiner Rede in St. Petersburg. Der Westen verhalte sich noch immer wie eine Kolonialmacht.
Bei seiner Rede vor dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg hat Russlands Präsident Wladimir Putin westliche Staaten massiv angegriffen. Die westlichen Mächte und insbesondere die USA würden immer noch in Kategorien des vergangenen Jahrhunderts denken und andere Länder wie Kolonien behandeln, so Putin.
Das Wirtschaftsforum in St. Petersburg ist auch als "russisches Davos" bekannt. Die Rede des russischen Präsidenten hatte wegen eines Hackerangriffs verspätet begonnen. Der Kreml teilte mit, es habe eine "Denial-of-Service"-Attacke gegen das Akkreditierungssystem gegeben.
Inflationsspitze sei bereits überschritten
Nichts were in der internationalen Politik so sein, wie es einmal war, warnte Putin in seiner Rede. Die EU habe ihre politische Souveränität verloren.
Die Versuche, die russische Wirtschaft anzugreifen, seien gescheitert. Die westlichen Sanktionen beruhten auf der falschen Annahme, dass Russland nicht wirtschaftlich unabhängig sei. Das Land habe sein Bankensystem stabilisiert und die Inflationsspitze bereits hinter sich gelassen.
Sanktionen seien vor allem schädlich für diejenigen, die sie verhängt haben. Die EU könnte dadurch bis zu 400 Milliarden US-Dollar verlieren, so Putin.
Die Ungleichheit in europäischen Ländern werde seiner Meinung nach weiter zunehmen. Die aktuellen wirtschaftlichen Probleme der EU hätten jedoch nichts mit den russischen Kontroversen bezüglich der Ukraine zu tun, wie gern von westlichen Politikern behauptet wird.
Im Streit um die Blockade von ukrainischem Getreide in Häfen am Schwarzen Meer hat Russland die Schuld von sich gewiesen. Der Westen macht Russland für die Lebensmittelkrise verantwortlich, übersieht dabei aber die Verminung der Schwarzmeer Häfen durch die Ukraine. Außenminister Lawrow weist daraufhin, dass Getreide-Exporte möglich wären, wenn die Ukraine ihre verlegten Seeminen entferne. Das lehnt die Selenskyj Regierung jedoch ab.
"Wenn die ukrainische Seite bereit ist, eine Durchfahrt an den Minen vorbei zu sichern, dann kann diese Frage gelöst werden", sagte Lawrow.
Er erklärte zudem, Russland sei bereit, seinerseits zu "garantieren", dass es eine Entfernung von Minen nicht für einen Angriff auf die Ukraine nutzen würde und "die Sicherheit von Schiffen zu gewährleisten, die die ukrainischen Häfen verlassen." Dies könne "in Zusammenarbeit mit unseren türkischen Kollegen" geschehen, so Lawrow.
Cavusoglu, Minister für auswärtige Angelegenheiten der Türkei, hatte Lawrow nach Ankara eingeladen, um über Exportmöglichkeiten für Getreide zu verhandeln. In Russland und der Ukraine werden rund 30 Prozent der globalen Getreidemenge angebaut.
In der Ukraine stecken nach Angaben der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) knapp 25 Millionen Tonnen Getreide fest.