28. Juli 2015   Aktuell

Nato warnt Türkei vor Eskalation des Konflikts mit Kurden

Ankara geht weiterhin gegen kurdische Rebellen und IS-Jihadisten im Nachbarland vor
derstandard.at, 27. Juli 2015, 13:12

Beirut/Oslo – Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu davor gewarnt, mit den Luftangriffen gegen die PKK den Friedensprozess mit den Kurden zu gefährden.

In einem Interview mit dem norwegischen Rundfunk NRK am Montag sagte Stoltenberg: "Alle Länder haben das Recht auf Selbstverteidigung. Die Türkei hat das Recht, sich gegen Terroranschläge zu verteidigen, aber es ist wichtig, dass die Maßnahmen verhältnismäßig sind und nicht in einer unnötigen Weise zu einer Eskalation des Konfliktes beitragen."

Stoltenberg betonte, dass ein Terrorangriff nicht die Bemühungen um eine friedliche und politische Lösung behindern dürfe.

Kurdendorf beschossen

Die türkische Armee hat laut Aktivisten ein von kurdischen Kämpfern kontrolliertes Dorf in Syrien angegriffen. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, wurde nach mehreren Luftangriffen auf Stellungen der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien in der Nacht auf Montag auch das von Kurden kontrollierte Dorf Zor Maghar mit Panzern beschossen.

Das Dorf liegt in der nordsyrischen Provinz Aleppo nahe der Grenze zur Türkei. Bei dem Panzerangriff seien mindestens vier kurdische Kämpfer verletzt worden.

"Syrische Kurden kein Ziel"

Die Türkei hat indes bestritten, gezielt Kurden in Syrien anzugreifen. Die türkischen Militäreinsätze in Syrien richteten sich gegen die Jihadistenmiliz IS und die Einsätze im Irak richteten sich gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), sagte ein türkischer Regierungsvertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte, am Montag der Nachrichtenagentur AFP.

Die Partei der Demokratischen Union (PYD), die wichtigste Kurdenpartei in Syrien, gehöre "nicht zu den Zielen unserer Militäreinsätze", fügte er hinzu. Informationen, wonach die türkische Armee in Syrien Stellungen von anderen Kämpfern als dem IS beschossen habe, würden geprüft.

Jets bombardieren PKK-Stellungen

Türkische Kampfjets haben einem Medienbericht zufolge zudem erneut Stellungen der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak bombardiert. Der Sender CNN Türk berichtete am Sonntagabend, F-16-Jets seien vom Luftwaffenstützpunkt im südosttürkischen Diyarbakır aufgestiegen und hätten die Region Hakurk im Nordirak bombardiert. Es gab zunächst keine Bestätigung für die Berichte.

Keine Bodentruppen

Unterdessen erklärte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu im Gespräch mit Chefredakteuren am Samstag nach Angaben der Zeitung "Hürriyet", die Türkei plane keinen Einsatz von Bodentruppen in Syrien. Aber Ankara wolle die Einheiten am Boden, die mit der Türkei zusammenarbeiteten, schützen, schrieb das Blatt in der Nacht auf Montag weiter.

Die Ankündigung der Regierung, gegen den IS sowie andere Extremisten vorgehen zu wollen, wird weithin als radikale Wende und Aufgabe der Zurückhaltung gegen die IS-Anhänger interpretiert. Kritiker und Beobachter gehen demgegenüber davon aus, dass Ankara das Chaos sowie eine Bekämpfung der IS-Jihadisten als Vorwand benützt, um gegen Oppositionelle im eigenen Land vorzugehen – auch in Hinblick auf immer wahrscheinlicher werdende Neuwahlen. (red, APA, 27.7.2015)

Kritik an Doppelstrategie Ankaras wächst.

 

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