26. Juli 2024   Aktuell

Julian Assange: Hat Baerbock seine Verteidigung hintertrieben? Exklusive Dokumente geben Aufschluss

Baerbock hat mit dem Fall Julian Assange Wahlkampf gemacht. Sie wusste, dass sie damit Stimmen gewinnen würde. In ihrem Amt als Außenministerin hatte sie jedoch (...) „keinen Zweifel daran, dass die britische Justiz rechtsstaatliche Prinzipien anwendet und die Menschenrechte achtet (...). -  Das Prinzip den USA nicht in den Arm zu fallen, scheint der Grundgedanke der Ampel-Politik zu sein.


"Julian Assange: Hat Baerbock seine Verteidigung hintertrieben? Exklusive Dokumente geben Aufschluss"

Quelle: Berliner Zeitung, von Raphael Schmeller

Das Auswärtige Amt hat offenbar die Rechtsposition des Wikileaks-Gründers geschwächt. BSW-Politiker De Masi wirft der Außenministerin „Doppelmoral“ vor.

Der Fall Julian Assange hat weltweit für Aufsehen gesorgt. Gut 14 Jahre lang war der Wikileaks-Gründer seiner Freiheit beraubt, weil er amerikanische Kriegsverbrechen aufgedeckt hatte. Seiner Freilassung im Juni dieses Jahres waren ein jahrelanges juristisches Tauziehen und zähe politische Verhandlungen vorausgegangen. Dokumente, die der Berliner Zeitung exklusiv vorliegen, zeigen nun, dass Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Fall Assange alles andere als eine gute Rolle gespielt hat. Sie erwecken vielmehr den Anschein, dass die Freilassung Assanges hintertrieben wurde.

Auswärtiges Amt: „Vermeidet, Assange als Journalisten zu bezeichnen“

Als Kanzlerkandidatin hatte Baerbock noch die „sofortige Freilassung“ Assanges gefordert. Dann wurde die Grünen-Politikerin Außenministerin und äußerte sich nur noch zögerlich zu dem Fall. Man habe „keinen Zweifel daran, dass die britische Justiz rechtsstaatliche Prinzipien anwendet und die Menschenrechte achtet“, hieß es immer wieder aus ihrem Haus.

Der Europaabgeordnete Fabio De Masi vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gab sich damit nicht zufrieden

und beantragte im August 2023 auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) „jedwede interne Kommunikation innerhalb des Auswärtigen Amtes, die sich auf die Auslieferung von Julian Assange und/oder die Positionierung des Auswärtigen Amtes bzw. der Außenministerin Annalena Baerbock zur Auslieferung von Julian Assange bezieht“.

Erst nach mehreren Monaten und einer Untätigkeitsklage wurden ihm diese Dokumente zugestellt, die nun der Berliner Zeitung vorliegen.

Die mehrere hundert Seiten umfassenden Dokumente enthalten brisante Informationen über die rechtliche Bewertung der Freilassung Assanges durch das Auswärtige Amt. In einer internen Mail zwischen Mitarbeitern des Ministeriums vom 28. Juni 2022 wird festgestellt, dass es für Assange im Falle eines Prozesses vor einem amerikanischen Gericht von Vorteil wäre, als Journalist anerkannt zu werden. Dies würde seine Chancen auf Freilassung erhöhen.

Tatsächlich war dies ein viel diskutierter und entscheidender Punkt im Fall Assange. Presseverbände argumentierten zur Verteidigung des Australiers, dass er Journalist sei. Die USA hingegen stuften Assange als Kriminellen ein, da er als Journalist nur schwer hätte verurteilt werden können. Denn die Hürden für Richter, einen Journalisten nach dem amerikanischen Spionagegesetz zu verurteilen, sind relativ hoch.

 

Aus einer E-Mail vom 3. Mai 2023 geht jedoch hervor, dass das Auswärtige Amt die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, drängte, genau dies nicht zu tun. Konkret diskutieren die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, wie sich die Menschenrechtsbeauftragte zum Tag der Pressefreiheit äußern soll. In der besagten Nachricht ist von einem „konstruktiven Austausch“ die Rede, der zu einem „Wording“ geführt habe, das „vermeidet, Assange als Journalisten zu bezeichnen“.

Obwohl das Auswärtige Amt also wusste, wie wichtig die Bezeichnung „Journalist“ für die Freilassung Assanges war, sollte diese Formulierung vermieden werden.

 

In dem in den internen Dokumenten enthaltenen Entwurf einer Antwort Baerbocks an Günter Wallraff hatte die Außenministerin noch erklärt, sie sei „mit dem Anspruch einer wertegeleiteten Außenpolitik“ angetreten. Der Enthüllungsjournalist wollte von Baerbock wissen, ob sie sich in ihrem Amt für Assange einsetzen werde. In dem Brief an Wallraff betont Baerbock, sie sei „dankbar“ für die „unmittelbare Ansprache und Ihr Schreiben zu dem Fall Julian Assange“. Wie Wallraff sei sie „vom hohen Wert der Meinungs- und Pressefreiheit überzeugt“.

Fabio De Masi: „Die Grünen sind Weltmeister in Doppelmoral!“

Für Fabio De Masi zeigt das Verhalten des Auswärtigen Amtes, „dass die vermeintlich moralische Außenpolitik von Frau Baerbock nur vorgetäuscht ist“, wie er der Berliner Zeitung sagte. Auch bei der Außenministerin gehe es „um Interessen und Duckmäusertum gegenüber den USA“.

Vor der Wahl habe Baerbock die Freilassung von Assange gefordert, hinter den Kulissen habe das Auswärtige Amt aber versucht, „seine Rechtsposition zu schwächen oder zumindest nicht zu verbessern“, so der BSW-Politiker. „Die Grünen sind Weltmeister in Doppelmoral!“

Das Auswärtige Amt äußerte sich auf Anfrage der Berliner Zeitung nicht direkt zu den Vorwürfen. Eine Sprecherin teilte lediglich mit, dass die Haltung der Bundesregierung zum Fall Julian Assange klar sei. „Sowohl gegenüber unseren Partnern in den USA und im Vereinigten Königreich als auch öffentlich haben wir mehrfach deutlich gemacht, dass der Fall grundsätzliche Fragen der Meinungs- und Pressefreiheit aufwirft und es hierbei Diskrepanzen zwischen unserem Rechtsverständnis und dem Rechtsverständnis in den USA gibt.“ Dass Ende Juni eine Lösung im Fall Assange gefunden wurde, sei von der Bundesregierung klar begrüßt worden.

 

 

 

 

 

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