21. März 2019   Aktuell

netzpolitik.org: Die EU hat uns die Presseakkreditierung verweigert, weil wir keine Medienorganisation seien

Quelle: netzpolitik.org

Die EU hat uns die Presseakkreditierung verweigert, weil wir keine Medienorganisation seien. Das wirft Fragen auf, denn wir übererfüllen sämtliche Kriterien und werden regelmäßig zu Pressehintergrundgesprächen mit EU-Offiziellen eingeladen. Wir werden uns gegen diese Einschränkung der Pressefreiheit wehren.

Manchmal fühlt man sich wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Vor gut vier Jahren hatten wir eine Debatte mit dem Deutschen Bundestag rund um die Frage, ob wir Anrecht auf eine Jahres-Presseakkreditierung hätten. Damals kam heraus, dass es keine zeitgenössischen Kriterien gab und man uns nicht einfach eine Akkreditierung verweigern dürfte. Seitdem haben wir Jahresakkreditierungen und zwischendurch haben wir auch einen zweiten Platz beim Medienpreis des Deutschen Bundestages gewonnen.

Jetzt neu im Programm: Für die EU nicht Medienorganisation genug

Mit unseren derzeit acht, zukünftig aber hoffentlich mehr festangestellten Redakteurinnen und Redakteuren (wir haben offene Stellen), berichten wir wahrscheinlich mehr über EU-Themen als viele traditionelle Medien. Wir konnten uns bisher nur nicht Korrespondenten vor Ort leisten. Aber das wollen wir zumindest mit mehr Berichterstattung aus Brüssel ändern und öfters von vor Ort berichten. Dazu hatte ein Redakteur von uns zum ersten Mal eine Jahresakkreditierung beantragt. Aber genau deswegen waren wir eben überrascht, als die EU-Kommission uns mitteilte, dass man die uns nicht geben könnte, weil wir leider keine Medienorganisation seien:

The interinstitutional accreditation committee recently reviewed your application for annual media accreditation. Since Netzpolitik.org is not a media organisation, the committee regrets to inform you that the annual interinstitutional media accreditation cannot be granted.

Wie wird eine Medienorganisation definiert?

 

Praktischerweise hat die EU-Kommission die Kriterien, was eine Medienorganisation ist, auf ihre Webseite gestellt.

They must be editorially independent and a commercial organisation with no distribution restrictions.

Unsere Redaktion ist vollkommen unabhängig und wir sind 24 Stunden am Tag übers Netz erreichbar, auch ohne jegliche Restriktionen wie eine Paywall. Zwar sind wir eine nicht-kommerzielle Organisation, die sich zu fast 100 Prozent über freiwillige Leserspenden finanziert. 2018 müsste es doch aber in der EU möglich sein, die selben Rechte zu besitzen wie ein kommerzielles Unternehmen. Schließlich dürfte beispielsweise die genossenschaftlich organisierte Tageszeitung taz kaum Schwierigkeiten haben, eine solche EU-Akkreditierung zu erhalten.

They must be open about how and by whom it is financed.

Wir sind in Sachen Finanzierung garantiert eines der transparentesten Medien, das je bei der EU eine Presseakkreditierung beantragt hat. Jeden Monat legen wir detailliert unsere Einnahmen und Ausgaben in einem Transparenzbericht offen. Ist das jetzt zu transparent für die EU?

They must provide information on the activities of the European Institutions.

Wir haben alleine zum Wort „EU-Kommission“ 2.253 Einträge in unserem Archiv, dazu kommen noch Rat und Parlament. Reicht das noch nicht?

Additional requirements for online media:
The website must be a professional online media website which adheres to the rules laid down for media organisations (see above), and have a specific, verifiable street address and telephone number.

Selbstverständlich haben wir Adresse und Telefonnummer in unserem Impressum, damit uns jemand erreichen kann. Verschiedene EU-Institutionen waren dazu bisher auch in der Lage, z.B. werden wir von Parlament und Kommission regelmäßig mit Einladungen zu Pressehintergrundgesprächen mit EU-Offiziellen versorgt, Tomas Rudl war gerade erst auf Einladung der EU-Kommission im Rahmen einer Journalisten-Informationsreise in Brüssel zu Besuch.

The majority of the website content must cover original news, commentary or analysis, must cover EU affairs and be updated at least once per week.
Periodicals: Generally, daily and weekly publications are accepted; monthly and bi-monthly publications can also be accepted provided they regularly cover European affairs.

Ein Blick auf die Startseite sollte die Fragen beantworten, ob wir diese Kriterien erfüllen. It’s so easy.

Wir haben Einspruch eingelegt und lassen uns jetzt mal überraschen, wie man uns die Kriterien erklären will. Und wie der Widerspruch erklärt wird, dass wir einerseits als Presse ständig von EU-Institutionen eingeladen werden, um über sie zu berichten, andererseits uns eine Jahrespresseakkreditierung verwehrt wird, um selbstständig zu recherchieren.

Markus Beckedahl ist Gründer und Chefredakteur von netzpolitik.org. Er ist Partner bei newthinking communications GmbH, Gründer der re:publica und Mitglied im Medienrat der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg

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