20. August 2023   Aktuell

Das Anti-Korruptionsgesetz ein Placebo - Schlupflöcher endlich stopfen

 

Das deutsche Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung ist wegen seiner Schlupflöcher praktisch wirkungslos. Die Masken- oder die Aserbaidschan-Affäre sind laut Transparency International ein gutes Beispiel dafür. (pa/photothek/Thomas Trutschel)


 


"25 Jahre Anti-KorruptionsgesetzNachschärfen gegen Bestechung in der Politik"

Quelle: Deutschlandfunk (Archiv)

Am 13. August 1997 trat in Deutschland das erste Gesetz zur Korruptionsbekämpfung in Kraft. Es regelt Fälle von Bestechung in Verwaltung und Justiz, nicht aber die von Abgeordneten. Anti-Korruptionskämpfer fordern, Schlupflöcher endlich zu stopfen.
„Wir sind hier direkt beim Café Einstein...“ – Auf einem Rundgang durch das Berliner Regierungsviertel. Martin Jähnert vom Verein Lobbycontrol zeigt auf das Gebäude vor ihm, verweist auf die räumliche Nähe von Wirtschaft und Politik.
 
„Besonders interessant ist hier, dass in dem Haus über dem Café Einstein eben auch Lobbyistinnen und Lobbyisten sitzen. (..) Und direkt nebenan das Otto-Wels-Haus, eines der Gebäude, in denen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ihre Büros haben.“

 
Flick-Affäre und der CDU-Spendenskandal
Allzu große Nähe von Politik, öffentlicher Verwaltung, Medien, Justiz und Wirtschaft hat sich in der Geschichte der Bundesrepublik immer wieder als äußerst problematisch herausgestellt – darunter so bekannte Fälle wie die in den 1980er-Jahren aufgedeckte Flick-Affäre und der CDU-Spendenskandal unter Bundeskanzler Kohl.


 

 
Und auch aktuell erregen die Maskenaffäre, bei der ehemalige Abgeordnete der CSU straffrei ausgingen, sowie der Rücktritt von RBB-Intendantin Patricia Schlesinger, gegen die die Berliner Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts auf Untreue und Vorteilsnahme ermittelt, die Gemüter.
 
Bundeskanzler Helmut Kohl am 7. November 1984 vor dem Flick-Untersuchungsausschuss in Bonn: Befragt wurde er zu Spenden des Flick-Konzerns an ihn, einen möglichen Einfluss auf die Flick-Steuerbefreiung sowie zum Fall des danach zurückgetretenen Bundestagspräsidenten Rainer Barzel. (pa/Peter Popp)
 
 Mit einem zentralen Missverständnis will Martin Jähnert bei seinen Stadtführungen jedoch aufräumen. Er hält für falsch, „dass viele Lobbyismus und Korruption im Grunde gleichsetzen. Da gibt es schon einen Unterschied. Nämlich Korruption ist strafbar und Lobbyismus (…) ist einfach der legale Versuch, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Da ist natürlich auch ein grauer Bereich.“

 
Anti-Korruptionsgesetz trat erst 1997 in Kraft – mit Lücken
Vor 25 Jahren, am 13. August 1997, trat das erste Gesetz zur Bekämpfung von Korruption in Kraft. Ein Gesetz, das bis heute nur einen Teil der möglichen Korruptionsstraftatbestände erfasst. Darin heißt es unter anderem: „Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Das Gesetz führte bereits bestehende Regelungen zur aktiven und passiven Bestechung von Amtsträgern in Verwaltung und Justiz, aber auch im Geschäftsverkehr, also im unternehmerischen Wettbewerb, zusammen. Außerdem erweiterte es diese. Was bislang nur für den Amtsträger galt, sollte fortan auch für sogenannte Dritte gelten. Seitdem droht auch Ehepartnern, Freunden und Geschäftskollegen, die als Gegenleistung für eine korrupte Handlung etwa in den Genuss einer neuen Stelle oder zu begehrten Veranstaltungskarten kommen, eine Strafe.
 

