09. Mai 2012   Aktuell

DIE LINKE. fordert Abschiebestopp

Rede von  Pia Zimmermann MdL,

„Ausschussreise zeigt keine Perspektive für Abgeschobene im Kosovo – Abschiebestopp in den Kosovo jetzt!“

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
auf Antrag meiner Fraktion sind VertreterInnen aus dem Innenausschuss in das Kosovo gereist, um sich vor Ort ein Bild von den Lebensumständen der aus Niedersachsen abgeschobenen Menschen zu machen. Dabei waren Vertreter von Pro Asyl, vom Roma Center Göttingen, von der Caritas, vom Niedersächsischen Landkreistag und ein Vertreter aus dem Innenministerium.

Anrede,

Nach dieser Reise sprechen die Landesregierung und die Koalition von Erfolgen in der Reintegration der abgeschobenen Roma und davon, dass die Maßnahmen, die man getroffen habe, gute Wirkung zeigen würden. Das jedoch entspricht nicht den Tatsachen und alle Beteiligten Kolleginnen und Kollegen wissen das auch ganz genau. Sie erklären nicht, wie „sinnvolle Reeintegrationsangebote“ mit einer Arbeitslosigkeit von mehr als 90 Prozent für Minderheiten wie Roma vereinbar sind. Sie loben den Integrationsfonds, der Wohnungen oder Häuser finanzieren soll, und sehen zu, wie nach einem halben Jahr die Familien ohne Wohnung, ohne Lebensmittel, ohne Kleidung, ohne Bildung und ohne Arbeit nur noch dahinvegetieren.

Wir haben dagegen Familien getroffen, die nicht wissen, wo sie den Winter verbringen sollen, weil ihre sechsmonatige Mietkostenübernahme durch den Staat noch in diesem Jahr ausläuft. In Plemetina haben wir diejenigen gesehen, deren Unterstützung abgelaufen ist. Wo haben Sie da eigentlich hingeschaut? Und in diese Situation kommen alle Abgeschobenen – nach einem halben Jahr ist Schluss mit jeglicher Unterstützung. Denn staatliche Unterstützung und die Hilfen aus dem sogenannten Integrationsprogramm URA 2 sind einmalig und zeitlich begrenzt – sie sind nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Haben sie sich eigentlich mal Gedanken gemacht, was mit den Familien passiert, wenn die einmalige medizinische Hilfe von 75 Euro aufgebraucht ist, wenn die 50 Euro Unterhaltskosten ausgegeben sind, wenn die Miete nicht mehr bezahlt wird und kein Roma nur den Hauch einer Chance hat, einen Arbeitsplatz zu bekommen?

Ich will es ihnen zeigen…

Meinen Sie tatsächlich, das ist ein guter Weg?

Hier geht es um Menschen, die bei uns integriert waren. Familien, die nach schlimmsten Erlebnissen eine neue Heimat in Deutschland gefunden haben. Und ich erinnere hier an dieser Stelle auch noch mal ganz besonders an unsere historische Verantwortung.

Anrede,

nahezu alle zivilgesellschaftlichen Organisationen, die vor Ort tätig sind und mit denen wir gesprochen haben, forderten, keine Roma mehr in den Kosovo abzuschieben, solange es keine handlungsfähigen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Strukturen gibt, die die Aufgaben der Reintegration und der Gewährleistung eines humanen Lebensstandards sowie einen Diskriminierungsschutz gewährleisten können. Dass nun Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition angeben, einen insgesamt positiven Eindruck gewonnen zu haben, klingt nicht allein wie Hohn und Spott, sondern ist eine Beleidigung für die Familien, die täglich um ihr Leben fürchten und nicht wissen, wie sie ihre Existenz sichern sollen. Darüber hinaus empfand ich auch das Verhalten des Vertreters des Innenministeriums fragwürdig. Wie von einer Manie getrieben, fragte er den albanischen Vermieter der von uns besuchten Familie Meta, ob sie albanisch spreche, es Übergriffe auf sie gegeben habe, und ob sie vor die Tür gehe. Das war eine merkwürdige Art und Weise, mit der versucht wurde, Argumente für ein wunderschönes Leben von Abgeschobenen Roma im Kosovo zu finden.

Anrede

Sie können nicht einfach herunterspielen und verdrängen, was wir im Kosovo gesehen und erlebt haben. Wenn sie politisch die Augen verschließen, so appelliere ich an das Ihnen zugrunde liegende christliche Menschenbild: Stoppen Sie weitere Abschiebungen in das Kosovo und sorgen Sie für Rückholungsmöglichkeiten für die Menschen, deren Abschiebung Sie bereits zu verantworten haben.

Die Roma dürfen nicht länger Spielball der Politik der Europäischen Union und des Kosovo sein.

 

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