23. August 2017   Aktuell

Der immer wieder herangezogene Demografische Wandel

Alt und Jung
Was alles für Phrasen im Zusammenhang mit der Demografie gedroschen werden.

Ein paar Beispiele: “Die Menschheit vermehrt sich hemmungslos.”

Falsch, die Geburtenraten nehmen seit Jahrzehnten überall deutlich ab, und zwar im Zuge des sogenannten demografischen Übergangs – der Phase, in der zunächst sehr hohe Geburten- und Sterberaten wieder rückläufig sind.


“Wir stehen vor einer regelrechten Bevölkerungsexplosion.”

Keine Angst, die Bombe wird nicht explodieren. Das Hauptproblem des 21. Jahrhunderts wird nicht das rapide Wachstum der Bevölkerung sein, sondern ihre Alterung.


“Wir werden in einer hoffnungslos überbevölkerten Welt leben.”

Auch das werden wir nicht, weil die Zusammenballung auf relativ engen Räumen, als Folge der Verstädterung, in anderen Regionen zu Entvölkerung führt.


“Die Migrationsströme aus dem Süden werden uns überfluten.”

Dabei wird übersehen, dass die neuen Migrationsbewegungen in alle Richtungen gehen – insbesondere auch von Süden nach Süden.


“Die Weltbevölkerung” gibt es eben nicht.

Wer das behauptet, konstruiert eine sinnlose Gesamtmenge und addiert Wirklichkeiten, die so verschieden sind wie Kraut und Rüben. Guinea und Portugal haben praktisch die gleiche Bevölkerungszahl (10,8 beziehungsweise 10,7 Millionen).(1) Sind sie deshalb demografisch vergleichbar? Nicht unbedingt. Die Indikatoren gehen allesamt auseinander: die natürliche Wachstumsrate – die Differenz von Geburten und Sterbefällen – von Guinea ist eindeutig positiv (+ 3 Prozent), während sie in Portugal rückläufig ist (- 0,1 Prozent).


Wer die Entwicklung der Weltbevölkerung anhand demografischer Indikatoren darzustellen versucht, verschleiert die tatsächlichen Entwicklungstendenzen – etwa von Ländern mit hoher Geburtenrate und niedriger Lebenserwartung (wie Niger und Mali) oder von Ländern mit einer unter der Sterberate liegenden Geburtenrate (wie Russland oder Japan). Im Falle Japans ist der deutliche Anstieg der Mortalität in den nuller Jahren nicht durch ungesunde Lebensweisen oder schlechtere Gesundheitsfürsorge bedingt, sondern einzig und allein durch die Alterung. In Russland sieht es ganz anders aus…


Innerhalb von fünfzig Jahren hat die Weltbevölkerung damit um 142 Prozent zugenommen – von 2,5 Milliarden 1950 auf 6,1 Milliarden im Jahr 2000. Nach der mittleren Projektion der Vereinten Nationen dürfte sie bis 2050 auf 9,1 Milliarden anwachsen.

Müssen wir deshalb von Übervölkerung sprechen? Wenn diese 9,1 Milliarden geschlossen in die Vereinigten Staaten einwandern würden und der Rest der Welt völlig menschenleer bliebe, wären die USA immer noch dünner besiedelt als heute die Region Île-de-France.
Quelle: Le Monde diplomatique

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