 
Der ehemalige NRW-Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet, hier mit Ehefrau Susanne und Sohn Johannes. Der Sohn vermittelte zu Beginn der Pandemie den Kontakt zur Textilfirma van Laack, die später Corona-Schutzausrüstung an die Landesregierung lieferte – ohne vorherige Ausschreibung. (pa/Eventpress)
 

Juristin: Schärfere Sanktionen für korrupte Politiker
Allerdings verweist Angela Reitmaier, die im Vorstand der Antikorruptions-Organisation Transparency Deutschland sitzt, auf eine wichtige Lücke im Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997: „Es regelt nämlich nur die Bestechung in Verwaltung und Justiz, nicht aber die Bestechung in der Gesetzgebung, also die Abgeordnetenbestechung. Die eigentlich auch hätte ausgeweitet werden müssen.“

Dabei wäre eine verschärfte Sanktion des korrupten Verhaltens von Politikern dringend geboten gewesen, betont die Juristin. Die Neuregelung der Abgeordnetenbestechung im Strafgesetzbuch drei Jahre zuvor sei nicht ausreichend gewesen. Dort heißt es in Passus 108e: „Wer es unternimmt, für eine Wahl oder Abstimmung im Europäischen Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen, wird mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

 
Stasi brachte das Misstrauensvotum zum Scheitern
Es ging bei dieser Neuregelung also lediglich um den Stimmenkauf oder -verkauf politischer Mandatsträger. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das gescheiterte Misstrauensvotum gegen Willy Brandt im Jahr 1972. Damals enthielten sich zwei Unions-Abgeordnete – wie sich erst später herausstellte – im Auftrag der DDR-Staatssicherheit – der Stimme, und der Bundeskanzler konnte weiterregieren.
 

 
Nach dem gescheiterten Misstrauensvotum gratuliert der unterlegene CDU-Oppositionsführer Rainer Barzel Bundeskanzler Willy Brandt. Wie später bekannt wurde, beeinflusste die DDR-Staatssicherheit die Abstimmung – und Brandt blieb im Amt. (picture-alliance / dpa)
 
Hartmut Bäumer, Vorstandsvorsitzender von Transparency Deutschland, hält die Neuregelung von 94 für reine Symbolpolitik – die Auswirkungen seien begrenzt: „Was man gemacht hat, das war eindeutig ein Placebo: Der 108e ist für jeden Juristen erkennbar ein Tatbestand, der vielleicht in ein Prozent aller Fälle zu einer Verurteilung führen kann. Das musste jeder sehen und konnte auch jeder sehen. Man wollte es aber nicht sehen.“

 
Politischer Stimmenkauf gesetzlich lange nicht sanktionierbar
Dass man dies nicht sehen wollte, hat historische Gründe. Wenige Jahre nach der NS-Diktatur legte das Grundgesetz – in Abgrenzung zu Amtsträgern des Staates in Verwaltung und Justiz – die besondere Stellung von Bundestagsabgeordneten fest: das freie Mandat. „Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ Kaum nachvollziehbar ist dennoch, dass der Stimmenkauf politischer Mandatsträger vier Jahrzehnte lang in der neuen Bundesrepublik gesetzlich nicht sanktioniert war.
 

 
Das BKA schätzt die Korruption in 2020 auf fast eine halbe Milliarde Euro – im Hellfeld. Das sind aber nur fünf bis zehn Prozent des Dunkelfeldes. (picture-alliance / dpa / Daniel Kalker)
 

„1953 fiel die Abgeordnetenbestechung unter den Tisch“
Ursprünglich hatte bereits das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 außer der Bestechung von Amtsträgern in Verwaltung und Justiz den Kauf der Wahlstimme eines Abgeordneten unter Strafe gestellt. Dieses wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der Bundesrepublik zwar anfangs übernommen, die Regelung zum Stimmenkauf aber sei bald danach weggefallen, sagt Angela Reitmaier von Transparency Deutschland.

„1953 wurden die Wahldelikte neu gefasst, also die Beeinflussung von Wählern und bei dieser Gelegenheit fiel dann die Abgeordnetenbestechung unter den Tisch. Erst 1994 wurde die Abgeordnetenbestechung neu geregelt in Form nur von Stimmenkauf und -verkauf.“

 
Weitgefasster Korruptionsbegriff
Das Thema Korruption haben Politik und Forschung erst seit den 1990er Jahren stärker im Blick. Was darunter zu verstehen ist, wird unterschiedlich definiert. Häufig verwendet wurde in den letzten 20 Jahren jedoch ein Begriffsverständnis, das weit gefasst war – betont Sebastian Wolf, Professor für Sozialwissenschaften an der Medical School Berlin:

