23. Dezember 2018   Aktuell

Leider keine Seltenheit mehr: Straftäter ein Polizist

Beitrag und Kommentar: Roswitha Engelke

Wenn Polizisten in Deutschland Straftaten begehen, werden sie nur sehr selten zur Verantwortung gezogen – begünstigt durch ein System, in dem Gewalt von Polizisten nicht unabhängig untersucht wird. Dafür landen nicht selten die Opfer auf der Anklagebank.

Die Frage stellt sich, ist Deutschland noch ein Rechtsstaat? Versagt das System nicht an dieser Stelle? Auf dieser Basis länderweit schärfere Polizeigesetze zu schaffen, ist äußerst bedenklich. Es sei denn, man nähert sich bewusst dem Polizeistaat an.

 

Polizist versendet Drohbriefe an die linke Szene

Quelle: tazz-Berlin, 21.12.18

Laut RBB hat ein Berliner Polizist gestanden, vor einem Jahr Drohbriefe an die linke Szene Berlins geschrieben zu haben.

Der Verdacht hatte schnell im Raum gestanden, nun hat er sich offenbar bestätigt: Laut Recherchen des ARD-Magazins „Kontraste“ hat ein Berliner Polizist gestanden, im Dezember 2017 Drohbriefe an vermeintliche Angehörige der linken Szene der Stadt versandt zu haben.

Die Vorwürfe waren damals von mehreren anonymen Autoren auf dem Internetportal Indymedia veröffentlicht worden. Danach enthielten die Briefe Namen sowie teilweise Adressen und Fotos von 42 vermeintlichen Autonomen – verbunden mit der Drohung, diese an die Polizei oder Rechtsextreme weiterzuleiten.

Die neunseitigen Briefe seien kurz vor Weihnachten 2017 „in verschiedenen Lokalitäten, die in Veröffentlichungen von Behörden als ‚linksextremistische Treffpunkte‘ bezeichnet werden“, eingegangen, schrieben die Autoren auf Indymedia. Sich selbst bezeichneten sie als „einige Betroffene des Drohbriefs“.

Laut „Kontraste“ hat der Beamte nicht nur gestanden, sondern bereits einen Strafbefehl über 3.500 Euro akzeptiert. Lisa Jani, Sprecherin der Berliner Strafgerichte, teilte auf Anfrage des Magazins mit, dass der Strafbefehl in diesem Fall ergangen sei; sie konnte aber keine näheren Angaben zum beruflichen Umfeld des Täters machen. Die Polizei hat sich bisher nicht zu dem Bericht geäußert. (taz, 21.12.18)


Polizeigewalt in Deutschland - ein Feature

Quelle: Deutschlandfunk: (Täter in Uniform)

Nachtrag:

Nach der Erstausstrahlung des Features am 18. April 2018 kam es im Fall des getöteten Hussam Fadl zu einer überraschenden Wende. Mit Beschluss vom 27. April 2018 wies der 6. Strafsenat des Berliner Kammergerichts die Staatsanwaltschaft an, die Ermittlungen wieder aufzunehmen. Auf 15 Seiten listet er die Ermittlungslücken auf. In der Begründung heißt es:

„Die Umstände, die zum Schusswaffeneinsatz geführt haben und diesen hätten rechtfertigen können, sind unzureichend aufgeklärt [...] Es steht nicht fest, ob Hussam Fadl zum Tatzeitpunkt überhaupt mit einem Messer bewaffnet war.“

Der Asylantrag der beiden Augenzeugen des Falles, die sich im Feature äußern, ist abgelehnt worden. Ob sie bis zum Ende der Ermittlungen und einer eventuellen Gerichtsverhandlungen in Deutschland bleiben können oder wollen, ist noch nicht bekannt. Ein weiterer Augenzeuge ist bereits in den Irak zurückgekehrt.

Zum Feature:

Täter in Uniform
Polizeigewalt in Deutschland
Von Marie von Kuck


Je brenzliger die Lage, desto lauter der Ruf nach starken Sicherheitsorganen. Doch was, wenn Polizisten selbst zur Gefahr werden? Die Liste der Vorwürfe ist lang: Anschläge auf friedliche Bürger, Misshandlungen in Gewahrsamszellen, sogar Totschlag und Mord im Dienst. Die Polizeigewerkschaft spricht von bedauerlichen Ausnahmen und schwarzen Schafen.

Amnesty International kritisiert strukturelle Polizeigewalt in Deutschland schon seit Jahren.

Strafanzeigen gegen Polizisten führen auffällig selten zu einem Verfahren und fast nie zur Verurteilung der Beschuldigten. Geschädigte, die sich dagegen wehren, bekommen dagegen die ganze Härte des Gesetzes zu spüren. Wird der Rechtsstaat seinem Anspruch noch gerecht?

Im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt werden Polizisten nur sehr selten verurteilt: Im Jahr 2015 wurden im Schnitt 54,8 Prozent aller Strafverfahren eingestellt, bei Verfahren gegen Polizisten waren es 97,7 Prozent.

G20-Gipfel Polizisten marschierten vermummt im schwarzen Block mit

Bei der G20-Demo "Welcome to Hell" tarnten sich mehrere Zivilbeamte als gewaltbereite Protestler. Eine gängige Taktik, sagt die Polizei. Ein Beitrag zur Eskalation, sagen Kritiker.

Nun dränge sich der Schluss auf: "Die Tatbeobachter haben sich bewusst als Provokateure betätigt, um die Lage eskalieren zu lassen."


 

Extremismus in der Polizei: Für Rechts und Ordnung

Das hessische Landeskriminalamt ermittelt: Fünf Frankfurter Polizisten sollen per Chat rechtsextreme Inhalte ausgetauscht haben. Wieder ein Einzelfall - oder Symptom eines größeren Problems?

Rechtsextreme in der Polizei: Weiterer Frankfurter Polizist stellt sich

Hessens Innenminister muss sich rechtfertigen: Warum informierte er nicht über extrem rechte Umtriebe in der Polizei? Der Skandal weitet sich unterdessen aus.

 

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