21. September 2015   Aktuell

Alexis Tsipras zurück im Amt

Beitrag: Sahra Wagenknecht

Gestern hat Griechenland gewählt.

 

Genau genommen allerdings nur das halbe Griechenland, denn über 45 Prozent der Wahlberechtigten haben es vorgezogen, dieser Wahl
 die keine war, gleich ganz fernzubleiben. Schließlich hat die Unterschrift unter das neue Memorandum Griechenland noch weit umfassender als in der Vergangenheit zu einem fremdverwalteten Protektorat der Troika gemacht und sein Parlament entmündigt.

Es ist gut, dass die korrupte Nea Demokratia es nicht geschafft hat, aus der Enttäuschung über diese Entwicklung politisches Kapital zu schlagen. Aber jeder Wahlsieger, das stand von vornherein fest, würde sich in dem vorgeschriebenen Korsett zu bewegen haben: weitere Renten- und Sozialkürzungen, beschleunigte Privatisierungen, weitere Zerschlagung von Arbeitnehmerrechten, also noch schlechtere Löhne, noch höhere Arbeitslosigkeit und noch drückendere Armut für die Mehrheit der Griechinnen und Griechen. Deshalb fällt es schwer, Syriza zu ihrem Wahlsieg zu gratulieren.

Ein soziales Programm, das die Lebensverhältnisse der Menschen in Griechenland endlich verbessert, könnte die neue Regierung nur umsetzen, wenn sie die wirtschaftlich und sozial verheerende Vereinbarung mit den Gläubigern zerreißt. Aber genau an dieser Frage hatte Syriza sich gespalten. Manche mögen enttäuscht sein, dass die neue Partei "Volkseinheit", die aus der Kritik am Memorandum-Kurs der Syriza entstanden ist, den Einzug ins Parlament mit 2,86 Prozent knapp verpasst hat. Aber für eine Partei, die es kaum länger als einen Monat gibt, die über keine funktionierenden Parteistrukturen, keine Medien und kaum finanzielle Mittel verfügt, ist selbst das erreichte Resultat respektabel.

Und denen, die jetzt in billigem Jubel meinen, damit hätte sich gezeigt, dass Kritik am Troika-Diktat und am Euro "in der griechischen Bevölkerung alles andere als beliebt" ist, sei in Erinnerung gerufen: als die junge WASG kurz nach ihrer Gründung im Frühjahr 2005 bei der Wahl in NRW 2,2 Prozent der Stimmen erhielt, hätte niemand von uns darauf mit dem dümmlichen Statement reagiert, die Wahl habe gezeigt, dass Kritik an der Agenda 2010 in der deutschen Bevölkerung "alles andere als beliebt" sei. Die Linke hat mit ihren Wahlergebnissen in der Folgezeit das Gegenteil bewiesen. Für Griechenland bleibt zu hoffen, dass Syriza sich diesmal an ihr Wahlversprechen hält: das Katastrophenprogramm der Troika nicht eins zu eins umzusetzen, sondern die Verträge neu zu verhandeln. Ohne einen Plan B allerdings dürfte es schwer fallen, genügend Druck für eine solche Neuverhandlung aufzubauen.

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