16. Juni 2014   Aktuell

Wer schoß Kiews Flugzeug ab?

Kommentar: Roswitha Engelke
Ministerpräsident Arseni Jazenjuk nutzt den Abschuss des ukrainischen Militärtransporters (14.06.2014) und veröffentlicht am gleichen Tage, zur selben Sekunde (?)  ein faschistisches Manifest auf der Webseite der ukrainischen Botschaft in den USA worin er die Menschen im Südosten des Landes als "Untermenschen" bezeichnet, die vernichtet werden müssen. Im Wortlaut: "... sponsored by them inhumans. First, we will commemorate the heroes by wiping out those who killed them and then by cleaning our land from the evil”, - he said."

Außenminister Steinmeier überhört diese Säuberungsdrohung Jazenjuks und erklärt: "... wir müssen weiter daran arbeiten, die nächsten Schritte in  Richtung Beruhigung der Lage zu machen. Der direkte Kontakt zwischen Kiew und Moskau und die Kontrolle der russisch-ukrainischen Grenze sollten dabei im Mittelpunkt stehen ..." blah, blah. Das Deutsche Auswärtige Amt reagiert mit tot stellen bzw. weißt darauf hin, dass ihnen aufgrund der aktuellen politischen Lage in der Ukraine derzeit nicht alle üblichen Daten der Länderinformation zur Verfügung stehen.

Mehr dazu :

junge welt, 16.06.2014

Ukrainischer Militärtransporter abgeschossen. Poroschenko spricht von Terrorakt, Aufständische weisen Verantwortung zurück

Von Reinhard Lauterbach

Beim Abschuß eines Transportflugzeugs des ukrainischen Militärs sind am Samstag am Flughafen Lugansk alle 49 Insassen ums Leben gekommen. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sprach von einem »feigen Terrorakt« und beschuldigte Rußland, die Aufständischen mit immer moderneren Luftabwehrwaffen zu versorgen.

Ein Sprecher der Rebellen bestritt dagegen, daß Kämpfer der »Volksrepublik Lugansk« die Maschine abgeschossen hätten. Die Analyse von Videoaufnahmen des Abschusses zeige, daß die Rakete von einem Ort abgeschossen worden sei, der unter Kontrolle der Kiewer Truppen stehe. Der Sprecher behauptete, das Flugzeug sei in Wahrheit von Fallschirmjägern aus dem westukrainischen Lwiw abgeschossen worden. Diese hätten verhindern wollen, daß die gemeinsam mit ihnen auf dem Flugplatz stationierten Soldaten der Luftlandebrigade aus Dnipropetrowsk verstärkt werden sollten. Zwischen Angehörigen beider Einheiten sei es schon mehrfach zu Schußwechseln gekommen.

Die auf den ersten Blick phantastisch anmutende Theorie verdient – auf den zweiten Blick –, zumindest als eine Variante in Betracht gezogen zu werden. Die in Dnipropetrowsk stationierte 25. Luftlandebrigade war in den Anfangstagen der Rebellion im Donbass mehrfach dadurch aufgefallen, daß ihre Soldaten sich weigerten, auf die eigene Bevölkerung zu schießen – ebenso wie sie im Februar den Befehl verweigert hatten, gegen den »Euromaidan« in Kiew vorzugehen. Die Grundausstattung der Aufständischen von Slowjansk mit Panzerfahrzeugen wurde jedenfalls von Einheiten genau dieser Brigade erbeutet. Vor dem Hintergrund solcher möglichen internen Konflikte wird auch eine Meldung plausibel, wonach Poroschenko unmittelbar nach dem Abschuß die Bestrafung derjenigen gefordert habe, die »die Sicherheit der in Luhansk eingesetzten Truppen nicht gewährleistet« hätten. Diese Reaktion wäre wenig verständlich, wenn nicht der Verdacht von »friendly fire« bestünde. Von einer Atmosphäre gegenseitigen Mißtrauens in den ukrainischen Streitkräften zeugt auch ein Appell, den der Kommandeur des aus Angehörigen des faschistischen »Rechten Sektors« bestehenden »Bataillons Donbass«, Semjon Semjontschenko, über Facebook an Poroschenko richtete. Darin forderte er den Präsidenten auf, einen neuen Geheimdienst nach dem Muster der sowjetischen Spionageabwehr aus dem Zweiten Weltkrieg zu schaffen, um Fälle von »Verrat« im ukrainischen Offizierskorps aufzudecken.

Auf die Nachricht von dem Abschuß der Transportmaschine hin versammelten sich in Kiew mehrere hundert Aktivisten vor dem Gebäude der russischen Botschaft. Sie warfen Steine und Brandsätze auf das Gebäude, sprayten Hakenkreuze auf den Zaun und demolierten geparkte Autos von Botschaftsmitarbeitern. Ein Sprecher der Demonstranten forderte die Diplomaten auf, das Land zu verlassen. Der ukrainische Außenminister Andrij Deschtschiza erschien am späten Samstag abend vor der Botschaft und bekundete den Randalierern seine Solidarität. Wäre er nicht Minister, stünde er auf ihrer Seite, erklärte er nach russischen Agenturberichten. Am Sonntag jedenfalls zitierten dann auch westliche Medien Deschtschiza mit der Aussage, es könne erforderlich werden, daß die Ukraine die Beziehungen zu Rußland abbreche. Moskau reagierte auf die Äußerungen des Ministers mit der Forderung nach dessen Entlassung.

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