27. März 2019   Aktuell

Diplomatische Beziehungen zu Venezuela

Parlamentarische Initiativen von Andrej Hunko, Heike Hänsel, Michel Brandt, Christine Buchholz,

22.03.19 - Kleine Anfrage - Drucksache Nr. 19/8495

Durch die Anerkennung des selbsternannten Präsidenten Venezuelas, Juan Guaidó, als Staatsoberhaupt des südamerikanischen Landes ergibt sich eine Reihe konkreter Fragen bzgl. der Konsequenzen dieses Schrittes für die diplomatischen Beziehungen Deutschlands zu Venezuela. Die Kleine Anfrage beschäftigt sich mit diesen Konsequenzen. Darüber hinaus werden einige Aspekte der laufenden Debatte um den jüngsten Putschversuch in Venezuela aufgegriffen.

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Kleine Anfrage

der Abgeordneten Andrej Hunko, Heike Hänsel, Michel Brandt, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, Zaklin Nastic, Dr. Alexander S. Neu, Eva-Maria Schreiber, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Diplomatische Beziehungen zu Venezuela

Am 23. Januar 2019 hat sich der Präsident der Nationalversammlung Venezuelas, Juan Guaidó, auf einer öffentlichen Versammlung in Caracas zum Präsidenten des südamerikanischen Landes erklärt („Guaidó erklärt sich zum Präsidenten“, tagesschau.de, 23. Januar 2019).

Wenige Minuten nach dieser Proklamation ver-kündete US-Präsident Donald Trump die Anerkennung Guaidós durch die USA.

Weitere Staaten, insbesondere der sogenannten Lima-Gruppe, folgten schnell. Seitdem hat die US-Regierung wiederholt mit einer Militärintervention in Vene-zuela gedroht, um Präsident Nicolás Maduro abzusetzen („Maduro lässt Ultima-tum verstreichen – Trump droht mit Militär“, welt.de, 4. Februar 2019).

Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages haben festgestellt, dass diese Drohungen mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbar und damit völkerrechtswidrig seien (WD 2 – 3000 – 014/19).

 

Deutschland und weitere EU-Mitgliedsstaaten setzten der venezolanischen Regierung zunächst ein Ultimatum von acht Tagen, um neue Präsidentschaftswahlen auszurufen. Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro wies dieses Ultima-tum zurück.

Am 4. Februar erkannte die Bundesregierung den Präsidenten der Nationalversammlung Venezuelas, Juan Guaidó, als Präsident Venezuelas an („Gemeinsame Erklärung zu Venezuela“, auswaertiges-amt.de, 4. Februar 2019).

Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages haben in einer Ausarbeitung zur Anerkennung Guaidós festgestellt, dass es „starke Gründe“ für die Annahme gibt, dass es sich bei der Anerkennung Guaidós um eine „Einmischung in innere Angelegenheiten“ handelt (WD 2 - 3000 - 014/19).

Die Frage, ob diese als unzulässige Intervention zu bewerten ist, sei „durchaus berechtigt“.

Dies hänge in erster Linie davon ab, ob der als Präsident anerkannte Politiker „die effektive Kontrolle über die Staatsgewalt, einschließlich der Streitkräfte und des Sicherheitsapparates, ausübt“.

In einer Antwort in der Fragestunde des Bundestages am 13. Februar 2019 zu diesem Thema stellte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, fest, dass die Anerkennung nicht bedeute, „dass sich an den politischen Verhältnissen in Venezuela selbst etwas Grundlegendes geändert hat“ (Plenar-protokoll 19/79, S. 9239.)

Die Bundesregierung hat damit nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller bestätigt, dass Guaidó nicht die effektive Kontrolle über die Staatsgewalt ausübt und die formelle Anerkennung damit völkerrechtswidrig ist.

Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.

Drucksache19/8495 –2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

Aus der Anerkennung Guaidós als Präsident ohne reale Macht in dem Land, des-sen Staatsoberhaupt er angeblich ist, ergeben sich aus Sicht der Fragesteller kon-krete Fragen bzgl. der diplomatischen Beziehungen Deutschlands zur Bolivari-schen Republik Venezuela. Wir fragen die Bundesregierung:

1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragestellerinnen und Frage-steller, dass die Anerkennung Juan Guaidós als Präsident Venezuelas völker-rechtswidrig ist? Wenn nein, warum nicht?

