14. Juni 2010   Themen

Aus Unmut wird Protest

Ein Artikel aus der "jungen Welt"

»Die Krise heißt Kapitalismus«. Leittransparent der Berliner Demonstration
Bis zu 42000 Menschen haben sich am Samstag an den Protesten gegen das »Sparpaket« der schwarz-gelben Bundesregierung in Stuttgart und Berlin beteiligt. Unter dem Motto »Wir zahlen nicht für eure Krise« gingen in Berlin 15000 bis 20 000 Menschen gegen die geplanten Kürzungen zulasten von Lohnabhängigen, Erwerbslosen und Familien auf die Straße. In Stuttgart zählten die Organisatoren rund 22000 Teilnehmer.

Parolen wie »Deutschland, Spanien Griechenland. Widerstand in jedem Land« und »Generalstreik« wurden in Berlin gerufen. »30-Stunden-Woche bei vollem Lohn statt Zwangsurlaub und Lohnverzicht« hatten Daimler-Beschäftigte auf ein Transparent geschrieben; »Steuererhöhung für Krisengewinnler« verlangte die Partei Die Linke.
Aufgerufen hatte ein Bündnis aus Gewerkschaften, linken Gruppen und Parteien – auch das Bildungsstreikbündnis und das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC unterstützten die bundesweite Mobilisierung. Gerd Buddin von ver.di Berlin bezeichnete die Pläne der Regierung als »Sauerei« und kündigte den Widerstand der Gewerkschaften an. Die Vorsitzende der Linkspartei, Gesine Lötzsch, erinnerte an das Tempo, mit dem die Bundesregierung 500 Milliarden Euro zur Rettung der Banken mobilisiert hatte, und wies die Behauptung zurück, die Menschen hätten über ihre Verhältnisse gelebt. Neben den Fahnen der Linkspartei und der DKP war die griechische Nationalflagge zu sehen. Mit dem Slogan »Griechen statt kriechen« erteilten Stuttgarter Demonstranten der Stimmungsmache gegen die Sozialproteste der »Pleite-Griechen« eine Absage.

Mehrfach mußte die Berliner Demonstration wegen Rangeleien mit der Polizei anhalten. Als behelmte Beamte in der Torstraße den »antikapitalistischen Block« bedrängten, explodierte am Rand des Zuges gegen 14.15 Uhr ein Sprengsatz, der nach Polizeiangaben zwei Beamte schwer verletzte. Außerdem seien Steine und Flaschen geflogen. Bevor bei der Abschlußkundgebung Greiftrupps der Polizei Jagd auf Verdächtigte machten, hatte sich die Lage zunächst wieder entspannt. Der Lautsprecherwagen des antikapitalistischen Blocks spielte zur Deeskalation das DDR-Kinderlied »Der Volkspolizist«. Als der Protestzug den Alexanderplatz erreichte, war die Mehrheit vom plötzlichen Eingreifen der Polizei überrascht. Mindestens fünf Teilnehmer wurden dabei verletzt, so das Protestbündnis. Die Polizei nahm insgesamt sieben Personen fest, drei davon verdächtigte sie, den Sprengsatz geworfen zu haben. Sämtliche Inhaftierte wurden den Angaben zufolge inzwischen wieder entlassen. Der polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamtes ermittelt wegen versuchten Totschlags.

In Stuttgart sorgte die Rede des SPD-Landtagsfraktionschefs Claus Schmiedel auf der Demonstration für einigen Unmut. Als er auf dem Schloßplatz mit Eiern und Bananen beworfen wurde, stürmten zu seinem Schutz Polizisten auf die Bühne. Die Rolle des DGB wurde in diesem Zusammenhang von einigen Kundgebungsteilnehmern scharf kritisiert. Die SPD, die während ihrer Regierungszeit im Bund zwischen 1998 und 2005 u.a. die Hartz-Gesetze beschlossen hatte, gehörte nicht zu den Unterstützern des bundesweiten Aufrufs.

Quelle: "junge welt"

Autorin: Claudia Wangerin

 

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