04. September 2023   Themen

Russischer Politologe Dmitri Trenin im Gastbeitrag für "NachDenkSeiten": Die Chancen und Herausforderungen der BRICS-Staaten in Johannesburg

Seit dem ersten Gipfel in Jekaterinburg im Jahr 2009 haben die BRICS selten weltweit so viel Interesse auf sich gezogen wie im Vorfeld des 15. hochrangigen Treffens des Blocks in Johannesburg. Etwa 20 Länder stehen auf der Bewerbungsliste, sechs Bewerber, Ägypten, Argentinien, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate wurden am 24. August bereits offiziell aufgenommen. Das ist ein Zeichen der Zeit, das auf zwei Dinge hinweist: die Sehnsucht vieler nicht-westlicher Länder, mehr Einfluss auf die Art und Weise nehmen zu können, wie die Welt regiert wird, und der wachsende Widerstand gegen die eigennützige westliche Dominanz in der Weltpolitik, der Wirtschaft, den Finanzen und den Medien.

 

Die BRICS werden oft mit der G7 verglichen. Auch wenn der Vergleich in gewisser Weise gerechtfertigt ist, unterscheiden sich die beiden Gruppen doch grundlegend in ihren Zielen, ihrer Struktur und ihrer Entwicklung. Die G7 ist politisch, wirtschaftlich und ideologisch homogen, während die BRICS in jeder Hinsicht vielfältig sind; die G7 wird im Wesentlichen von den USA angeführt, wobei die anderen ehemaligen Großmächte diese Führung fraglos akzeptieren, während in den BRICS das wirtschaftliche Gewicht Chinas nicht zu einer Hegemonie Pekings führt; die G7 ist globalistisch in dem Sinne, dass sie versucht, ihre Modelle und Moralvorstellungen auf den Rest der Welt zu projizieren, während die BRICS-Länder sich ganz auf ihre nationale Souveränität konzentrieren. Gleichzeitig ist die G7 eindeutig exklusiv und der Westen steht klar über dem Rest, während die BRICS genau das Gegenteil sind: Sie umarmen die Vielfalt der verschiedenen Zivilisationen und Kulturen.

Die Rolle der G7 ist es, die alte Ordnung, in der der Westen dominiert, zu bewahren; das Ziel der BRICS-Mitglieder ist es, Elemente einer neuen, vielfältigeren und besser ausbalancierten Weltordnung zu schaffen - zunächst einmal untereinander und dann mit Auswirkungen auf die Entwicklung des Weltsystems. BRICS steht nicht für einen Block, ein Bündnis oder eine Koalition. Sie sind der Kern dessen, was man als Weltmehrheit bezeichnen kann, die auf Entwicklung und nicht auf Dominanz abzielt. Der Weg dorthin wird hart und nicht ohne Widerstände sein, aber mit mehr Bausteinen wird schließlich das Fundament einer offeneren und solidarischeren Weltordnung entstehen.

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