2. Hat bzw. hatte Juan Guaidó nach Ansicht der Bundesregierung die effektive oder teilweise Kontrolle über die Staatsgewalt in Venezuela, einschließlich der Streitkräfte und des Sicherheitsapparates (bitte erläutern):

a) Zum Zeitpunkt der Anerkennung als Präsident Venezuelas durch die Bundesregierung?

b) Zum Zeitpunkt der Beantwortung der Frage?

3. Sind die militärischen Drohungen der USA gegenüber Venezuela nach Ansicht der Bundesregierung mit dem Völkerrecht vereinbar (bitte begründen)?

4. Verurteilt die Bundesregierung die wiederholten Drohungen der Regierung der USA, notfalls militärische Mittel einzusetzen, um Präsident Nicolás Maduro abzusetzen? Wenn nein, warum nicht?

5. Wann und wo hatte die Bundesregierung in den letzten sechs Monaten persönlichen Kontakt zu Juan Guaidó bzw. dessen Vertreter/-innen (Plenarpro-tokoll 19/79 vom 13. Februar 2019, Antwort auf Frage 24, S. 9264)?

Welche Themen wurden dort besprochen?

6. Ist die Bundesregierung weiterhin der Ansicht, dass Juan Guaidó eine ge-waltsame Lösung „kategorisch“ ablehnt (Plenarprotokoll 19/79 vom 13. Februar 2019, Antwort auf Frage 24, S. 9241)?

7. Wie ist der Zustand der diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundes-republik Deutschland und der Bolivarischen Republik Venezuela?

8. Erkennt die Bundesregierung die Botschaft Venezuelas in Deutschland als Vertretung Venezuelas an?

9. Inwieweit hat die Bundesregierung seit ihrer Anerkennung Guaidós Kontakt zur venezolanischen Botschaft in Deutschland gehabt?

10. Wie wird die Bundesregierung formell den von der Nationalversammlung Venezuelas benannten „diplomatischen Vertreter“ Otto Gebauer behandeln („Guaidó nombra representantes diplomáticos para Europa“, efectococuyo.com, 19. Februar 2019)?

a) Erkennt sie ihn formell als Botschafter Venezuelas an?

b) Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die bestehenden diploma-tischen Vertretungen Venezuelas in Deutschland?

11. An wen richtet die Bundesregierung seit der Anerkennung Guaidós förmli-che Verbalnoten, bspw. im Zusammenhang mit der konsularischen Betreu-ung von in Venezuela inhaftierten deutschen Staatsangehörigen (vgl. Ant-wort auf Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 19/79343)?

Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.Deutscher Bundestag –

19. Wahlperiode–3 – Drucksache19/849512.

Hat der auf der Straße ausgetragene Machtkampf von Guaidó mit Präsident Nicolás Maduro im Januar 2019 nach Kenntnis der Bundesregierung die Situation von in Venezuela inhaftierten deutschen Staatsangehörigen verschlechtert, da beispielsweise Anhörungstermine oder Verfahrenseröffnungen abgesagt werden mussten („Guaidó will Machtwechsel mit Demonstra-tionen erzwingen“, wiwo.de, 26. Januar 2019)?

13. Aufgrund welcher Ereignisse betrachtet die Bundesregierung die venezolanischen Präsidentschaftswahlen vom 20. Mai 2018 als „illegitime und unde-mokratische Wahl“ (Plenarprotokoll 19/79 vom 13. Februar 2019, S. 9238) bzw. als weder frei noch fair?

14. Welche „aussichtsreichsten Kandidaten“ (Plenarprotokoll 19/79 vom 13. Februar 2019, S. 9238) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen vom 20. Mai 2018 „bewusst“ durch wen und mit welcher Begründung von den Wahlen ausgeschlossen?

15. Jenseits der Vorwürfe, die Präsidentschaftswahlen seien weder fair noch frei gewesen, liegen der Bundesregierung Beweise für eine Manipulation der Er-gebnisse der genannten Wahlen vor? Wenn ja, welche?

16. Aus welchem Grund hat die Bundesregierung es bislang unterlassen, im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen von Wahlbetrug zu sprechen?

17. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass der venezolanische Wahlrat (CNE) oder die venezolanische Regierung die UNO und die EU ein-geladen hat, die Präsidentschaftswahlen am 20. Mai 2018 zu beobachten („Consejo Electoral venezolano invita a UE a observar comicios de mayo“, eltiempo.com, 12. April 2018), und wenn ja, aus welchen Gründen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung diese Anfragen negativ beschieden?

Berlin, den 25. Februar 2019 Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

 

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