„Der Missbrauch anvertrauter Macht zum persönlichen oder privaten Vorteil. Das ist eine Definition, die von Transparency International, also der größten Antikorruptions-Organisation im zivilgesellschaftlichen Sektor, verwendet wird und in kleinen Variationen auch von anderen. Das ist eine Definition, die relativ häufig benutzt wird, aber die auch relativ breit ist. Die also zu breit wäre, um im Strafrecht eingesetzt werden zu können. Weil sie zu unpräzise ist. Der Vorteil ist aber, dass sie relativ viele Fälle umfasst.“
 

Öffentliche Verwaltung als bevorzugtes Ziel von Bestechung
Außerdem sei das Dunkelfeld bei korruptiven Handlungen, wie es auch heißt, besonders groß. Anders als bei Diebstahl etwa hat keiner der Beteiligten Interesse an einer Aufklärung. Wie die jährlichen Daten des Bundeskriminalamtes zeigen, scheint es die öffentliche Verwaltung zu sein, die bevorzugtes Ziel von Bestechung und Vorteilsgewährung ist. Politische Mandatsträger spielen demgegenüber nur eine nachrangige, dafür öffentlichkeitswirksame und damit exponierte Rolle.

In Deutschland hat sich das Ausmaß von korruptem Verhalten im Ganzen in den vergangenen zehn bis 15 Jahren nicht wesentlich verändert, stellt der Kriminalbeamte Ingo Sorgatz mit Blick auf die Statistik fest. Größere Ermittlungsverfahren sorgten gelegentlich für Ausschläge nach oben.
„Das Lagebild vom BKA aus dem Jahr 2020 hat das deutlich gezeigt, dass die korruptiven Strukturen, also die qualitativ hochwertige Korruption, die Bestechung, Bestechlichkeit durchaus präsent sind. Das BKA wertet dann auch immer aus, wie viele Vorteile auf Geberseite erlangt wurden, also wie hoch war der Benefit der Schmierenden. Diese Werte waren insbesondere für 2020 bei fast einer halben Milliarde Euro. Und wenn Sie bedenken, dass das nur das Hellfeld ist, also zehn Prozent oder nur fünf Prozent dessen, was tatsächlich stattfindet, sind das enorme Summen.“


Veränderte Wahrnehmung von Korruption
Korruption gab es immer schon und wird es immer geben – bestätigen die Zahlen also den Allgemeinplatz? Für Jens Ivo Engels hat sich im Wesentlichen die öffentliche Wahrnehmung von Korruption verändert. Die Nachkriegsgesellschaft sei mit dem Phänomen anders, deutlich unaufgeregter, umgegangen – so der Historiker von der TU Darmstadt aufgrund eigener Forschungen über die Geschichte der Korruption:

„In den ersten Jahrzehnten der bundesrepublikanischen Geschichte wurde zwar über Korruptionsfälle diskutiert, aber es war ein weitgehender Konsens vorherrschend, dass es in Deutschland zumindest kein ernstzunehmendes Korruptionsproblem gebe. Das wurde begründet mit der Auffassung, dass deutsche Staatlichkeit, die Tradition des deutschen Beamtentums, aber auch die politische Elite als unkorrupt galten.“

 
„Immer strengere Bewertung“ von Korruption
Das Selbstverständnis eines Nachkriegsdeutschlands, das von Naivität zeugt? Oder eine Haltung, die die junge Demokratie schützen wollte? Tatsächlich hatte die Bundesrepublik bereits im zweiten Jahr ihres Bestehens einen handfesten Skandal. Engels verweist auf die sogenannte Hauptstadtaffäre. Abgeordnete der Bayernpartei gerieten 1950 in den Verdacht, Bestechungsgelder angenommen – und dann für Bonn als Regierungssitz gestimmt zu haben – nicht aber für Frankfurt am Main.

Als weiteren Skandal, in dem es um eine wesentliche staatspolitische Entscheidung gegangen sei, erinnert Engels an das bereits erwähnte gescheiterte Misstrauensvotum gegen Willy Brandt 1972. In beiden Fällen sei darüber direkt und frühzeitig diskutiert worden. Engels: „Wenn man das in Kontrast setzt zu dem, was in den 80er und 90er Jahren an Korruptionsdiskussionen in Deutschland und nicht nur in Deutschland lief, dann hat man den Eindruck, dass die Entscheidungen, die möglicherweise durch Stimmenkauf zustande gekommen sind, immer marginaler wurden, immer weniger weitreichend waren, aber die Bewertung immer strenger wurde.“
Die Öffentlichkeit heute ist deutlich sensibilisierter als früher. An das Verhalten von Politikerinnen und Politikern wird mittlerweile eine hohe Messlatte angelegt. Dienstwagen für private Zwecke zu nutzen, gilt längst nicht mehr als Kavaliersdelikt. Sozialwissenschaftler Sebastian Wolf: „Wir sind besonders streng traditionell im Bereich der öffentlichen Verwaltung, wo man besonders hohe ethische Standards anlegt an die Sachlichkeit und an die Integrität der dort Arbeitenden. (..) Von der Bevölkerung bekommt man mehr und mehr den Eindruck, eigentlich möchte man, dass Politiker sich fast schon wie Verwaltungsangestellte oder wie Beamte verhalten.“


