24. März 2020   Aktuell

Brasilien steht Corona-Explosion bevor - Wut auf Virusleugner Bolsonaro

Kaum Intensivbetten vorhanden. Bevölkerung protestiert mit Töpfeschlagen – und bleibt auf Distanz

Quelle: amerika21

Beitrag: Mario Schenk

Brasília. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat sich am Freitag zu einem dritten Test auf das neuartige Coronavirus SARS-nCo-2 bereit erklärt. Zugleich schloss der ultrarechte Politiker die Möglichkeit einer Infektion nicht mehr aus. Bisher wurden 23 Personen positiv auf das Virus getestet, die an einer US-Reise Bolsonaros Anfang dieses Monats teilgenommen haben.

Der Präsident hatte seinen ersten Test am 12. März gemacht, nachdem bei seinem Kommunikationschef Fabio Wajngarten das Virus diagnostiziert wurde. Der zweite Test wurde am vergangenen Dienstag durchgeführt. Nach dem zweiten Tests hatte der Präsident jedoch Kontakt zu mindestens einer Person, bei der das Virus diagnostiziert wurde: dem Minister des Amtes für institutionelle Sicherheit, Augusto Heleno. Bolsonaro und Wajngarten haben die Existenz des SARS-nCo-2 mehrfach vehement geleugnet und entsprechende Medienberichte aggressiv kritisiert.

Das südamerikanische Land hat am gestrigen Freitag den achten Todesfall infolge einer Covid-19-Erkrankung gemeldet. Die Gesundheitsbehörden gaben eine Zahl von 648 Infizierten bekannt. Die Zahl der Verdachtsfälle liegt bei über 9.000. Am Mittwoch waren es noch 529 Infizierte und vier Tote. Und die Kurve geht weiter nach oben. Eine internationale Forschergruppe prognostiziert eine Verdopplung der Infizierten alle zwei Tage. Dies entspricht der Entwicklung in Italien zu Beginn der Epidemie. Bereits am Dienstag könnte Brasilien auf 3.400 bestätigte Corona-Infizierte kommen. Trotz des erwartbaren Anstiegs von Infektionen begannen die Behörden erst am Donnerstag, erste substantielle Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Erregers SARS-nCo-2 umzusetzen.

Am Donnerstag machte die Regierung die Landgrenzen zu insgesamt acht Nachbarländern dicht, am Freitag schränkte sie die Einreise auf dem Luftweg ein. Demnach dürfen Ausländer, die per Flugzeug etwa aus China, der Europäischen Union, Australien oder Japan kommen, von Montag an nicht mehr einreisen. Der Senat rief gestern einstimmig den öffentlichen Notstand aus. Der Kongress, der erstmalig per Videokonferenz tagte, lockerte damit die Haushaltsregeln und ermöglichte der Regierung die Grenze der Neuverschuldung außer Kraft zu setzen. Die meisten Städte haben die Schließung von Geschäften und Parks angeordnet. Desinfektionsmittel und Toilettenpapier sind auch in Brasilien vielerorts ausverkauft. Der Gouverneur von Rio de Janeiro beschloss, die Anzahl und Gästen in Restaurants auf 30 Prozent zu begrenzen.

Auf den erwartbaren, massiven Anstieg von Krankheitsfällen ist das Gesundheitssystem äußerst schlecht vorbereit. Gestern wurde bekannt, dass 60 Prozent der Gemeinden des Landes mit einer Bevölkerung von rund 34 Millionen Menschen keine Beatmungsgeräte haben. Vor allem fehlt es landesweit an Intensivbetten.

Nur jede zehnte Stadt im Land verfügt über Intensivstationen, um Schwerkranke isolieren zu können. Freie Kapazitäten gibt es derzeit nur in 482 Gemeinden, also in nur 8,6 Prozent aller Gemeinden. Bereits jetzt würden schwere Krankenfälle in andere Gemeinden "exportiert", berichtet der Nachrichtendienst UOL.

Suche

 
 
 

Rosa Luxemburg Stiftung

 

Besucherzähler

Heute9
Gestern15
Woche32
Monat183
Insgesamt88096
 

Anmeldung