28. Oktober 2013   Aktuell

Einsatz von Kampfdrohnen für politische Morde

Kommentar: Roswitha Engelke

Während in Berlin im Kanzleramt ein realkapitalistischer Hase hoppelt, der stets von nichts etwas weiß und gerade mit Obama mault,  weil die NSA an seinem Handy zapfte, befaßte sich die UN-Vollversammlung endlich mit dem Einsatz von Kampfdrohnen zur Tötung politisch Anders-Denkender. Diese Praxis wird gern von den USA ausgeübt und belastete die Freundschaft Bundesregierung/USA nicht im geringsten.

Die UN-Vollversammlung befasste sich erstmals mit dem Einsatz von Kampfdrohnen
Von Knut Mellenthin

Seit rund zehn Jahren werden regelmäßig unbemannte Flugkörper, sogenannte Drohnen, zur Tötung von Menschen benutzt, hauptsächlich von den USA.

Am Freitag wurde das Thema zum ersten Mal von der Vollversammlung der Vereinten Nationen diskutiert. Übertönt von dem geräuschvollen Theater um Kanzlerin Angela Merkels abgehörtes Handy blieb die menschenrechtlich sehr viel wichtigere Debatte um die ferngesteuerten Mordmaschinen in den deutschen Medien fast unbeachtet.

Zwei Zwischenberichte lagen der Vollversammlung vor: Der eine vom Briten Ben Emmerson, dem UN-Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Schatten der »Terrorismusbekämpfung«. Der andere vom Südafrikaner Christof Heyns, dem Berichterstatter zu außergerichtlichen, summarischen und willkürlichen Tötungen. Beide Berichte bezogen auch Tötungen durch Angriffe mit Flugzeugen, Hubschraubern und Raketen mit ein und waren nicht ausschließlich auf US-Aktionen beschränkt.

Gegenwärtig sind es jedoch nur drei Länder, die bewaffnete Drohnen für Tötungsoperationen einsetzen: neben den Vereinigten Staaten, in sehr viel geringerem Umfang, auch Großbritannien und Israel. Während sich die ersten beiden grundsätzlich bereit erklärt haben, mit den UN-Berichterstattern zu kooperieren, lehnt Israel ausdrücklich jede Zusammenarbeit ab.

Sowohl Emmerson als auch Heyns stellen fest, die Drohneneinsätze erfolgten in einem derzeit weitgehend rechtsfreien Raum. Die »internationale Gemeinschaft« müsse erst einen Konsens über die Verwendung der Flugkörper herstellen. Das Hauptproblem sei nicht das Fehlen von Rechtsgrundsätzen und -vorschriften, sondern der absolute Mangel an Transparenz. Die drei Staaten, die diese Waffensysteme einsetzen, verweigern in der Regel jede noch so geringfügige Information der Öffentlichkeit über Voraussetzungen, Zwecke und Folgen ihrer Operationen. Nicht einmal deren Stattfinden wird offiziell gemeldet. Staaten, die auf diese Weise Menschen töten, seien verpflichtet, im größtmöglichen Ausmaß unverzüglich die Folgen ihrer Einsätze zu untersuchen und detaillierte öffentliche Erklärungen dazu abzugeben, besonders wenn der Verdacht besteht, daß »Zivilisten« betroffen waren, heißt es in den Schlußfolgerungen Emmersons. Staaten, die bewaffnete Drohnen benutzen, müßten die rechtlichen Grundlagen für ihren Einsatz, die operativen Verantwortlichkeiten, die Kriterien der Zielauswahl und die Auswirkungen der Angriffe offenlegen, forderte Heyns.

In der Debatte stellten vor allem die Diplomaten Venezuelas und Brasiliens die Legitimität der Tötungsaktionen grundsätzlich in Frage. Der venezolanische Vertreter wies darauf hin, daß höchstens ein Zehntel der Opfer überhaupt »gezielt angegriffene Personen« seien, und sprach von einer »Form der kollektiven Bestrafung«. Besonders fiel auf, daß auch Rußland und China, die sich bei diesem Thema bisher extrem zurückgehalten hatten, jetzt die Praxis der US-Regierung kritisierten. Die Drohnenangriffe seien »ein leerer Raum im internationalen Recht, in dem es Mißbräuche« gebe, sagte der chinesische Vertreter. »Die Prinzipien der UN-Charter, die Souveränität aller Staaten und die legitimen Rechte der Bürger aller Länder« müßten respektiert werden.