Zunehmendes Misstrauen angesichts von Parteien-Bestechung
Schlägt das Pendel schon in die andere Richtung aus? Wird der politische Bereich ungerechtfertigt streng bewertet? Für Jens Ivo Engels stehen die 80er und 90er Jahre für einen Wendepunkt: Korruption galt nun nicht mehr als gelegentliches Phänomen, sagt der Historiker. Vielmehr habe die Flick-Affäre deutlich gemacht, dass alle etablierten Parteien über Jahre hinweg – entgegen gesetzlicher Vorschriften – Spenden des Flickkonzerns erhalten hatten. Mit Folgen:
 
„In den 90er Jahren kann man den Beginn dessen beobachten, was wir heute als Politikverdrossenheit bezeichnen, also ein zunehmendes Misstrauen, das an die Stelle des Vertrauens getreten ist und dass man im Zweifel nicht für, sondern gegen den Angeklagten argumentiert und davon ausgeht, dass im Zweifel die da oben korrupt und eigennützig sind.“


USA als Vorreiter auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung
Es waren jedoch vor allem internationale Anstrengungen und das Aufkommen zivilgesellschaftlicher Organisationen, die die Korruptionsdebatte befeuerten. Die deutsche Gesetzgebung reagierte darauf. Juristin Angela Reitmaier: „Vorreiter auf dem Gebiet der Bekämpfung von Korruption waren die USA. Sie hatten schon 1977 ein Gesetz gegen korrupte Praktiken im Ausland erlassen, diesen Foreign Corrupt Practices Act. Der war dann auch das Vorbild für die OECD-Konvention gegen Auslandsbestechung, die 1997 aufgelegt wurde.“
Damit wandte sich die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr. Zwei Jahre später gründete der Europarat zur gegenseitigen Kontrolle die sogenannte „Staatengruppe gegen Korruption“. Und 2003 wurde mit der UN-Konvention gegen Korruption die erste umfassende globale Vereinbarung verabschiedet.

Diese ratifizierte die Bundesrepublik erst 2014. Zu einem Zeitpunkt, als das Gesetz zur Abgeordnetenbestechung – 20 Jahre nach seinem Inkrafttreten – erweitert wurde: „Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“


Bestechung findet außerhalb des Parlaments statt
Der Straftatbestand des Stimmenkaufs oder -verkaufs wird hier nicht mehr explizit genannt, fällt aber unter den Begriff Handlungen, der deutlich mehr Möglichkeiten des Fehlverhaltens umfasst. Die Neufassung, ein Erfolg?

Nein, sagt Hartmut Bäumer von Transparency. Dem Juristen geht auch diese Erweiterung im Paragraphen 108e nicht weit genug. Ein Abgeordneter würde sich nur im seltensten Fall bei – Zitat – „der Wahrnehmung seines Mandates“, also im Parlament oder in den Ausschüssen, bestechen lassen. Das würde in der Regel außerhalb dessen stattfinden. Das Gesetz müsste dem Rechnung tragen.

 
Corona-Lage ausgenutzt, hohe Provisionen kassiert und behalten
Wie das Beispiel Maskenaffäre zeigt: Im März 2020 machten der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüsslein und der Bayerische CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter im Auftrag zweier Privatunternehmer möglich, dass Millionen Corona-Schutzmasken an verschiedene Bundes- und Landesbehörden verkauft werden konnten – gegen eine hohe Provision
 
„Man hat die schwierige Ausgangslage, in der das Land zu Beginn der Corona-Krise mit mangelhafter Maskenausstattung stand, ausgenutzt, hat gesagt: Ich besorge euch die Masken zu weit überhöhten Preisen und kriegte dafür, weil man Zugang unter anderem zum Bundesgesundheitsminister und zum Abteilungsleiter dort hatte, kriegte den Zuschlag für elf Euro pro Maske und dann eben im Millionenbetrag und wurde entsprechend vergütet. Und das ist schon aus meiner oder aus Sicht von Transparency, das ist Korruption in diesem Sinne.“

Dass die früheren CSU-Abgeordneten straffrei ausgegangen waren, wurde im Juli vom Bundesgerichtshof für richtig befunden. Sein Argument: Der Gesetzgeber habe mit Paragraph 108e bewusst davon abgesehen, Zitat: „rein außerparlamentarische Betätigungen des Mandatsträgers zu erfassen“.
 

