13. April 2020   Aktuell

Brief aus Istanbul - Erdogan, die AKP und Europa

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Quelle: FAZ

Brief aus Istanbul zur Corona-Krise: In der Corona-Krise zeigt Präsident Erdogan, was er kann: leugnen, Chaos stiften und dann im Ausland Schuldige suchen.

Die Coronavirus-Pandemie hat wie bei populistischen Regimen in aller Welt auch das Bild des Hochmuts, das die Regierenden dieses Landes abgeben, beschädigt.

Wir begegneten der Pandemie genau wie Trump, der sie zunächst nicht ernst nahm. Bis Mitte März gab es keine ernsthafte Maßnahme, außer dass ankommenden Flugpassagieren ein Fieberthermometer an die Stirn gehalten wurde. Als die ersten Fälle auftraten, versprach Erdogan, wir besiegen das Virus mit „Geduld und Gebet“. Als „Pate“ versäumte er es auch nicht, den Bürgern zu schmeicheln: „Kein Virus ist größer als unsere Einheit.“

 

Das Virus erwies sich aber als größer als wir und als die ganze Welt. Die Zahl der Infizierten wie der Sterbenden begann zu steigen. Als nicht unverzüglich vernünftige Maßnahmen getroffen wurden, überholte das Tempo der Verbreitung sogar Italien. Auf einer seiner täglichen Pressekonferenzen musste Gesundheitsminister Fahrettin Koca eingestehen: „Wir wussten nicht, dass sich das Virus derart schnell verbreitet.“ Dabei war das Geschehen in China und Italien bereits bekannt. Obwohl sich die Katastrophe näherte, beharrte die Regierung darauf, keine Quarantänen zu verhängen.

 

Unter dem Hashtag #EvdeKal (Bleib zu Hause) wurde nur appelliert, daheimzubleiben.

Für die arbeitende Bevölkerung aber war das unmöglich. Die Sorgen der Arbeitslosen, deren Zahl von Tag zu Tag steigt, und anderer benachteiligter Gruppen wuchsen noch mehr. Als die Regierung keine Anstalten machte, breiten Bevölkerungskreisen unter die Arme zu greifen, wurden die Bürgermeister der größten Oppositionspartei CHP aktiv. Die Kommunen Ankara und Istanbul starteten Hilfskampagnen und organisierten Lebensmittelhilfen für Bedürftige. Da trat der Palast unverzüglich auf den Plan, um die Stadtverwaltungen abzustrafen. Die Hilfen der CHP-Kommunen wurden gestoppt, die Spendengelder der Bürger, die auf die Konten der Kampagnen eingezahlt hatten, konfisziert.

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