Sachsens Ministerspräsident & Sachsens Polizei
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer scheint der Meinung zu sein, dass bei der Polizei seines Landes alles in guter Ordnung ist. Mit Blick auf die Ausschreitungen von Chemnitz sagte er am Mittwoch der "Bild"-Zeitung: "Die Polizei hat einen super Job gemacht".
Michael Kretschmer (CDU) löste bereits am Wochenende öffentliche Empörung aus. „Die einzigen Personen, die in diesem Video seriös auftreten, sind Polizisten“, schrieb Kretschmer am Samstag auf Twitter. Ein Fernsehteam des ZDF hatte Teilnehmer einer Pediga-Demonstration gefilmt. Einer von ihnen beschwerte sich über die Arbeit des Kameramannes und bedrängte diesen. Die Polizei schritt ein und hielt das Fernsehteam 45 Minuten fest.
So berichtet es der freie Journalist Arndt Ginzel, der die Dreharbeiten für das Magazin Frontal 21 begleitet hatte und einen Videoausschnitt zu dem Vorfall veröffentlichte (mehr dazu hier).
Das aller Wahrscheinlichkeit nach widerrechtliche Festhalten von Journalisten des Fernsehteams Frontal 21 durch Dresdner Polizisten nennt man in Sachsen: Einladung zu klärenden Gesprächen ...
Polizei in Sachsen: im rechten Sumpf?
Versorgen sächsische Polizisten rechte Kreise mit Informationen? Überlassen sie Randalierern das Feld - oder stehen Beamte sogar selbst rechts außen? Nach den Ausschreitungen in Chemnitz steht die Polizei in der Kritik.
"Freistaat Sachsen - Amtsgericht Chemnitz" - diesen Stempel trägt ein Dokument, das auf Seiten rechtspopulistischer Gruppen zu finden ist.
Das Papier soll der Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Messerstecher sein, der am Sonntag einen jungen Mann in Chemnitz getötet hat. Veröffentlicht ist es unter anderem auf einem Telegram-Kanal, der unter dem Namen von Lutz Bachmann betrieben wird, einem der Gründer der islamfeindlichen Pegida-Bewegung.
"Es kann nicht sein, dass Polizeibeamte denken, sie könnten Dinge durchstechen, obwohl sie genau wissen, dass sie damit eine Straftat begehen", sagt dazu Sachsens Vize-Ministerpräsident Martin Dulig von der SPD. "Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang", so Dulig weiter im Mitteldeutschen Rundfunk. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat nun Ermittlungen eingeleitet. Ist der Haftbefehl echt, dann zeigt seine Veröffentlichung, dass rechte Kreise in Sachsen aus dem Polizei- und Justizapparat unterstützt werden. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Polizei diesen Vorwurf gefallen lassen muss.
Der sächsischen Polizei wird immer wieder vorgeworfen, sie messe mit zweierlei Maß: Harsch gegenüber linken Aktivisten und Flüchtlingen, lasch gegenüber Pegida. Was ist dran? (Süddeutsche Zeitung) Der innenpolitische Sprecher der Linken, Enrico Stange, sprach von einer "zweifelhaften Haltung mancher Polizeibediensteter zum demokratischen Rechtsstaat".
Lange Liste von Vorwürfen
In der Vergangenheit gab es wiederholt Vorwürfe, die sächsische Polizei pflege einen rechten Korpsgeist, messe mit zweierlei Maß: Harsch gegenüber linken Aktivisten und Flüchtlingen, lasch gegenüber Pegida. Eine Übersicht:
- Im Mai 2016 wurde bekannt, dass mindestens ein Leipziger Polizist intensive Kontakte zur rechtsextremen und islamfeindlichen Szene pflegte.
- In Clausnitz versuchen im Februar 2016 Beamte eine Gruppe Flüchtlinge aus dem Bus in eine Asylunterkunft zu bringen. Draußen steht eine pöbelnde Menschenmenge. Als sich ein junger Asylbewerber weigert auszusteigen, nimmt ihn ein Beamter in den Polizeigriff. Das Video von dem Vorgang sorgt in ganz Deutschland und darüber hinaus für Empörung.
- In Bautzen kommt es Mitte September 2016 zu heftigen Ausschreitungen zwischen einer Gruppe von 80 Rechten und 30 jungen Flüchtlingen. Die Rechtsextremen, die sich an den gewaltsamen Protesten beteiligen, nennt der Polizeirevierleiter "eventbetonte Jugendliche". Damit handelt er sich die Kritik ein, das Problem nicht ernst genug zu nehmen.
- Viele Dresdner verbinden mit den Feierlichkeiten rund um den Tag der deutschen Einheit 2016 schlechte Erinnerungen: Ein Polizist wünscht Pegida-Demonstranten einen "erfolgreichen Tag". Wie sich später herausstellt, stammt der Beamte nicht aus Sachsen. Allerdings bildet sein Auftritt den Auftakt für eine Reihe fraglicher Einsätze: Störaktionen der islamfeindlichen Bewegung werden nicht unterbunden. Das Goebbels-Zitat auf einem Plakat übersehen die Beamten. Linke Aktivisten dürfen dagegen vielerorts gar nicht demonstrieren. Die Polizei drängt AfD- Gegner ab, kesselt Demonstranten sogar ein.
- Im Dezember 2017 führt die neueste Anschaffung der sächsischen Polizei zu einer heftigen Diskussion: Auf den Sitzen des Panzers "Survivor R" ist das Logo des Spezialeinsatzkommandos eingestickt und erinnert stark an die Symbolik des Nationalsozialismus. Das Innenministerium muss seine Darstellung, das Fahrzeug sei so ausgeliefert worden, korrigieren. Richtig ist: Das Landeskriminalamt hatte das Logo vorgelegt.