Angriff Irans auf Israel - "Kontrollierte Eskalation"
Seit 2022 hat Deutschland der Ukraine bereits Hilfen im Gesamtwert von rund 32 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt – als humanitäre Unterstützung, direkte Zahlungen oder in Form von Waffen. Deutschland war im vergangenen Jahr nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant Israels. Laut dem Friedensforschungsinstitut Sipri kamen rund 53 Prozent der von Israel importierten Waffen aus den USA, rund 47 Prozent aus Deutschland.
Gelder für das UN-Hilfswerk für Palästinenserflüchtlinge UNRWA wurden dagegen aufgrund einer wagen Information aus Israel gestrichen. Angeblich sollen zwölf der mehreren Tausend Mitarbeiter der Organisation UNRWA der HAMAS angehören und in den Angriff gegen Israel verwickelt gewesen sein. Kollektivbestrafung ist in Deutschland demnach wieder im Kommen. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sogar von einer "unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke" Den Angriff Israels auf die iranische Botschaft in Syrien und die Todesopfer hatte er bereits wieder vergessen, auch warum der Angriff auf Botschaften ein Tabubruch ist, scheint ihm entfallen zu sein. (R. Engelke)
"Kontrollierte Eskalation"
Israel habe 99 Prozent der Geschosse aus dem Iran abgefangen, vermeldete Armeesprecher Daniel Hagari den vermeintlichen Erfolg.
Aber der Versuch, die Bedeutung des ersten, je von iranischem Territorium ausgeführten Angriffs auf Israel herunterzuspielen, verfing nicht.
Nicht zuletzt, weil Teheran keinen Zweifel daran gelassen hat, dass es sich in seiner Lesart lediglich um einen Warnschuss handelt. Um eine kontrollierte Eskalation, auf die – im Falle einer israelischen Reaktion – noch weit mehr folgen könnte. Und die neben Israel auch dessen Unterstützer adressiert.
Denn der UN-Sicherheitsrat hat den Angriff auf das iranische Konsulat in Damaskus vom Ostermontag, den Teheran expressis verbis und dem Wiener Übereinkommen entsprechend als Attacke auf sein souveränes Territorium einstuft, nicht verurteilt. Und über Monate vermochte er genauso wenig, einen Waffenstillstand im Gazastreifen zu fordern oder gar durchzusetzen. Das Risiko eines längst schwelenden Flächenbrands im Auge, hat man das israelische Vorgehen im Gazastreifen und in Israels Nachbarländern – von mahnenden Worten einmal abgesehen – billigend in Kauf genommen, ja insbesondere durch die Lieferung von Waffen noch befördert.
Die jetzt aus dem »Wertewesten« erfolgenden Solidaritätsbekundungen mit Tel Aviv sind verlogen. Denn wer Israel, und vor allem dessen Bevölkerung, tatsächlich schützen will, muss aufhören, sie als Kanonenfutter für die Durchsetzung eigener geopolitischer Interessen zu missbrauchen und statt dessen auf Diplomatie und ernsthafte Verhandlungen setzen. Genau wie im Ukraine-Krieg gilt: Wer die dortige Bevölkerung sowie die Menschen im eigenen Land und der Welt vor einer unkontrollierbaren Explosion bewahren will, tut gut daran, endlich die sich verschiebenden Kräfteverhältnisse in Betracht zu ziehen. Insbesondere im globalen Süden, der sich längst nicht mehr als Vasallen missbrauchen lässt, hat sich die wahre Zeitenwende längst vollzogen. Darüber vermögen auch oft äußerst eigenwillige Interpretationen des Völkerrechts nicht hinwegtäuschen.
Allen voran die Bundesrepublik Deutschland, die momentan als zweitgrößter Waffenlieferant Israels und wegen der Streichung von Geldern für das UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge UNRWA, auf die die verhungernde Bevölkerung des Gazastreifens dringend angewiesen ist, vor dem Internationalen Gerichtshof steht, sollte dies besser heute als morgen verstehen. Denn wenn sie noch länger wartet, könnte es zu spät und Berlin international unwiederbringlich isoliert sein.