Der Repräsentant Pakistans bekräftigte, daß alle Drohnenangriffe gegen sein Land illegal seien und sofort eingestellt werden müßten. »Die psychologischen Auswirkungen der Drohneneinsätze auf die Verwandten der Zivilpersonen, die auf unmenschliche Weise getötet werden, fördern Gefühle des Hasses und radikalisieren noch mehr Menschen. Drohnenangriffe sind deshalb kontraproduktiv.«

Nach einem Besuch in Pakistan hatte Emmerson schon im März konstatiert, daß es nach Angaben der pakistanischen Regierung seit 2004 mindestens 330 Drohnenangriffe gegeben habe. Dabei seien mindestens 2200 Menschen, darunter 400 »Zivilisten«, getötet und weitere 600 verletzt worden. Die Attacken seien »eine Quelle der Radikalisierung zum gewalttätigen Extremismus unter jüngeren männlichen Paschtunen« und trügen so zur »Verewigung des Kreislaufs der Gewalt« bei.

Neben den Zwischenberichten der beiden UN-Berichterstatter wurden in der vorigen Woche auch drei Untersuchungen von sogenannten Nichtregierungsorganisationen veröffentlicht. Die am Dienstag in einer abgesprochenen Aktion gleichzeitig vorgelegten Papiere von Amnesty International (ai) und Human Rights Watch konzentrierten sich jeweils auf ein Land: der Report von ai auf Pakistan, der von HRW auf Jemen. Dieses Land war auch Gegenstand einer bereits Mitte Oktober veröffentlichten Studie der Schweizer Organisation Alkarama. Die endgültigen Berichte von Emmerson und Heynes werden erst im nächsten Jahr erwartet.

Dazu ein Bericht aus dem Stern: Drohneneinsätze von Deutschland aus überwacht

Das sogenannte Targeting spielt auch eine entscheidende Rolle bei Drohneneinsätzen in Afrika, die nach stern-Recherchen vom in Stuttgart stationierten afrikanischen Kommando des US-Militärs (Africom) maßgeblich mit koordiniert und überwacht werden. Die Stellenausschreibung für einen privaten Dienstleister, der sich um das "Targeting“ kümmern soll, beschreibt die Prozedur detailliert: Von dem Bewerber erwartet man, dass er "neue Personen oder Gegenden“ mithilfe von Powerpoint der Aufklärungsabteilung und dem Kommandeur jeden Montag um 13 Uhr vorstellt. Am Ende der Woche trägt er in eine Datenbank die möglichen Ziele ein, die nach Einschätzung von Militärexperten dann auch für gezielte Tötungen genutzt werden.

Ausgeführt werden diese Operationen von speziellen Einsatzkommandos oder von Kampfdrohnen, die zum Beispiel von einer US-Basis in Dschibuti starten. Der gesamte Flugverkehr über Afrika und Europa wird dabei ebenfalls von Deutschland aus überwacht: im "Combined Air and Space Operation Center“ in Ramstein. Gezielte Tötungen von Terrorverdächtigen verstoßen nach Meinung deutscher Rechtsexperten gegen das Völkerrecht. Die Bundesregierung weiß von den meisten dieser Firmen, sie hat ihre Anwesenheit für die Unterstützung der US-Streitkräfte formal genehmigt. Ihre Mitarbeiter müssen sich in einem Verfahren anmelden, das den Namen Tesa (Technical Expert Status Accreditation) trägt. Doch was diese Firmen tatsächlich machen, wissen die deutschen Behörden offenbar nicht. Als der stern von der amerikanische Armee Genaueres über ihre nachrichtendienstlichen Tätigkeiten in Deutschland erfahren will, antwortet eine Sprecherin der US-Basis in Ramstein: "Wir haben von offizieller Regierungsseite ganz ähnliche Fragen erhalten und arbeiten derzeit daran, Antworten zu liefern.“

Martin Knobbe



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