 
„Man hat die schwierige Ausgangslage, in der das Land zu Beginn der Corona-Krise mit mangelhafter Maskenausstattung stand, ausgenutzt, hat gesagt: Ich besorge euch die Masken zu weit überhöhten Preisen und kriegte dafür, weil man Zugang unter anderem zum Bundesgesundheitsminister und zum Abteilungsleiter dort hatte, kriegte den Zuschlag für elf Euro pro Maske und dann eben im Millionenbetrag und wurde entsprechend vergütet. Und das ist schon aus meiner oder aus Sicht von Transparency, das ist Korruption in diesem Sinne.“

Dass die früheren CSU-Abgeordneten straffrei ausgegangen waren, wurde im Juli vom Bundesgerichtshof für richtig befunden. Sein Argument: Der Gesetzgeber habe mit Paragraph 108e bewusst davon abgesehen, Zitat: „rein außerparlamentarische Betätigungen des Mandatsträgers zu erfassen“.
 

Der Gesetzgeber kann Strafbarkeitslücke schließen
Eine gesetzliche Lücke also? Angela Reitmaier: „Diese Art der missbräuchlichen Einflussnahme ist gerade in Deutschland nicht geregelt. Die Konvention des Europarates schreibt sie vor. Die UN-Konvention gegen Korruption schlägt auch vor, dass solche Bestimmungen übernommen werden sollten, aber Deutschland hat das nicht umgesetzt.“ Allerdings öffnete der Bundesgerichtshof eine Hintertür und erklärte angesichts der Maskenaffäre: „Falls der Gesetzgeber eine Strafbarkeitslücke erkennen sollte, ist es seine Sache, darüber zu befinden, ob er sie bestehen lassen oder durch eine neue Regelung schließen will.“
Eine Gesellschaft und die von ihr politisch Beauftragten müssen sich immer wieder darüber verständigen, was sie als korrupt ansehen und was nicht, betont Sozialwissenschaftler Sebastian Wolf. Dies ändere sich im Laufe der Zeit und je nach kulturellem Kontext.
In einer Ausnahmesituation wie der Corona-Pandemie würden außerdem mehrere Faktoren zusammentreffen, die Korruption strukturell begünstigen: „Das eine war eine unbekannte Situation, in der plötzlich Regeln gelockert wurden, um einer Notsituation Herr zu werden. Also zum Beispiel im Vergaberecht wurden Vergabevorschriften gelockert, dass man also viel einfacher Hygienematerial, insbesondere Masken und Kittel, dass man die viel schneller besorgen konnte ohne die sonstigen Vorschriften und Prozesse, zum Beispiel öffentliche Ausschreibungen, die gerade Korruption verhindern sollen.“ Außerdem sei es um viel Geld gegangen.


Rückgänge bei der „kleinen Korruption“
Ingo Sorgatz, Erster Kriminalhauptkommissar und Dozent, schult die öffentliche Verwaltung, will sie sensibilisieren für Korruption. Außerdem hätten sich hier bereits vor Corona neue Mechanismen der internen Kontrolle etabliert, berichtet er. Vergabeprozesse würden im Mehr-Augen-Prinzip geprüft, von Bestechungsversuchen besonders gefährdete Stellen alle paar Jahre neu besetzt. Beides habe zu ersten Erfolgen geführt – trotz aller Defizite:

„Wo wir einen Rückgang tatsächlich sehen, und das ist erfreulich, das ist bei der kleinen Korruption, der sogenannten petty corruption. (…) Einladungen, Belohnungen, Geschenke, angenommene Vorteile. (…) Und das ist nach meiner Einschätzung sicherlich auch Beleg dafür, dass man in der öffentlichen Verwaltung einfach sensibler geworden ist. Das wäre schon komisch oder ein Armutszeugnis, wenn nach 25 Jahren Korruptionsprävention das nicht der Fall wäre.“

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