14. August 2024   Aktuell

Solidarität mit Katalonien - für das Recht auf friedliche Selbstbestimmung!

Quelle: Prof. Dr. Axel Schönberger
Deutschland
07.08.2024

Am 8. August 2024 wird Präsident Carles Puigdemont i Casamajó aus seinem fast siebenjährigen Exil nach Katalonien zurückkehren, um im katalanischen Parlament in Barcelona an der Investiturdebatte zur Neuwahl eines Präsidenten der katalanischen Regierung (Generalitat de Catalunya) teilzunehmen.

Aufgrund eines spanischen Haftbefehls ist damit zu rechnen, dass Präsident Puigdemont in den kommenden Tagen auf Weisung eines spanischen Richters verhaftet werden wird. Er selbst geht davon aus, dass es zu seiner Verhaftung kommen wird. Er betrachtet seine Rückkehr nicht als «Opfergang», sondern als einen Akt der direkten Konfrontation mit einem demophoben Regime, das die Menschenrechte verletzt und fortwährend organisches Recht des spanischen Staates bricht.

Präsident Puigdemont wird im Falle seiner Festnahme mit dem spanischen Staat in keine Verhandlungen über seine Freiheit eintreten und insbesondere keine Entscheidung unterstützen, die als eine Aufgabe des Strebens des katalanischen Volkes nach Souveränität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit interpretiert werden könnte.

 

Seine politischen Aktivitäten sind nicht eine Reaktion auf die spanische Repression, unter der Katalonien und viele Katalanen leiden, sondern zielen auf die Verwirklichung der Souveränität des katalanischen Volkes, dessen frei gewähltes Parlament am 27. Oktober 2017 die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien ohne Verletzung internationalen Rechts oder der spanischen Verfassung feierlich proklamierte. Präsident Puigdemont tritt dafür ein, diese gültige Erklärung der Unabhängigkeit in den kommenden Jahren in Form einer eigenständigen Katalanischen Republik zu verwirklichen und so die spanische Repression in Katalonien ein für allemal zu überwinden.

Seit sieben Jahren versucht der spanische Staat, Präsident Puigdemont unter Vorwänden und mit einem Vorgehen, das nicht rechtsstaatlich war und ist, verhaften zu lassen. Bisher war Spanien bekanntlich erfolglos und unterlag in entsprechenden Gerichtsverfahren vor der Justiz anderer, rechtsstaatlich verfasster Länder der Europäischen Union. Der Unterschied zwischen der unabhängigen Justiz anderer Staaten und dem spanischen Rechtssystem trat in diesen Entscheidungen klar und deutlich zu Tage.

Spanien verstieß gegen zwingendes Recht der Vereinten Nationen, wie mehrere Entscheidungen der Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen sowie der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen im Falle der katalanischen politischen Gefangenen feststellten, ohne die ihm seitens der zuständigen Gremien der Vereinten Nationen auferlegten Pflichten zu beachten. Nun schickt sich Spanien auch an, sogar gegen ein kürzlich verabschiedetes Amnestiegesetz zu verstoßen, dem zufolge Präsident Puigdemont auch in Spanien nicht verhaftet werden dürfte. Ein ehemaliger Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen hat schon vor Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass Vollzugsbeamte in Spanien und den übrigen Ländern der Europäischen Union Dienstanweisungen und Befehle, den katalanischen Präsidenten zu verhaften, jederzeit und ohne persönliche Nachteile aus Gewissensgründen verweigern dürfen, um sich nicht selbst durch Mitwirkung an einer illegalen Handlung strafbar zu machen.

Präsident Carles Puigdemont und ein Teil seiner von Spanien rechtswidrig für abgesetzt erklärten Regierung begaben sich im Jahr 2017 nach Belgien, um dort im Exil angesichts der rechtswidrigen Repressionsmaßnahmen des spanischen Staates, mit denen dieser auf das nach Artikel 1 der beiden großen, auch von Spanien als zwingendes, übergeordnetes Recht zu beachtendenden Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen erfolgte Unabhängigkeitsreferendum des 1. Oktobers desselben Jahres reagierte, die institutionelle Kontinuität der jahrhundertealten Generalitat von Katalonien  sicherzustellen. So war es möglich, die Interessen des katalanischen Volkes öffentlichkeitswirksam zu vertreten.

Sieben Jahre lang hat Präsident Puigdemont seither der Welt vor Augen geführt, dass das katalanische Volk nach Freiheit und Souveränität strebt und Spanien dem katalanischen Volk das ihm zustehende Menschenrecht auf Selbstbestimmung verfassungs- und rechtswidrig verweigert. Seinen Kampf für die Souveränität seines Volkes hat er stets gewaltfrei und friedlich geführt.

Die Ereignisse am morgigen Donnerstag werden für Katalonien und Spanien einen Wendepunkt darstellen. Die wahrscheinlich erfolgende Verhaftung des Präsidentem Puigdemont wäre nicht nur ein weiterer Akt politischer Repression, sondern auch vor aller Welt ein offenkundiger Beweis für die Weigerung des spanischen Justizsystems, den Grundsatz der Gewaltenteilung, demokratische Entscheidungen und die vom Abgeordnetenkongress verabschiedeten Gesetze wie das jüngste Amnestiegesetz zu beachten und einzuhalten.

Die derzeitige Lage in Spanien kann mit Fug und Recht als hybrider Putsch beschrieben werden, der die Demokratie und das ohnehin nur noch in Teilen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen funktionierende Rechtssystem Spaniens in eine tiefe Krise stürzt, deren Auswirkungen weit über die Grenzen Kataloniens hinausgehen und die Glaubwürdigkeit der gesamten Europäischen Union erschüttern werden, sofern diese die Verletzung des Rechtsstaatlichkeitsprinzips in Spanien weiterhin als innere Angelegenheit eines ihrer Mitgliedsstaaten bezeichnen und untätig bleiben wird. Die antidemokratische, den Rechtsstaat zerstörende und  antiliberale Haltung des spanischen Staatsapparats wird  nicht ohne Folgen bleiben und internationale Beachtung finden.

Seit mehr als sieben Jahren versucht der spanische Staat, die Medienberichterstattung über den Konflikt zwischen Spanien und Katalonien massiv zu beeinflussen und zu lenken. Es steht zu hoffen, dass die von Spanien unabhängige Presse der ganzen Welt die Ereignisse in Spanien und Katalonien aufmerksam verfolgen und objektiv berichten wird, um in diesem für die Zukunft Kataloniens kritischen Augenblick eine transparente, ausgewogene Berichterstattung vorzunehmen.

Josep Rull: «‟If President Puigdemont is arrested, I cannot accept the plenary session to proceed normally” — Interview with the President of the Parliament of Catalonia, Josep Rull, two days before Salvador Illa's inauguration», in: Vilaweb, 6. 8. 2024.

https://www.vilaweb.cat/noticies/josep-rull-if-president-puigdemont-is-arrested-i-cannot-accept-the-plenary-session-to-proceed-normally/

Rede von Präsident Carles Puigdemont am Arc de Triomf in Barcelona am 8. August 2024 (im nachfolgenden Video ab der 27. Minute):

https://www.vilaweb.cat/noticies/directe-president-puigdemont-torna-catalunya/

 

 

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